Denkste?! – Kognitive Perspektivübernahme in der Kita

Silke wünscht sich zum Geburtstag eine Überraschungsparty. Sie denkt, dass Martin ihren Wunsch ahnt. Und Martin vermutet, dass seine Freundin das „richtige“ Geschenk zu bekommen hofft. Aber weiß er auch, was sie sich wünscht? Erwachsene sind in der Lage, Vermutungen anzustellen über das, was andere denken, wissen, hoffen, planen oder mögen. Diesen „Prozess, die mentalen Zustände Anderer zu erschließen und über sie nachzudenken“ (Böckler-Rettig 2019, S. 11) nennt man kognitive Perspektivübernahme oder Theory of Mind. Ist diese Kompetenz bereits im Kindergartenalter vorhanden? Und lässt sie sich einüben?

Perspektivübernahme ist ein komplexer Vorgang

Mit Hilfe eines medizinischen Diagnostikverfahrens hat man herausgefunden, dass unterschiedliche Areale im Hirn bei der Bearbeitung von Aufgaben rund um die kognitive Perspektivenübernahme aktiv sind. Daraus kann man schließen, dass es sich bei dieser Kompetenz um einen komplexen geistigen Vorgang handelt. Zum Beispiel gehören dazu die folgenden Teilleistungen, für die jeweils unterschiedliche Hirnareale zuständig sind:

  • eigene Zustände und die anderer auseinanderhalten (self/other distiction),
  • anderen Menschen stabile Persönlichkeitsmerkmale zuschreiben, was wir mit Hilfe von Lebenserfahrungen und unserem autobiografischen Gedächtnis leisten,
  • sich in andere hinein versetzen zu können, womit eine kognitive Flexibilität einhergeht (mental imagery),
  • Handlungen anderer deuten und damit dieses Wissen verarbeiten zu können und schließlich
  • den Kontext berücksichtigen, in dem man sich befindet, und unterscheiden, was für welches Setting angemessen zu sein scheint (vgl. ebd., S. 19f.).

Kompetenzen von Kindern im Forschungskontext ermitteln

Es existieren unterschiedliche Aufgaben, mit denen man ermittelt, ob die jeweilige Testperson oder Proband*in Perspektiven anderer übernehmen kann. Anders ausgedrückt: ob die Person eine Theory of Mind erworben hat. Besonders bekannt sind die folgenden Aufgaben, deren Versuchsaufbau so gestaltet ist: Sally hat eine Murmel, die sie in eine grüne Box legt. Während Sally nicht im Zimmer ist, legt die Mutter die Murmel in eine andere Box – eine blaue Box. Sally kommt zurück und sucht nach der Murmel. Wo wird sie zuerst schauen?, wird die Proband*in gefragt.

Die meisten 3-jährigen scheitern an der Aufgabe. Sie können ihr (richtiges) Wissen, dass die Murmel nun in der blauen Box liegt, nicht unterdrücken (Inhibition) und antworten entsprechend, Sally werde in der blauen Box suchen. Sally weiß jedoch nicht, dass die Mutter die Murmel aus der grünen Box genommen hat und würde in der grünen Box nach der Murmel suchen. Sallys falsche Überzeugung können die jungen Kinder noch nicht sprachlich ausdrücken (ebd., S. 45ff.). Dementsprechend nennt man diese Aufgaben, die auf falsche Überzeugungen bauen, auch false belief-Aufgaben.

Kinder zwischen 3 und 6 Jahren können explizite Aufgaben dieser und ähnlicher Art zunehmend besser lösen: die Annahmen über Vorlieben scheinen den Kindern am leichtesten zu fallen, danach folgen unterschiedliche Überzeugungen und unterschiedliches Wissen. Zuletzt werden die sog. falschen Überzeugungen und versteckte Emotionen erschlossen. Mit etwa 5 ½ Jahren können Kinder mentale Vorgänge zweiter Ordnung – wie den eingangs beschriebenen – zur Vorhersage des Verhaltens anderer nutzen: Martin vermutet, dass Silke das richtige Geschenk zu bekommen hofft (vgl. ebd., S. 47).

Noch einmal zurück zu den 3-jährigen und jüngeren Kindern. Auch wenn sie eine false-belief-Aufgabe – wie die oben skizzierte – nicht sprachlich lösen können, so haben Forscher*innen mit impliziten Verfahren interessante Ergebnisse hervorgebracht. Jüngere Kinder hätten bereits im ersten Lebensjahr eine spontane Tendenz, die mentalen Zustände anderer zu erschließen. Wie geht das? Die Versuchsanordnung ist so gewählt, dass die Blickdauer der jungen Kinder als eine entsprechende Vorliebe oder Auswahl interpretiert wird. Wenngleich diese Befunde kontrovers diskutiert werden, so scheint es doch einen Bezug zu geben: Kinder, die mit vier Jahren eine kognitive Perspektivübernahme entwickelt haben, bevorzugten bereits mit ca. einem halben Jahr die „richtige“ Lösung. Und das zeigten sie mit einer ausgeprägten Blickdauer.

Wie Kinder üben können, die Sicht anderer einzunehmen

Forscher*innen sind auch der Frage nachgegangen, ob sich die Theory of Mind fördern lässt, und haben entsprechende Trainings entwickelt. Dafür übten Kinder mit entsprechenden Aufgaben. Einem Teil der Kinder (Gruppe A) wurden Geschichten vorgelesen, die Absichten, Überzeugungen und Vermutungen enthielten. Im Anschluss wurden die Kinder gebeten, selbst entsprechende Sätze zu bilden: Ich denke, dass … Ich glaube, dass … Ich will, dass … und entsprechend zu vermuten. Die Kontrollgruppe B hörte ebenso Geschichten, wurde jedoch im Anschluss zu sachlichen Themen, wie z. B. physikalischen Gesetzmäßigkeiten, befragt. Im Test nach dem Training zeigten die Kinder der Gruppe A deutlich bessere Kompetenzen bei den Aufgaben zur Perspektivübernahme. Die Kompetenz war ihnen auch bei Spielen nützlich, bei denen es darauf ankam, die Mitspieler*innen taktisch zu täuschen und so das Spiel zu gewinnen.

Was heißt das nun für die pädagogische Arbeit in der Kita? Ob Rollenspiel, Gefühls-Würfel, Emotions-Pantomime oder Hypothesenbildung im Erzählkreis: Kinder haben Spaß daran, die eigenen mentalen Zustände zu beschreiben und können so auch damit vertraut gemacht werden, die anderer Kinder zu erahnen. Und das hilft ihnen dabei, eine Theory of Mind zu entwickeln, sich darin zu üben und ihre Kompetenzen im Bereich kognitiver Perspektivübernahme zu verbessern. Die Kompetenz nützt den Kindern in der Kita, in der Schule und bei vielen Aufgaben, die das Leben bereithält.

Mehr von Christina Henning

Literatur

Böckler-Rettig, Anne (2019): Theory of Mind. Ernst Reinhardt Verlag: München/Basel

Junge Kinder brauchen Responsivität!

Der Kita-Alltag kann für Kinder mit stresshaften Momenten verbunden sein. Auch wenn die Eingewöhnung, die eine große Herausforderung für die Jüngsten bedeutet, gelungen ist, belasten kleine Übergänge im Alltag – so genannte Mikrotransitionen – die Kinder. Untersuchungen belegen, dass im Gehirn der Kinder mehr Stresshormone (Gutknecht/Kramer 2018, S. 17) ausgeschüttet werden, was die Kinder mit Weinen, Unruhe, Zurückziehen, Grenzenlosigkeit und ähnlichen Verhaltensweisen zum Ausdruck bringen. Langfristig können zu viele Stresshormone zum physischen wie psychischen Entwicklungsrisiko für die Kinder werden.

Wie kann man hier entgegensteuern? In der Fachliteratur liest man vermehrt von Sensitivität, Feinfühligkeit oder sensitiver Responsivität. Begriffe, die alle etwas Ähnliches beinhalten. Sie sollten nicht nur zu den Grundkompetenzen von Fachkräften zählen, sondern müssen vor allem im Kleinkindbereich vorausgesetzt werden!

Der am häufigsten verwendete Begriff der Responsivität geht auf das lateinische „reponsum“ zurück und bedeutet Antwort (Gutknecht/Kramer 2018, S. 17). Allein diese Übersetzung sagt etwas über die Bedeutung des Begriffes im pädagogischen Handeln aus: Der Erwachsene soll eine Antwort auf etwas geben, das vom Kind ausgeht, und zwar über alle Kanäle der Kommunikation (ebd., S. 17). Es kommt jedoch nicht nur auf irgendeine Antwort auf die kindlichen Signale an, es geht um eine möglichst passende Antwort. Dies wird durch die Erweiterung des Begriffs um sensitiv oder feinfühlig verdeutlicht. Lassen Sie mich die Idee aus bindungstheoretischer Sicht näher betrachten:

Das Kind ist von Natur aus auf Zuwendung und Versorgung angewiesen – auf physischer und psychischer Ebene. Es verfügt daher schon vom ersten Atemzug an über ein Repertoire an Signalen, mit denen es seine Bedürfnisse ausdrücken kann. Diese manifestieren und erweitern sich bereits in den ersten Lebenswochen. Man spricht dabei vom Bindungsverhalten des Säuglings, das seine Bezugsperson an sich zu binden versucht, um das eigene Überleben zu sichern.

Gleichzeitig verfügen die Bezugspersonen (und die meisten Erwachsenen an sich) über ein intuitives Fürsorgeverhalten. Dieses basiert auf eigenen Erfahrungen aus der Kindheit und Erfahrungen aus dem weiteren Lebensverlauf. Sendet das Kind ein Bindungssignal, wählt die Bindungsperson ein scheinbar passendes Fürsorgeverhalten intuitiv aus. Im Laufe der Zeit werden die Reaktionen der Bindungspersonen (meist der Eltern) weiter verfeinert und beantworten die Signale des Kindes zunehmend genauer. Auch das Kind lernt, seine Signale besser einzusetzen. So stimmen sich Bindungs- und Fürsorgeverhalten von Kind und Bindungspersonen in den ersten Lebensmonaten aufeinander ab. Die Versorgung des Kindes und die mentale Ansprache gelingen zunehmend besser.

Der Übergang durch die Eingewöhnung

Kommt das Kind mit fortgeschrittenen Kleinkindalter in die Einrichtung, muss diese Abstimmung zwischen Kind und Fachkraft neu erfolgen. Nur so gelingt es, den oben beschriebenen Stresshaushalt zu regulieren, der durch die neuen Betreuungspersonen und das neue Umfeld ins Ungleichgewicht geraten ist. Gleiches gilt nach der Eingewöhnung für die alltäglichen Übergänge, die neue Situationen und ggf. auch wechselnde Betreuungspersonen mit sich bringen und dadurch stresshaft sind.

Diese Abstimmung gelingt, wenn die Fachkraft eine „offene, wertschätzende und respektvolle Grundhaltung“ (Nentwig-Gesemann/Neuß 2012, S. 229) mitbringt. Nur so kann ein aufeinander eingestimmtes Interaktionssystem zwischen Fachkraft und Kind gelingen. Gemeint ist damit, dass kindliche, verbale wie non-verbale Bedürfnisse, Kompetenzen, Motivationen und Interessen individuell erkannt werden und passend und prompt darauf reagiert wird (ebd., S. 229). Die Fachkraft braucht dazu ein hohes Maß an Wärme, Freundlichkeit, Humor, ermöglicht einen selbstverständlichen und gelösten Körperkontakt, spiegelt die kindlichen Emotionen, Bewegungen und Lautierungen. Dann erfährt das Kind die Situation als liebevoll und zugewandt, was im Gehirn die Ausschüttung von Anti-Stress-Hormonen bewirkt. Mit Blick auf die jungen Kinder in Einrichtungen sind besonders die situationsangemessene Modulation der Stimme sowie bewusste und fürsorgliche Berührungen bedeutend (Gutknecht/Kramer 2018, S. 19) – die in diesem Entwicklungsstadium bevorzugten Zugänge zur Welterfahrung der Kinder.

Doch nicht nur die Reduktion des Stresslevels wird durch sensitive Responsivität bedient. Ein abgestimmtes Antwortverhalten zwischen Kind und Bezugsperson zählt bereits in frühester Kindheit zu den zentralen Grunderfahrungen. Im Sinne einer Ko-Regulation dient Responsivität der Affektregulation auf beiden Seiten: Kinder, die sich angenommen und verstanden fühlen, die spüren, dass man ihnen fürsorglich und liebevoll zugewandt ist, senden positive Feedbacksignale. Diese wiederum wirken sich wiederum bestärkend auf die Interaktion und Reaktion der Bezugsperson zum Kind aus (Nentwig-Gesemann/Neuß 2012, S. 229). Das responsive Handeln reguliert den Stress eines Kindes, den es mit Weinen oder Schreien äußert, und ist damit in früher Kindheit die Vorstufe der eigenständigen Emotionsregulation.

Die hier beschriebene Beziehungsqualität zwischen Kind und Bezugsperson hat enorme Bedeutung und unweigerlich Einfluss auf die Qualität von Bildungsprozessen. Gelingt es, die Beziehung (in der Rahmung von Sicherheit – Zuwendung – Stressreduktion – Explorationsunterstützung – Assistenz) zu gestalten, ist die Voraussetzung für eine gesunde kindliche Entwicklung und damit für gelingende Bildungsprozesse gegeben. Neben den Bedürfnissen nach Nähe und Körperkontakt gilt es dabei sowohl im frühen Kindesalter als auch bei älteren Kindern das Autonomie- und Kompetenzstreben mit zu berücksichtigen (ebd., S. 229). Daher spielt sensitive Responsivität nicht nur in der Kleinkindpädagogik eine bedeutende Rolle. Auch für Kinder im älteren Kindergarten- und Grundschulalter ist eine responsive Haltung und entsprechendes Agieren im beschriebenen Sinne bedeutend und Voraussetzung für die grundlegende gesunde Entwicklung der Kinder.

Mehr von Anja Burger

Literatur

Gutknecht, D.; Kramer, M. (2018): Mikrotransitionen in der Kinderkrippe. Freiburg: Herder.

Nentwig-Gesemann, I.; Neuß, N. (2012): Professionelle Haltung von Fachkräften. In: Neuß, N. (Hrsg.): Grundwissen Krippenpädagogik. 2. Auflage. Berlin: Cornelsen, S. 249-258.

 

Responsivität bei Krippen- und Kita-Kindern sowie in der Arbeit mit Eltern

Ein 2-tägiges Seminar zum Thema mit Sabine König

Alltagssituationen sind Schlüsselsituationen für die Entwicklung unserer Kinder. Positive Erfahrungen im Handeln und die Gestaltung alltagsintegrierter Bildungssequenzen legen den Grundstein für ein lebenslanges Lernen und individuelle Entwicklung. Bildung findet in jeder Alltagssequenz statt, ob am Esstisch, auf dem Wickeltisch, in der Garderobe, im Freispiel. In vielen Alltagsmomenten können Kinder teilhaben und mitgestalten. Dafür brauchen Kinder Geborgenheit, Sicherheit, viel Raum und Zeit für selbstorganisierte Bildung und wertvolle Angebote.

Mit theoretischer Praxisarbeit und Reflexion des pädagogischen Handwerkzeuges wollen wir gemeinsam erarbeiten, was Sinn machen kann, was für Irritation und Stress verantwortlich sein mag und was letztendlich zu selbstbestimmtem und selbstorganisiertem Handeln führt.

Hier finden Sie nähere Informationen: https://www.freiedualefachakademie.de/event/responsivitaet/

Hochbeete – mit Kindern bauen, pflanzen, ernten

Letztes Jahr im Frühling war es so weit: Unsere beiden Hochbeete wurden gebaut und bepflanzt. Was war das Ziel unseres Projekts? Wir wollten den Kindern anschaulich einen besseren Bezug zu einem Teil unserer täglichen Lebensmittel ermöglichen. Zusätzlich wollte wir einen weiteren Beitrag zum Schutz – und als Nahrungsangebot – für Insekten schaffen.

Die Beete wurden von uns aus Holzpaletten gebaut. Die Innenseite der Palletten verkleideten wir mit Folie. Über das Gartenbauamt der Stadt München konnten wir Erde beziehen, womit die Beete gefüllt wurden. Ebenso wurden einige Kräutersetzlinge mitgeliefert. Die Kinder hatten ihre Wünsche bezüglich der möglichen Bepflanzung der Beete geäußert und bei der Umsetzung mit viel Spaß und Engagement mitgeholfen.

Die Pflanzen sind teilweise sehr stark gewachsen und haben uns eine reiche Ernte beschert! Ebenso waren die Hochbeete mit den kräftig blühenden Pflanzen ein reich gedeckter Tisch und Unterschlupf für die zahlreichen Insekten, unter ihnen eine Vielzahl von Wildbienen. Für die Kinder ergaben sich abwechslungsreiche Aktivitäten rund um die Beete: Die Insekten – besonders die Bienen – wurden beobachtet, die Haptik der Pflanzenblätter erfühlt und beschrieben. Auch das Wachsen, Gedeihen und Naschen der Früchte waren für die Kinder spannend und ein großer Spaß. Natürlich haben die Kinder, wir Pädagog*innen und der Koch fleißig gegossen und die Beete gepflegt.

Dieses Jahr wollen wir den verschiedenen Gemüsesorten mehr Platz zum Ausbreiten einräumen. Denn die Erfahrung aus dem vergangenen Jahr hat uns gelehrt: Manche Pflanzen beanspruchen viel Platz, Andere sind dadurch etwas zu kurz gekommen. Wir freuen uns auf das Arbeiten am und im Beet. Noch müssen die Kinder und wir Pädagog*innen uns etwas gedulden.

Kinder tragen Pflanzen für Hochbeet Hochbeet Königskinder

Ursula Plendl vom element-i Kinderhaus Königskinder München

Nachbericht zum element-i Kongress

Vielleicht hatten Sie als Eltern sich noch gewundert, warum am 7. und 8. Juli alle element-i Einrichtungen geschlossen waren. Grund war der element-i Kongress.

Der element-i Kongress ist die jährliche interne Fortbildungsveranstaltung von Konzept-e. In diesem Jahr kamen dafür rund 780 Mitarbeiter*innen in der Filderhalle in Leinfelden bei Stuttgart zusammen. Auf dem Programm standen Vorträge zum Schwerpunktthema „Kooperation mit der Natur“ sowie ein Überblick über die aktuellen Entwicklungen im Unternehmen.

Was hat das Träger-Netzwerk in der Vergangenheit geleistet? Welchen Herausforderungen sieht es sich aktuell gegenüber? Welche Pläne gibt es für die Zukunft? Diese Fragen beantworten die Geschäftsführer*innen Waltraud Weegmann und Clemens M. Weegmann zum Auftakt des element-i Kongresses. Inzwischen zählt das Netzwerk 1.154 Mitarbeitende und betreut 2.273 Kita-Kinder in 43 element-i Kinderhäusern. Darüber hinaus lernen inzwischen 206 Grundschüler*innen, 190 Gemeinschaftsschüler*innen und 121 Fachschüler*innen in element-i Bildungseinrichtungen.

Die große aktuelle Herausforderung für die Branche ist der Fachkräftemangel. „Die Problematik betrifft den gesamten Arbeitsmarkt und wird sich bis 2025 weiter verschärfen“, berichtet die Geschäftsführerin und spricht darüber, was das Konzept-e Netzwerk tut und plant, um die Auswirkungen handhabbar zu machen. „Wir haben zwei Mitarbeiterinnen in der Personalabteilung, die sich ausschließlich um die Personalbeschaffung kümmern“, erklärt sie. „Wir fahren Fachkräfte-Kampagnen, sind in den sozialen Medien aktiv, bilden Quereinsteiger*innen aus und stellen ‚gute Feen‘ ein, die unsere Kita-Teams im Alltag entlasten.“ In der Vergangenheit hat das Netzwerk zudem erfolgreich Fachkräfte aus Spanien und Italien angeworben. „Das möchten wir weiterführen“, sagt Waltraud Weegmann. „Und wir denken über Möglichkeiten nach, die Eltern stärker einzubinden.“

Das Konzept-e Netzwerk wächst: „In Stuttgart-Vaihingen soll ein großes element-i Bildungshaus für 700 Kinder und Jugendliche auf 9.000 Quadratmetern entstehen. Das Bildungshaus wird Kita, Grundschule, Gemeinschaftsschule und gymnasiale Oberstufe sowie eine Erzieher*innenfachschule beherbergen“, berichtet Geschäftsführer Clemens M. Weegmann. „Wir leben den element-i Gedanken. Jede*r soll sich individuell, interessenorientiert und in Interaktion mit anderen entfalten können und mit den eigenen Stärken zum Gelingen der Gemeinschaft beitragen“, sagt Clemens M. Weegmann. „Unser Motto lautet: ‚Es kommt auf mich an!‘“

Einige der Teilnehmer*innen waren sogar zum ersten Mal dabei. Jolanda Brüning aus dem element-i Kinderhaus Pallassimo ist eine von ihnen. Die Fachschülerin sagt: „Ich habe andere viel von element-i Kongressen sprechen hören und freue mich, nun selbst dabei zu sein. Die Stimmung ist toll, der Input sehr interessant, und ich bekomme ein besseres Gespür für das Unternehmen insgesamt.“ Das Konzept-e Trägernetzwerk ist groß und nach zwei Jahren Coronapause war es einfach an der Zeit, dass sich alle auch wieder persönlich treffen konnten, um sich auszutauschen.

Abends durfte dann bei leckerem Essen vom Buffet und Live-Musik auf dem Interimsgelände des element-i Bildungshauses in Stuttgart-Vaihingen noch kräftig gefeiert werden. Den zweiten Tag verbrachten die meisten Teilnehmer*innen dezentral bei einem von insgesamt 33 Natur(pädagogik)-Workshops. Ganz sicher konnten die Kolleg*innen viele Impulse, Inspirationen und Ideen für die Umsetzung mit den Kindern in den Kinderhäusern und Schulen beim 24. element-i Kongress mitnehmen. Wir freuen uns schon auf den nächsten im kommenden Jahr!

 

   

Earth Day im Spatzennest

Gemeinsam für Partizipation und Nachhaltigkeit

Im Rahmen des Projekts „Nachhaltigkeit und Klimaschutz in Kitas“ fand am 12. Juli im Spatzennest ein Earth Day statt. Aus unserer anfänglichen Anfrage nach Tipps zur Berechnung des CO2-Fußabdrucks beim Energiekonzern EnBW entstand eine zunächst einmalige Kooperation. Die EnBW entwickelte für uns einen angepassten Fragebogen zur Datenerhebung. Außerdem erhielten wir für das Kinderhaus die „Energiebox“ mit Material für die Altersstufen zwei bis sechs zum Thema Klimaschutz. Inhaltlich unterstützten uns die Spezialist*innen der EnBW in Fragerunden, bei Workshops oder einem Besuch im Kinderhaus.

Auf pädagogischer Ebene wurde das Thema in Impulsen und Projekten umgesetzt. So fanden u. a. zeitlich begrenzte Challenges in den Bereichen Mobilität, Ernährung, Konsum und Energie statt (vegane/vegetarische Ernährung, Verzicht auf Produkte mit Palmöl, Vermeidung vom Papiertrockentüchern usw.).

Der Earth Day im Spatzennest startete mit einem Einführungsvideo der EnBW. Insgesamt waren rund 18 Schulhüpfer und drei Pädagog*innen dabei. Die Pädagogin Kerstin führte durch die Aktionen, die die EnBW für die Kinder vorbereitet hatte, z. B. das Memory-Spiel zum Thema „Wie hat der Klimawandel unsere Landschaft verändert“. Bei diesem Spiel passten beispielsweise das Bild einer freien Straße und das Bild einer Straße, die durch einen Erdrutsch versperrt war, zusammen. Das nächste Spiel war ein Bewegungsspiel: ein Fangen-Spiel, bei dem die CO2-Partikel die Sonnenstrahlen fangen mussten.

Die Kinder hatten sich auch im Vorfeld bereits schlau gemacht und erklärten in eigenen Worten, wie der Klimawandel funktioniert. Auf die Frage, was man denn dagegen tun könne, sagte ein Kind: „Man könnte weniger CO2 in die Luft pumpen!“

Die Spiele und Impulse beschäftigten die Kinder den ganzen Tag und fanden alle im großen Garten des Spatzennests statt. Eine erneute Datenerhebung des CO2-Fußabdrucks erfolgt nach einem Jahr.

 

 

 

„Woher kommt unser Essen?“ Wenn Kinder forschen.

element-i Kita Pressekiste feiert Zertifizierung zum „Haus der kleinen Forscher“

Mitte Juli war es endlich soweit! Nachdem die Zertifizierungsfeier in der Pressekiste mehrmals verschoben werden musste, konnte nun gefeiert werden. Das Kinderhaus hat sich bereits zum zweiten Mal als „Haus der kleinen Forscher“ zertifiziert.

Zum Ernährungskonzept von element-i gehört es, den Kindern einen eigenverantwortlichen und selbstständigen Umgang mit dem Thema Ernährung zu ermöglichen. Durch das tägliche Erleben werden die Kinder zu Expert*innen ihrer eigenen Ernährung. Sie lernen ihre eigenen Körperbedürfnisse kennen und erlernen spielerisch Wissen. In der Pressekiste entstanden so während der Essenssituationen immer wieder spannende Gespräche mit den Kindern über die Herkunft und die Zusammensetzung des Essens. Schnell war das Projektthema für die Zertifizierung zum „Haus der kleinen Forscher“ beschlossen: „Woher kommt unser Essen?“

Gemeinsam mit den Kindern sind die Pädagog*innen Svenja Korber und Nicholas Gentner den verschiedenen Fragen in unterschiedlichen Impulsen nachgegangen. Wie entsteht Mehl und woher kommt es? Warum wird aus Mais Popcorn? Woher kommt die Milch und wie werden Milchprodukte hergestellt? Oder auch: Wie sah das Fischstäbchen eigentlich vorher aus und woraus besteht ein Fisch?

„Das Projekt war auch für uns Erwachsene spannend. Wir haben erfahren, dass viele Nahrungsmittel aus Pflanzen gewonnen werden“, erzählt Nicholas Gentner. „Beim Besuch der Experimenta mit den Kindern haben wir in einem Laborkurs viel über das Wachstum von Pflanzen gelernt.“ Beim anschließenden Besuch auf einem Bauernhof konnten die kleinen Forscher außerdem erfahren, vom wem die Milch kommt und wie man Butter herstellt. Das macht richtig Spaß, stellten die Kinder fest, als sie es selbst ausprobieren durften. „Ich fand toll, dass unter den Kindern sogar eine ethische Diskussion über den Konsum von Milch entstanden ist, als sie erfahren haben, dass die Kühe von ihren Kälbchen getrennt werden müssen, um die Milch zu gewinnen“, ergänzt Gentner.

Bei der Zertifizierungsfeier am 14. Juli stellten die Kinder ihr Projekt und ihre Forschungsergebnisse zunächst in einem eigens von ihnen erarbeiteten Vortrag in der Kinderkonferenz vor. Danach wurde das Gelernte in die Tat umgesetzt: Im anschließenden Impuls machten die Kinder aus Sahne Butter. Jede/r hat in eine eigene Flasche Sahne gefüllt und diese so lange geschüttelt, bis ein Butterstück daraus wurde. Die Kinder waren motiviert und hatten jede Menge Spaß! Sie waren stolz, ihre eigene Butter gemacht zu haben, die sie am liebsten direkt probieren wollten.

Aber zuerst wurden noch die Plakette und eine Urkunde feierlich an die kleinen Forscher überreicht. Außerdem erhielten die Kinder ein Forschergeschenk, nämlich Honig mit echten Bienenwaben. Und der durfte dann zusammen mit der selbstgemachten Butter auch gleich geschlemmt werden. „Es war eine gelungene Zertifizierungsfeier“, freut sich auch Svenja Korber über den schönen Vormittag in der Pressekiste.

Das „Haus der kleinen Forscher“ ist eine bundesweite Fortbildungsinitiative für pädagogische Fach- und Lehrkräfte. Die Stiftung mit Sitz in Berlin fördert den Entdecker- und Forschergeist in der frühkindlichen Bildung und Erziehung. Dazu gehört der gesamte MINT Bereich: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.

 

 

Die Planetenretter – CO2-Reduktion in element-i Kitas

Mai 2021: Drei element-i Kitas, Energiebündel, Kinderländle und Spatzennest, machen sich mit dem Energiekonzern EnBW auf dem Weg, den CO2-Fußabdruck in ihren Kitas zu erkunden. Das Ziel des Pilotprojekts der element-i Bildungsstiftung und von Konzept-e ist es, das Bewusstsein für das eigene Handeln zum Klimaschutz bei Kindern, Pädagogen und Eltern sowie auf Trägerebene zu verankern. Denn alles, was wir vorleben, geben wir weiter. In diesem Projekt wollen wir alle Akteure der Kita inspirieren, zum Nachdenken anregen und ins Handeln bringen. Auch beim Klimaschutz sind es die kleinen Dinge, die Großes bewirken, und uns oft nicht bewusst sind. Ohne vorgefertigte Lösungswege, ohne moralischen Zeigefinger wird in diesem Projekt ausprobiert, getestet und Handlungen für nachhaltiges Leben entdeckt. Getreu dem element-i Motto: Es kommt auf mich an!

Die Vorgehensweise: Zur Bewusstmachung der Konsequenzen eigener Aktivitäten in der Kita ist es notwendig, Nicht-Sichtbares sichtbar zu machen. Aber wie? Zum einen mit der Erhebung von Verbrauchszahlen in den Feldern Mobilität, Energie, Ernährung und Konsum, zum anderen durch gemeinsames Ermitteln aus dem Interesse des Kindes heraus, wie sich das eigene Verhalten auf die CO2-Emissionen auswirkt. So entsteht eine sehr kollaborative Projektidee mit zwei Projektsträngen: eine angepasste Datenerhebung und -analyse mit Unterstützung der EnBW und eine intensive Bildungsarbeit mit Kindern in der Kita.

Die Ausgangslage: Die Datenanalyse (Erhebung durch Fragebogen 2021 und Auswertung 2022 von der EnBW) zeigt auf, wie stark die CO2-Emission in den Häusern aufgrund des Brennmaterials der Heizung steigt oder fällt, wie stark die Lage der Kita die Nutzung von Auto, Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln den Anfahrtsweg der Kinder beeinflusst, wieviel Wasser oder Strom verbraucht wird oder wie oft welches Haus mit Essen beliefert wird. Als positiv heben sich die Ausflüge in den Kitas hervor, welche entweder zu Fuß oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln stattfinden.

Die Datenerhebung bietet vordergründig keine direkten ableitbaren Erkenntnisse, sondern wirft Themen auf. Sie bietet Anhaltspunkte für Reflektion sowie Austausch und nächste Handlungsschritte für Pädagogen in der Kita. Über diesen Weg wird das Feld Konsum noch stärker in den Fokus gerückt: Wie nachhaltig kaufen wir ein? Was wird tatsächlich benötigt? Brauchen das die Kinder wirklich? Wie ökologisch sind die Verbrauchsmaterialien? Welche Materialien können aus dem Kitaprozess, von Eltern zuhause wo und wie weiterverwendet werden? Wie bewusst wird mit dem Essen umgegangen?

Einblicke in die Kita-Arbeit: Die Bildungsarbeit koordiniert Kerstin Jung, Erzieherin und Umweltwissenschaftlerin aus dem Spatzennest – mit dem Ziel, Nachhaltigkeit als einen festen Bestandteil in der pädagogischen Arbeit zu etablieren. Sie ermöglicht einen Austausch mit Eva Bohnert, Erzieherin und Trainerin „Haus der kleinen Forscher“ aus dem Kinderländle, und Carsten Preiss, Quereinsteiger und Politikwissenschaftler und aus dem Energiebündel, steuert Aktionen mit der EnBW, fokussiert Themen und fasst Erkenntnisse für alle zusammen. In allen drei Häusern zeigt sich ein bemerkenswertes Interesse der Kinder bei den Feldern Strom, Wasser, Müll und Kunststoff, welches sich durch alle Bildungsbereiche webt. Hier entstehen mit den Kindern Wissenszusammenhänge und -erkenntnisse, Wahrnehmungs- und Erfahrungsräume durch Experimente mit Strom, Kleinprojekte mit Externen (z.B. Müllwirtschaft) und auch Teamchallenges der Pädagogen wie z.B. Reduzierung der Papiertücher in der Kita.

Ein Quadratmeter Waldleben

Das „1 qm² Projekt“ (kennengelernt auf der Tagung des Klima-Kita-Netzwerks von „Innowego – Forum Bildung & Nachhaltigkeit“ im Januar 2020) war der Auftakt zur Einführung des Projekts in die Kitas. Hier ein Bericht von Carsten Preiss aus dem Energiebündel.

Leise raschelt das trockene Laub der alten Eiche, als der kleine Plastikrechen durch den Waldboden kratzt. Ein modriger Duft strömt den Kindern entgegen, als sie durch die feuchte Erde wühlen. Schneckenhäuschen, Zapfen, Würmer, Wurzeln und viele weitere Schätze finden sie in diesem kleinen Stückchen Wald, das sie mit vier großen Stöcken abgesteckt haben. Konzentriert tragen sie Schicht um Schicht den Boden ab und erforschen begeistert den Lebensraum Wald.

Klimaschutz ist vielschichtig, und manchmal verbirgt er sich eben unter ein paar modrigen Blättern. Denn Wälder und das Leben darin spielen nicht nur eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung der Klimakrise, sie gehören auch zu den Hauptleidtragenden der globalen Erderhitzung. Unsere Wälder versorgen uns mit Sauerstoff, speichern CO₂, sorgen für bessere Luft und haben eine zentrale Rolle in unserem Wasserkreislauf. Aber die Klimakrise nagt auch an der dicksten Rinde. Wenn Tiere und Pflanzen sich nicht auf die neuen Bedingungen einstellen, werden sie verschwinden. Die Artenvielfalt wird sich reduzieren.

Aber noch gibt es im Wald viel zu erkunden. Neugierig bearbeiten die Kinder mit den mitgebrachten Werkzeugen den von ihnen ausgewählten Quadratmeter Wald. Sie beugen sich über jeden Fund, stecken die Köpfe zusammen und diskutieren angeregt: Da finden sich abgefallene Blätter in allen Farben und Formen. Unter der Laubschicht verstecken sich Eicheln, Nüsse und Zapfen. Moos und viele kleine Pflanzen ranken am Boden. Weiße und gelbe Blüten strecken sich der Frühlingssonne entgegen. Eine Schnecke konnte nicht schnell genug fliehen und mehrere Häuschen zeugen von ihren Artgenossen. Weiter unten stoßen wir auf eine Familie Asseln, große Wurzeln und Regenwürmer in der feuchten Erde. So viel Leben auf so kleinen Raum – das beeindruckte nicht nur die Kinder. Zum Mittagessen ziehen die zwei Grüppchen zufrieden mit ihrem Erzieher*innen Mahfuza Hossain und Mohammad Obeid zurück ins Kinderhaus. Der Dienstag ist im element-i Kinderhaus Energiebündel der Waldtag. Dieser Dienstag im April 2021 war ein besonderer Tag, der Auftakt für das Klimaschutzprojekt war vielschichtig und lebendig – vor allem aber hat er großen Spaß gemacht.

Upcycling im Kinderländle!

Eva Bohnert erzählt, wie weitreichend das Thema sich im Kinderländle darstellt: Wir setzen uns aktiv mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinander. Neben verschiedensten Forschungsprozessen liegt der Fokus im Augenblick besonders darauf, Ressourcen zu sparen und sie wieder zu verwerten. Angefangen hat alles mit einer Kooperation der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS). Von der AWS hat die Kita einen großen Koffer rund ums Thema Müllabfuhr und Müll erhalten, außerdem kleine kompakte Mülleimer für die Mülltrennung in der Kita, die sehr gut angenommen werden. Dazu gab es Holzmüllzangen, die die Kinder mit großem Engagement auf Ausflüge mitnehmen und Müll sammeln. Wie viel Müll auf Ausflügen zu finden ist, hat Kinder und Erwachsene beeindruckt und ein Bewusstsein für das Thema geschaffen.

Ein weiterer Fokus liegt darauf, „Müll“ wiederzuverwenden. Kartonagen werden regelmäßig im Rollenspielbereich genutzt und führen zu wechselnden Themenwochen: Der Blumenladen wird zu einer Märchen- oder Unterwasserwelt, einem Feuerwehrhaus oder einer Arztpraxis. Bei „Aus alt mach neu“ legen Pädagog*innen und Kinder viel Wert darauf, Spielmaterial selbst herzustellen. So entstehen Schildkröten und Feuerlöscher aus alten PET-Flaschen, Kuscheltiere aus alten Socken. Das Herstellen von Spielmaterial führt zu einem bewussten und sorgsamen Umgang mit den Materialien.

Auch aus organischen Abfällen lassen sich neue Dinge herstellen! Wussten Sie, dass man aus z. B einem Karottenstumpf oder Sellerie-Ende neues Gemüse ziehen kann? Ja, das ist mit wenig Aufwand möglich, und die Kinder beobachten das Pflanzenwachstum mit großer Freude.

Recycling bietet viele Möglichkeiten, die Kinder zu begeistern, und großartige Erfahrungsräume, die Umwelt bewusst zu erleben. Kinder lassen sich auch für Tiere begeistern und erfahren Zusammenhänge, für die es sich lohnt, nachhaltig zu leben. Wir bauten im Kinderhaus eine Eichhörnchen-Futterstation, beobachteten Regenwürmer beim Wiederverwerten von Abfällen sowie die Metamorphose einer Raupe zum Schmetterling.

Müllabfuhr im Spatzennest

Die Kinder vom Spatzennest wollen am liebsten keinen Müll, berichtet Kerstin Jung. Ungefähr zweimal im Monat sammeln Pädagog*innen und Kinder, ausgerüstet mit Müllsäcken und Zangen, im Garten oder in der unmittelbaren Umgebung der Kita Müll. Bei einem Spaziergang kommt die Gruppe kaum 200 Meter weit, weil so viel Müll auf dem Weg und in der Natur zu finden ist. Verpackungen, Zigarettenstummel, Masken, Scherben, Deckel von Flaschen und vieles mehr wurden achtlos weggeworfen. Im Winter ist der Anblick von Müll besonders trübselig. „Die Leute spinnen wohl!“, sagt ein Kind. „Das ist unser Weg zur Kita, den dürfen die Leute nicht verschmutzen!“, empört sich ein anderes. In diesem Moment fährt ein Auto der Stadtreinigung an uns vorbei. Die Kinder winken dem Fahrer, und das Auto hält an. „Sollen wir den Müllsack mitnehmen?“ fragt ein Mitarbeiter der Stadtreinigung. „Na klar!“ antworten die Kinder. Nachdem das Auto weggefahren ist, machen wir uns mit den Kindern auf den Rückweg zur Kita und unterhalten uns über unsere Eindrücke. Die Kinder haben viele Fragen: Warum gibt es hier keine Mülleimer?, Wohin kommt unser Müll jetzt?

Warum liegt der Müll so lange herum? Was passiert, wenn alle Menschen einfach ihren Müll auf den Weg werfen? Wie können die Insekten und Maulwürfe leben mit so viel Müll?

Einstimmig beschließen die Kinder, aktiv zu werden, und wollen Schilder herstellen, damit die Leute weniger Müll auf ihren Weg werfen. Am besten keinen Müll!

Am darauffolgenden Tag werden die Schilder gestaltet und bei einem erneuten Spaziergang an Laternenpfähle gebunden.

Nach einiger Zeit entstehen weitere Impulse aus der Aktion – aus Initiative der Kinder und als Input der Pädagog*innen:

  • Das Bauzimmer wird zum Recyclinghof.
  • Beim „Verrottungsexperiment“ vergraben die Kinder unterschiedliche Materialien und beobachten, welche schneller zu Erde werden.
  • Wir lesen Bücher rund ums Thema Abfall.
  • Wir fotografieren den Müll.
  • Geplant ist ein Kunstwerk aus Müll.
  • Wir recherchieren über die Auswirkungen von Müll auf die Tierwelt. Dabei stößt der Maulwurf auf großes Interesse bei den Kindern. Da kein Sachbuch für Kinder über den Maulwurf zu finden war, fangen Pädagog*innen und Kinder an, eines zu schreiben.

Bei dem Projekt wird allen bewusst, wie schön unsere Umwelt ist. Und dass Pflanzen, Tiere und Menschen eine intakte Natur brauchen, um sich wohlzufühlen. In mir persönlich wirkt der Satz „Das ist unser Weg zur Kita“ lange nach. Letztendlich ist es tatsächlich der Weg der Kinder. Sie sind die zukünftigen Erwachsenen, die mit dem Zustand des Weges leben.

Ausblick

Alle Beteiligten – vom Kind über die Pädagog*innen und Verwaltung bis hin zu Kooperationspartner*innen – tragen ihren Teil zum Gelingen bei und werden Schritt für Schritt dieses komplexe, aber lebensnotwendige Thema durchdringen. Das Planetenretter-Projekt, von den Kindern so benannt, wird im Sommer 2022 einen ersten Abschluss finden und in eine zweite Phase übergehen. Die Datenerhebung ist jährlich geplant, alle drei Häuser werden jeweils ein weiteres Haus als Tandempartner auf diese Nachhaltigkeitsreise einladen. Die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse aus allen drei Häusern fließen in das Projekt Nachhaltigkeit von Konzept-e ein. Sie interessieren sich für eine Nachhaltigkeitsreise? Bitte melden Sie sich bitte bei mir unter der untenstehenden Adresse. Auch Kerstin Jung, Eva Bohnert und Carsten Preiss freuen sich.

Mehr von Patricia Sigg

 

Anregungen für die pädagogische Praxis

 

Damen, Sonja (2021): 1 qm² Projekt -Auf einer Fläche großes und kleines erleben. Kindergarten heute 2/2021, 51. Jahrgang, S. 27-30, Herder Verlag

 

 

Klimastunde mit dem Energieunternehmen EnBW

 

Eine Stunde mit Expert*innen das Klima erforschen

Ziel ist es, dass Kinder naturwissenschaftliche Zusammenhänge erlernen und ein Bewusstsein für das Phänomen Energie und den Klimaschutz entwickeln.

Weitere Aktionen aus den Kitas

  • Plastikfreie Kita, Woraus besteht unser Spielzeug?
  • Planetenretter Ecke: Bücher, Spiele, Dokumentationen zum Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz
  • Mit einer Nachtsichtkamera das Leben in der Nacht erkunden
  • Entdeckung des Kreislaufs: Wie lange brauchen Rohstoffe, bis sie wieder Erde sind?
  • Naturspielzeug statt gekauften Spielzeugs

Die EnBW-Klima- und EnergieBOX unseres Kooperationspartner EnBW ist eine Kiste voller Wissen und Phänomene zum Thema Klimawandel, Klimaschutz und Erneuerbare Energien.

Die Box wurde auf Basis der bestehenden Energie-Box in enger Zusammenarbeit mit dem Verlag Hagemann& Partner Bildungsmedien entwickelt.

 

 

Sie ist speziell für Kinder ab 3 Jahren. Die Box enthält spannende Versuche und die dafür benötigten Materialien sowie didaktisch konzipiertes Begleitmaterial und Spieleanleitungen. Junge Entdecker*innen können unter Ihrer Anleitung in Partner- oder Gruppenarbeit experimentieren. Die Lerninhalte und Versuche knüpfen an die Erlebniswelt der Kinder an. Mit Hilfe von interessanten Aufgaben, Spielen, Experimenten und Arbeitsblättern sowie einer Hörspiel CD werden die komplexen Themen Klimaschutz und Erneuerbare Energien verständlich und ansprechend vermittelt.

Wie aus der Idee ein Raumschiff wurde

Es wird in diesem Beitrag darum gehen, wie aus einer Idee intrinsische Motivation entsteht, aus welcher in Folge ein Schaffensprozess initiiert wird. Dabei werden verschiedene Phasen durchlaufen, beginnend ab dem Wunsch bzw. einer Idee bis hin zur Zielerreichung. Wie kommen wir ins Tun? Was genau sorgt für den Antrieb, Zeit und Energie zu investieren, um einen bestimmten Zielzustand zu erreichen?

Stellen wir uns ein Vorschulkind vor, das voller Vorfreude auf den bevorstehenden Tag in der Kita blickt. Es hat einen klaren Plan davon, was es an diesem Tag machen möchte. In der Kita angekommen, rennt es am Frühstück vorbei, rennt am Bewegungsraum vorbei, rennt am Atelier vorbei und prüft, ob das gebaute Raumschiff von gestern noch an jenem Ort steht, wo es abgelegt wurde. Das Raumschiff ist noch nicht fertig, es fehlt der Sitz und auch die Düsen sitzen nicht dort, wo sie sitzen sollten. Es ist ein komplexes Konstrukt aus vielen kleinen Bausteinen. Wie kam es dazu, dass dieses komplexe Raumschiff konstruiert wurde? Zunächst scheint dieses Kind aus sich heraus, also intrinsisch, motiviert gewesen zu sein, ein Raumschiff bauen zu wollen. Wie genau sieht solch ein Motivationsprozess auf einer theoretischen Ebene aus, und wie kann aus einer Idee so ein komplexes Bauwerk entstehen?

Der Motivationsprozess

Der Motivationsprozess an sich basiert, dem Rubikon-Modell zu Folge, auf einer rein kognitiven Ebene, welcher im folgenden Abschnitt erläutert wird. Das Kind hatte demnach ursprünglich die Idee, ein Raumschiff zu bauen. Mit der Entscheidung dieses Raumschiff zu bauen, entscheidet sich das Kind, aktiv Energie zu investieren, beispielsweise in Form von Zeit. An dieser Stelle endet der Prozess der Motivation bereits. Die Entscheidung steht, sodass die Frage nach dem „Was“ nicht länger von Bedeutung ist, da die Frage bereits beantwortet wurde. In diesem Beispiel soll ein Raumschiff gebaut werden. Nun geht es um das „Wie“. In dieser Phase ist es nicht mehr die Motivation, die persönlich antreibt, sondern die Willenskraft (Volition), die für den weiteren Prozess entscheidend ist. Wieviel ist das Kind bereit zu investieren? Wie sehr möchte das Kind dieses Raumschiff bauen? Das Ziel ist fest im Blick, und es werden Pläne erstellt. Welche Legosteine werden benötigt? Ist die Bereitschaft vorhanden, nach den passenden Teilen zu suchen? Müssen andere Kinder gefragt werden? Reichen die Steine aus? Das Kind befindet sich aktiv in einem Schaffensprozess, und die Vorkehrungen für die eigentliche Durchführung werden getroffen. In der akuten Durchführungsphase ist das Kind inmitten der Handlung. Das Raumschiff wird gebaut und die einst abstrakten Gedanken werden in die Realität umgesetzt. In der Durchführung geht es um das „Tun.“ Die Energie fliest in den eigentlichen Prozess. Die W-Fragen, die Orientierung bieten, sind beantwortet und der Fokus richtet sich auf die eigentliche Handlung. Auch in dieser Phase ist die Willenskraft für die Erreichung des Ziels von Bedeutung. Und dann ist es geschafft: Das Raumschiff ist fertig gebaut und das Ziel scheint erreicht zu sein. Oder nicht? 

Vielleicht stellt das Kind in der letzten und vierten Phase fest, dass das eigentliche Ziel nur ein Zwischenziel war. Es mag auch sein, dass das Ziel nicht so wichtig ist, wie einst angenommen, oder ein Anderes an seine Stelle getreten ist. Das Raumschiff ist möglicherweise, obwohl es fertig ist, noch nicht perfekt und weitere Details müssen ergänzt werden. Demzufolge ist das Kind in einer reflexiven Phase angekommen. Diese Phase basiert wiederum auf einer motivationalen und somit kognitiven Ebene (Gollwitzer 1995).  

Diese Faktoren beeinflussen die Motivation

Der gesamte Prozess basiert grundsätzlich auf einer rein intrinsischen Motivation. Dennoch begünstigen und erschweren äußere Faktoren den inneren Schaffensprozess. Machen Freunde mit? Gibt es genügend Materialien? Ist ausreichend Platz vorhanden? Fühlt sich das Kind wohl etc. Trotz des Einflusses der äußeren Faktoren ist die Willenskraft dafür entscheidend, ob Widerstände zu Herausforderungen werden oder lähmend wirken. Die Selbstbestimmungstheorie ergänzt dieses Modell um weitere Ebenen: dem Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit, nach Selbstbestimmung und nach sozialer Eingebundenheit. Je stärker diese Faktoren ausgeprägt sind, desto stärker ist die Motivation, selbst aktiv zu werden (Deci & Ryan 1993) 

In der element-i Konzeption wird ebenfalls auf Motivationsprozesse eingegangen und geschildert, wie die Lernmotivation der Kinder aufrechterhalten wird: „Durch das eigenhändige Tun entsteht eine innere Selbstverständlichkeit von Abläufen, Gewohnheiten, Fertigkeiten, die wiederum Kraft für neue Themen oder auch Achtsamkeit für Details, Fürsorge und Kreativität freisetzen. Das unterstützt den Forscherdrang der Kinder und erhält ihre Lernmotivation aufrecht.“ (Kammerlander et al. 2018, S. 15f.). 

Sie kennen es sicher selbst. Wenn sich ein Kind etwas in den Kopf gesetzt hat, dann sollte es auch nach Möglichkeit sofort umgesetzt werden. Diese Energie, der Wille, der innere Antrieb der Kinder ist schon bemerkenswert, aber auch erstrebenswert: mit Biss, Leidenschaft und maximalen Willen Dinge einfach umzusetzen. 

Mehr von Benjamin Decker

Literatur 

Deci, E., & Ryan, R. (1993). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. Zeitschrift für Pädagogik, S. 223-238. 

Gollwitzer, P. M. (1995). Das Rubikonmodell der Handlungsphasen. Enzyklopaedie der Psychologie, S. 531-582. 

Meisenknödelfabrik im Zauberwald

Gemeinsam mit uns Pädagog*innen wollten die Kinder Meisenknödel für unsere gern gesehenen Vogelbesucher selbst herstellen. „Was fressen Vögel eigentlich?“ Diese Frage wurde im Kita-Alltag aufgegriffen und den Kindern über mehrkanälige Angebote beantwortet. Dann ging es los mit der Herstellung!

Als Erstes haben wir Tontöpfe bereitgestellt, die die Kinder nach ihren Vorstellungen und Ideen mit Farben gestalten durften.

Im nächsten Schritt wurden die Inhaltsstoffe für die Knödel – Fett und verschiedene Körner – leicht erwärmt, zusammengemischt und in die einzelnen Töpfe gegeben. Dann hieß es abwarten! Die Töpfe wurden nach draußen gestellt, damit das Fett in der Kälte langsam aushärtet. Die Kinder haben nach diesem Schritt aktiv eingefordert, immer wieder nach draußen zu gehen und nachzuschauen, ob der Knödel schon fest ist.

Am nächsten Tag haben wir Pädagog*innen gemeinsam mit den Kindern einen geeigneten Platz für die Futterkugeln gesucht. Besonders wichtig ist es sicherzustellen, dass keine Katze an die Kugel gelangt. So gewähren wir den Vögeln eine geschützte Umgebung zum Fressen. Seitdem die Knödel aufgehängt wurden, schauen die Kinder regelmäßig nach und fragen sich: „Hängt die Kugel noch?“, „Pickt gerade ein Vogel daran?“

Sabine Bindig, Zauberwald

Wettkampf und Regelspiele in den element-i Kinderhäusern

Neulich im Bewegungsraum eines element-i Kinderhauses: Für eine altersheterogene Gruppe von Kindern sind vor allen Dingen die Bälle im Fokus. So kommen an diesem Vormittag in dieser Situation nicht nur die Kinder in Bewegung, sondern auch Bälle verschiedenster Formen und Größen. Große Gymnastikbälle, kleine Tennisbälle, leichte Tischtennisbälle, stachelige Igelbälle, weiche Softbälle, Basketbälle und natürlich Fußbälle.

Aus dem zunächst offenen Bewegungsangebot heraus entwickelt sich nach und nach das Bestreben einiger Kinder, ein Wettkampfsportspiel spielen zu wollen. Die Art des angestrebten Spiels kann dabei vielfältig sein und spielt für dieses Beispiel eine untergeordnete Rolle. Es könnte also ein Fußball-, Basketball, Brenn-, Völker- oder Handballspiel im Bewegungsraum unseres Kinderhauses entstehen. Es bilden sich zwei oder mehrere Mannschaften, die das ausgewählte Spiel spielen möchten.

Vorfreude und Motivation innerhalb der Kindergruppe sind groß, sodass das Spiel umgehend gestartet wird. Jedoch endet es bereits nach kurzer Zeit rasch und unerwartet. Die eben noch gefühlte Vorfreude und die Motivation sind geschwunden und haben anderen Gefühlen Platz gemacht: Frustration, Ärger oder Langeweile sind zu spüren. Die begleitenden Pädagog*innen nehmen die beschriebenen Emotionen im Raum sofort wahr und fragen sich. Wieso konnte sich die Stimmung im Bewegungsraum innerhalb kurzer Zeit ins komplette Gegenteil umkehren? Was ist geschehen, wie konnte es dazu kommen?

Bildungsbereich Bewegung & Sport

Die oben beschriebene Situation ist fiktiv und gleichzeitig ein Abbild der Realität. Sicherlich kennen Sie ähnliche Situationen aus Ihren Kinderhäusern, den Bewegungsräumen, den Gärten oder den Höfen. Ich möchte der Frage nachgehen, welche Faktoren dazu beitragen, dass derartige Situationen gelingen und keine der Beteiligten frustriert zurücklassen.

Der Bildungsbereich Bewegung & Sport ist im Kinderhaus für die Kinder in vielen Facetten erlebbar und wird durch eine verlässliche räumliche und materielle Verortung sicht- und spürbar. Die hohe Relevanz, die dieses Thema für die Entwicklung aller Kinder hat, rückt den Bildungsbereich beständig in den Fokus und erfordert die Beobachtung und Einschätzung der Entwicklungsschritte aller Kinder durch die Fachkräfte der Einrichtung, um so entwicklungsangemessene Explorations- und Erfahrungsmöglichkeiten für alle Kinder gestalten zu können.

Die Begrifflichkeiten, welche dem Bildungsbereich seinen Namen geben, sind in ihrer Charakterisierung zu unterscheiden und bilden somit die Inhalte des Bildungsbereichs und damit die Entwicklungsschritte von Kindern umfänglich ab. Mit fortschreitender Entwicklung lässt sich in den Kinderhäusern immer wieder beobachten, dass Kinder das beständige Interesse daran haben, freie Bewegungsformen um kognitive oder komplexe Bestandteile zu erweitern und sich so im gemeinsamen Wettkampf – als Individuum oder innerhalb einer Gruppe – zu messen. Wenn dies der Fall ist, rücken die so genannten Regel- und Wettkampfspiele verstärkt in den Blickpunkt der täglichen pädagogischen Arbeit. Diese sind jedoch kein Alleinstellungsmerkmal des Bildungsbereichs Bewegung & Sport und dennoch von einer hohen Relevanz.

Regelspiele

Regelspiele sind vor allen Dingen dadurch gekennzeichnet, dass das Reglement vor Beginn festgelegt oder verhandelt ist und diese Regeln im Verlauf des Spiels eingehalten werden. Durch die Einführung von Regeln werden vergleichbare Voraussetzungen geschaffen, die für alle Beteiligten gültig sind, die ein faires Spiel gewährleisten und so vor allen Dingen auch von Kindern unterschiedlichen Alters gemeinsam gespielt werden können. Das bedeutet damit, dass die individuellen Fähigkeiten keine Auswirkungen auf den Ausgang des Spiels haben müssen. Somit kann beispielsweise eine Partie „Mensch, ärgere Dich nicht“ problemlos von einer altersgemischten Kindergruppe gespielt werden.

Wettkampfspiele

Das Wettkampfspiel ergänzt die oben beschriebenen Merkmale schließlich darum, dass die individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten für das Ergebnis bzw. den Ausgang des Spiels relevant werden. In Kombination mit einer Steigerung der Komplexität des Regelwerks steigt der kognitive Anspruch und zeichnet sich unter Umständen dadurch aus, dass die Fähigkeit zur Kooperation mit weiteren Mitspielenden gegeben sein muss. Das Individuum oder die Gruppe möchte durch spielerische Formen der Auseinandersetzung eine Messbarkeit erreichen, die erste Erfahrungen mit Gewinnen und Verlieren ermöglicht. Durch gemeinsam ausgehandelte Regeln lässt sich sicherstellen, dass die Ergebnisse des gemeinsamen Messens keine negativen Auswirkungen für die Beteiligten haben (Erfahrungen innerhalb der Leitlinie Resilienz sind dabei möglich).

Damit bieten Wettkampf- und Regespiele Kindern die Möglichkeit zur Persönlichkeitsentwicklung. Kinder lernen ihre eigenen Emotionen, aber auch die Gefühle anderer Kinder kennen und nehmen diese wahr. Somit stellt der beschriebene Themenkomplex einen Vernetzungspunkt zum Bildungsbereich Soziales Miteinander oder Resilienz dar.

Anhand des dargestellten klassischen Beispiels „Feuer, Wasser, Sturm“ (siehe Abbildung) lässt sich aufzeigen, wie sich je nach Alter der Kinder aus einem Regelspiel ein Wettkampfspiel entwickeln lässt bzw. wie die Komplexität altersangemessen gesteigert werden kann.

Die Aufgabe der bildungsbereichsverantwortlichen Fachkraft ist es nun zu erkennen, ob und welche Form des Spiels passgenau für die beteiligten Kinder ist oder mit welcher Intention die Kinder sich beteiligen wollen. So kann beispielsweise ein Fußballspiel von Kindern verschiedenen Alters aus verschiedenen Motivationen gespielt werden. Wenn Motivation und Intention nicht deckungsgleich sind, sollte die Ausgestaltung der Situation überdacht oder mit den Kindern besprochen werden. Diese Beobachtung und das pädagogische Handeln vor und während der Ausgestaltung der Situation sind maßgeblich dafür, ob die Kinder die Situation als positiv oder als frustrierend erleben. Wettkampf- und Regelspiele sollten im Alltag der Kinderhäuser ebenso ihren Platz finden wie Möglichkeiten zur freien Bewegung. Die Beobachtungsgabe der pädagogischen Fachkräfte ist der entscheidende Faktor und damit ein Qualitätsmerkmal der pädagogischen Arbeit.

Folgende Leitfragen können hier zur Reflexion herangezogen werden

  • Welche Erfahrungen verbinde ich mit Regel- und Wettkampfspielen? Sind sie für mich als Fachkraft positiv besetzt, oder verbinde ich weniger gute Erfahrungen damit?
  • Worum geht es den Kindern/dem Kind in der jeweiligen Situation?
  • Was sind die Themen der Kinder/des Kindes?
  • Was soll in meinem Bildungsbereich stattfinden? Bewegungsformen oder Bewegungsbaustellen, Sport oder Regel- und Wettkampfspiele?
  • Passen die kognitiven Anforderungen zu den beteiligten Kindern, oder besteht ein entwicklungsangemessenes Gefälle der nötigen individuellen Fähigkeiten/Fertigkeiten?
  • Welche Gruppenform ist aufbauend auf meine Erkenntnisse die passende (altershomogene oder altersheterogene Gruppe)?

Wenn Sie Regel- und Wettkampfspiele ausprobiert und Ideen für eine gelungene Umsetzung haben (gern auch mit Fotos zur Veranschaulichung), so senden Sie die Praxisimpulse gern an mich. Der eine oder andere Impuls wird sicherlich seinen Weg in den Newsletter finden.

Mehr von Jacob Hesselschwerdt

 

Literatur

Kammerlander, Carola; Rehn, Marcus; Pädagogischer Leitungskreis der element-i Kinderhäuser (2018): Pädagogische Konzeption für die element-i Kinderhäuser. Stuttgart

Zimmer, Renate (2020): Handbuch Bewegungserziehung: Grundlagen für Ausbildung und pädagogische Praxis. Freiburg: Herder

Böcker, Nicola (2011): Bewegungsentwicklung & Sprache bei Kindern von 0 – 3 Jahren. München: Deutsches Jugendinstitut