30 Jahre element-i Kinderhaus Bärcheninsel: Im Interview mit Waltraud Weegmann

Betreuung und frühkindliche Bildung von damals bis heute

Am 7. Juni 2024 feierte das element-i Kinderhaus Bärcheninsel sein 30-jähriges Bestehen ganz groß. Und das aus gutem Grund: Zum einen sind dreißig Jahre schon ziemlich lange her und die Gründung fällt damit in eine Zeit, in der es in Deutschland eher noch unüblich für Mütter war, in größerem Umfang arbeiten zu gehen und ihre Kinder schon früh und für viele Stunden täglich in Betreuung zu geben. Zum anderen ist die Bärcheninsel das allererste element-i Kinderhaus überhaupt.

Im Interview spricht Gründerin und Geschäftsführerin im KONZEPT-E Trägernetzwerk nicht nur über die ersten Jahre, sondern auch über die Entwicklung frühkindlicher Bildung und den derzeitigen Fachkräftemangel.

Frau Weegmann, wie kam es vor 30 Jahren zur Gründung der Bärcheninsel?

Begonnen hat alles bereits zehn Jahre zuvor mit der Gründung einer Eltern-Kind-Initiative. Auch ich bin Mutter und da ich arbeiten wollte, musste ich eine Betreuung für meine eigenen Kinder finden. Als Betriebswirtin war ich damals auch Vorsitzende eines Netzwerks für Frauen in Führungspositionen. Ich nutzte meine Kontakte in die Politik, um Fördermittel für die Gründung von betrieblichen und betriebsnahen Kitas zu erhalten. So kamen auch große Unternehmen wie die Dekra oder Lapp Kabel mit der Idee auf mich zu, eine betriebsnahe Kita aufzubauen. Wir gründeten den Verein Kind e.V. und fanden in Dürrlewang die ersten Räumlichkeiten der Bärcheninsel.

Wer wurde dort wie lange betreut?

Zu Beginn gab es elf Stunden Betreuung für 100 Kinder im Alter von 0 bis zwölf Jahren.

Wie kam das neue Angebot an? Gab es auch kritische Stimmen?

Für die Unternehmen war die Gründung einer solchen Kita ausschlaggebend im Fachkräfte-Recruiting. Denn um auch Frauen als gute Mitarbeiterinnen zu gewinnen, bedurfte es einer gesicherten Kinderbetreuung. Aber ja, es gab anfangs auch skeptische Stimmen. Wir betreuten schließlich Kinder, die gerade einmal drei Monate alt waren, da ihre Mütter schnell zurück in den Beruf wollten, um ihren Arbeitsplatz zu sichern. So etwas wie Elternzeit gab es noch nicht. Daher war es einerseits schwer zu rechtfertigen, sein Kind schon so früh ganztags fremdbetreuen zu lassen, andererseits war die Notwendigkeit höher.

Ging es in den Kitas damals um eine reine Betreuung oder auch schon um frühkindliche Bildung?

Ich bin der Meinung, dass frühkindliche Bildung entscheidend für den weiteren Bildungserfolg von Kindern sein kann. Wir schaffen damit die Grundlagen für Entwicklungs-, Teilhabe- und Aufstiegschancen bereits in den ersten Lebensjahren. Diese Einstellung ist heute mehr gefestigt als vor dreißig Jahren. Aber auch damals war uns die Qualität wichtig. Mit element-i haben wir als freier Träger von Beginn an ein eigenes pädagogisches Konzept entwickelt. Als eine der ersten Einrichtungen haben wir bereits altersübergreifend gearbeitet, und den Kindern große Entscheidungsspielräume bei der eigenen Tagesgestaltung eingeräumt. Dafür gibt es in unseren Häusern die so genannte Kinderkonferenz, in der alle Kinder, auch die kleinsten, miteinbezogen werden. Wenn sie noch nicht sprechen können, können sie zum Beispiel durch die Wahl einer Karte mit einem entsprechenden Bild verdeutlichen, was sie machen wollen. So vermitteln wir den Kindern Selbstbestimmung und Selbstwirksamkeit. Dieses Konzept haben wir bis heute immer weiterentwickelt und unser Personal beständig weiterqualifiziert.

Welche Rahmenbedingungen braucht es für eine gute frühkindliche Bildung?

Vor allem braucht es gutes Personal. Früher konnten wir aus einem großen Stapel an Bewerbungen die besten Kandidat:innen auswählen. Das ist heute nicht mehr so. Daher müssen wir die, die wir haben, qualifizieren, um sie so gut zu machen, wie sie sein müssen. Das kostet Zeit und Geld.

Als Träger wünschen wir uns dafür mehr Unterstützung vom Land und den Kommunen. Während wir mit der Stadt Stuttgart in einem guten Austausch stehen, haben wir in anderen Kommunen größere Probleme. Zudem braucht es mehr Unterstützung seitens der Eltern. Ich weiß, dass das im Moment schwierig ist, weil viele Eltern unzufrieden sind, wenn wir die Öffnungszeiten nicht einhalten können. Dieser Ärger entlädt sich dann bei den Erzieher:innen und das erzeugt Stress. Immer wieder scheiden unsere Fachkräfte aus, weil sie diesen Konflikt nicht mehr aushalten.

Der Fachkräftemangel ist der springende Punkt. Was lässt sich dem entgegensetzen?

Derzeit herrscht in Deutschland überall Fachkräftemangel, nicht nur in den freien oder staatlichen Kitas. Was den pädagogischen Bereich betrifft, müssen wir uns alle darum bemühen, dass die Fachkräfte in den Kitas bleiben. Bei KONZEPT-E haben wir u.a. für die Weiterqualifikation unserer Leute gerade ein neues, flexibles und hybrides Angebot entwickelt. Darüber hinaus haben wir bereits vor einigen Jahren erfolgreich die Personalsuche ins benachbarte Ausland erweitert und wollen künftig auch im nicht-europäischen Ausland akquirieren. Kurzfristig und niederschwellig versuchen wir Aushilfen zu gewinnen, zum Beispiel Eltern, Studenten und Rentner.

 

 

 

 

 

Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit * gekennzeichnet.