18 Jahre element-i: von der Krippe bis zum Abschluss – Teil 2

… wo waren wir stehen geblieben? Ich empfehle Ihnen an dieser Stelle, den ersten Teil (Teil 1) dieser Serie zu überfliegen, um nahtlos an den zweiten Teil anknüpfen zu können. Im Fokus steht die fiktive Person Lara, die im Energiebündel betreut wird und dort die element-i Leitlinien und den Erziehungsstil in der Praxis täglich erlebt. Zuhause wird sie von Eltern erzogen, die dem element-i Menschenbild wohlgesonnen sind.

element-i Pädagogik in der Praxis

Soweit zur Ausgangssituation. Lara erlebt im Kinderhaus Energiebündel eine hohe Verbindlichkeit und kann sich auf Abläufe verlassen. Abläufe und Routinen geben ihr Sicherheit. In für sie unbekannten Situationen ist sie zunächst zurückhaltend und abwartend, beobachtet die unterschiedlichen Szenarien im Alltag sehr genau. Der gewohnte Rahmen (Leitlinie Verbundenheit) im Energiebündel, ermöglicht es ihr, sie selbst zu sein (Leitlinie Gesundheit), zu explorieren (Leitlinie Autonomie) und Verbindungen (Freude am Lernen) einzugehen. Sie ist mittlerweile 3 Jahre alt. Erste Freundschaften existieren, und die Interessen wurden von Eltern und Mitarbeiter:innen erkannt. Der Native Speaker Maurice hat beobachtet, dass Lara gerne Geschichten erzählt und bereits einen großen Wortschatz hat. Darüber hinaus interessiert sie sich für Baustellenfahrzeuge aller Art. Sie erschafft bereits große Baustellen. Maurice beobachtet Lara genau und schließt daraus, dass ihre größte Kompetenz im Bereich der Sprache ist. Auf Grund dieser Beobachtungen koppelt er beide Bereiche: ihr sprachliches Vermögen (Sprache) und das Interesse an Baustellenfahrzeugen (Erschaffen) und macht sich Gedanken darüber, wie er dieses Interesse weiter fördern kann und das Kind beim nächsten Entwicklungsschritt begleiten kann (Zone der nächsten Entwicklung). Er machte bei Lara eine Ankündigung, dass er eine ziemlich „coole Idee“ hat (Freude am Lernen) und sie bald in der Kinderkonferenz vorstellen will (authentisch). Er beschloss das Rollenspielzimmer thematisch in eine komplexe und detailverliebte Baustelle (Freude am Lernen) umzugestalten. Er freute sich auf die Kinderkonferenz, in welcher er den Kindern das Zimmer vorstellen darf (authentisch). Er machte sich schlau und stellte fest, dass ein Radlader etwas anderes ist als ein Bagger. Etwas, was Lara längst wusste. Ihm war es wichtig, Lara, auch inhaltlich, auf Augenhöhe zu begegnen und eignete sich Wissen an (authentisch) und mit ihr vertieft Gespräche (dialogisch) über Fahrzeuge und Technik führen zu können. Zu Beginn der Vorstellung des Raumes erklärte er das Ordnungssystem, die Regeln mit den Materialien etc. (kohärent) und suchte aktiv die Interaktion mit den Kindern.

Einordnung in den Alltag

Die Kinder erleben vergleichbare Situationen in ihrem direkten Umfeld – jeden Tag. Die Kultur, die sie umgibt, schafft ein Lernumfeld, in welchem sich die Kinder in ihrem Tempo und entsprechend ihrer Interessen entfalten und sich ihrer Neugier hingeben können. Oftmals vergessen wir, dass die Kinder auf Grund ihres noch jungen Alters vieles zum ersten Mal wahrnehmen, erkennen und versuchen, die Welt zu verstehen. Ein Interesse kann schnell wieder verflogen sein, doch denken Sie an Ihre eigenen Kinder, Neffen, Nichten oder die Kinder aus der Kita. Es gibt bestimmte Themen, welche die Kinder im besonderen Maße interessieren, dem Interesse nachgehen und anfangen, Kompetenzen darin zu entwickeln. Wir sprechen von Potenzialen und noch verborgenen Talenten.

„Eine Begabung oder ein Talent ist zunächst nur eine Möglichkeit, später eine besondere Fähigkeit zu erwerben und bestimmte Leistungen zu erbringen, die sich deutlich von dem unterscheiden, was andere auf einem Gebiet sich anzueignen und zu leisten im Stande sind“ (Hüther & Hauser, 2012, S. 4)

Betrachtet man das Große und Ganze, ist es demnach nicht relevant, ob Lara nun mitmacht oder nicht. Sie erfährt durch den Übertrag von Theorie und Praxis (Jemand macht sich Gedanken um sie und setzt diese in der Kita in die Realität um) Wertschätzung. Das Individuum (Lara) ist Teil einer Gemeinschaft und findet dort ihren Platz. Potenzieren Sie diese Erfahrungen, die sie jeden Tag kontinuierlich in der Kita und auch zu Hause macht.

Die Entwicklung des Gehirns

An dieser Stelle möchte ich einen Bezug zur Gehirnentwicklung herstellen, um aufzuzeigen, warum die Voraussetzungen für Laras Hirnentwicklung positiv zu bewerten sind. Im Alter von etwa 3 Jahren ist das Gehirn – bezogen auf emotionale und motivationale Steuerung, Umsetzung von gedachter in gesprochener Sprache etc. – auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft ist (Neil & Carlsson, 2004, S. 167-178), es ist in dieser Phase maximal aufnahmefähig. Blieben Interaktions- und Lernsequenzen u.a.m. aus, könnte das Gehirn das volle zur Verfügung stehende Potential nicht entfalten und die neuronalen Vernetzungen wäre vermindert. Zum Vergleich: Stellen Sie sich einen Sprintläufer vor, der zum Zeitpunkt X den Höhepunkt seiner Sprintfähigkeit erreicht (Geschwindigkeit, Technik, Ausdauer etc.) Es kommt der Zeitpunkt des Zenits (Höhepunkt der Schaffenskraft). Die Leistung nimmt anschließend ab, es gibt physisch nichts, was entgegengesetzt werden könnte.

In einigen Gehirnregionen ist der Effekt der Gleiche, mit dem Unterschied, dass bereits im Alter von drei Jahren der Zenit erreicht ist. Phasen der Hirnentwicklung sind zeitlich klar definiert. Verstehen sie mich bitte nicht falsch, ich spreche nicht von einem exponentiellen Verfall der Gehirnleistung. Es ist nur wichtig zu verstehen, dass Zeitfenster existieren, die von Verantwortlichen zu berücksichtigen sind. Die Auswirkungen beziehen sich auf Kognition, Verhalten, Motivationssteuerung etc. (Neil & Carlsson, 2004, S. 167-178).

Zurück zu Lara: Dieses Kind wächst in einem Umfeld auf, in welchem es Verbundenheit erfährt, explorieren kann, erste Freundschaften knüpft und von Menschen umgeben ist, die auf der Suche nach seinen Interessen und Kompetenzen sind, eingebunden in einer funktionierenden Gemeinschaft (Familie / Kita). Das ist der Status Quo von Lara, drei Jahre alt.
Im nächsten Teil dieser Serie machen wir einen kleinen Sprung. Lara ist 6 Jahre alt, sie muss all ihre Freunde verlassen, weil sie weggezogen ist und vor ihr steht die Herausforderung, in einer für sie vollkommen fremden Umgebung Fuß zu fassen.

Mehr von Benjamin Decker 

​​Literatur

​​Hüther, G., & Hauser, U. (2012). Jedes Kind ist hochbegabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen. München: Albrecht Knaus Verlag.

​Neil, & Carlsson, N. R. (2004). Physiologische Psychologie. München: Pearson Studium.

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