„Ich wünsche mir mehr Mut und Experimentierfreude an den Schulen“

Schule der Zukunft muss sich auf dauernden Wandel und dauernde Veränderung vorbereiten. Sich selbst und andere, insbesondere in Zeiten und für Zeiten der Krise. Eine Krise ist immer die Chance zur Veränderung. Die Coronapandemie könnte als große, gesellschaftliche Krise nicht nur die einzelnen Schulen, sondern das gesamte Schulsystem hin zu besseren Wegen des Lernens leiten. Nach drei Lockdowns, Homeschooling und einer quasi Zwangsdigitalisierung sämtlicher Schulen hat die Pandemie in den Fokus gerückt, was in unserem Bildungssystem funktioniert und wo dessen Schwachstellen liegen.

In Deutschland haben autarke Schulen freier Träger wie die element-i Grund- und Gemeinschaftsschulen bewiesen, dass sie auch in Krisenzeiten sehr gut funktionieren. Eva Lang ist die Bereichsleiterin Schulpädagogik bei Konzept-e, dem Trägernetzwerk für Bildung und Betreuung. Während der Pandemie war und ist Homeoffice für sie nur eine bedingte Option. Denn ob und wie der teilweise kurzfristig notwendige Wechsel von Präsenz- und Fernunterricht in den element-i Einrichtungen umgesetzt wird, muss sie auch vor Ort überprüfen.

Frau Lang, wie haben Sie die Situation in den Schulen erlebt?

Unsere Schulpädagoginnen und -pädagogen haben den Umstieg auf digitales Lernen sehr schnell vollzogen. Dabei kam uns zu Hilfe, dass wir im Unternehmen bereits mit einer digitalen Lernplattform gearbeitet haben, in die wir übers Wochenende alle Schülerinnen und Schüler der element-i Schulen einbeziehen konnten. Die Arbeit am Laptop gehört in unseren Schulen zum Alltag, ebenso wie selbstständiges Lernen. Dadurch hatten auch die allermeisten Schülerinnen und Schüler keine Schwierigkeiten, sich auf das digitale und selbstständige Fernlernen umzustellen.

Wie sieht der Tagesablauf einer element-i Schule aus und was hat sich verändert in Zeiten von Lockdowns und Notbetreuung?

Jeder Tag bei uns startet mit der so genannten Lernkonferenz. Hier kommen alle Kinder, die Pädagoginnen und Pädagogen zusammen und besprechen den Tag. Die Kinder können im vorgegebenen Rahmen selbst mitbestimmen, was und bei wem sie lernen wollen. Dafür steht das „i“ in element-i: individuell, interessenorientiert und interaktiv. Das ist unser grundlegendes Verständnis von Bildung und Erziehung. Im Anschluss an die Konferenz geht es allein oder in Gruppen in die verschiedenen Arbeitsphasen. Dabei wird jedes Kind individuell von den Pädagoginnen und Pädagogen betreut. Während der Pandemie waren einige Schülerinnen und Schüler, wenn es von den Behörden erlaubt war, vor Ort, andere im Homeschooling zuhause. Trotzdem kamen alle jeden Morgen zur Konferenz zusammen. Der Laptop stand auf dem Tisch, die Kinder zuhause waren per Videokonferenz zugeschaltet, die Kinder vor Ort saßen um oder auf dem Tisch gemeinsam mit den anwesenden Pädagoginnen und Pädagogen. In den anschließenden Arbeitsphasen wurden die anwesenden Kinder von einer Kollegin vor Ort betreut, eine andere zog sich mit dem Laptop zurück und betreute die Kinder, die daheim geblieben waren. Das hat sehr gut funktioniert.

Die Schülerinnen und Schüler werden also schon früh an Themen wie Internet und Digitalisierung herangeführt?

Der MINT-Schwerpunkt an unseren Schulen nimmt Zukunftsthemen wie Digitalisierung und künstliche Intelligenz in den Blick. Wir sind uns bewusst, dass die fortschreitende Digitalisierung unsere Gesellschaft verändert und die Heranwachsenden vor ganz neue Herausforderungen stellen wird. Darauf müssen wir sie vorbereiten, denn viele werden einmal in Berufen arbeiten, die es so heute noch gar nicht gibt. Daher steht für uns die Vermittlung von Zukunftskompetenzen im Zentrum – wie der Einsatz digitaler Medien als Werkzeug zum Lernen und für die Bearbeitung von Projektaufgaben oder der Umgang mit unsicheren Situationen sowie die Fähigkeit, selbstständig Probleme zu lösen. Für Grundschulkinder sorgen wir für einen ausgewogenen, altersangemessenen Mix aus haptischem, sinnlichem Lernen, kognitiver Auseinandersetzung, sozialem Lernen und Umgang mit digitalen Medien.

Ein Vorteil in der Pandemie?

Was ich während Corona vor Ort in den Schulen beobachtet habe, ist, dass die einzelnen Lehrkräfte, aber auch die meisten Eltern mit ihren Kindern, sehr gut klargekommen sind. Sicher gab es hin und wieder auch einmal Probleme, wo beispielsweise der Internetanschluss zuhause nicht so gut ist, aber grundsätzlich hat das Homeschooling, dort im Umfeld, wo das Kind schon vor Corona von den Eltern gefördert und unterstützt wurde, ebenfalls sehr gut funktioniert.

Vergrößern Privatschulen nicht die Kluft zwischen Kindern aus sozial bessergestellten sowie bildungsnahen Haushalten und Kindern, deren Eltern sich das Schulgeld nicht leisten können?

Es ist an der Zeit, Kitas und Schulen neu zu denken. Es wird eine gesellschaftliche Aufgabe sein, Zukunftskompetenzen einschließlich der digitalen Technologien allen Kindern – auch denen aus bildungsfernen Haushalten – gleichermaßen zugänglich zu machen, um dem Ungleichgewicht der Bildungschancen wirkungsvoll zu begegnen. Dafür müssen Schulen von der Politik mehr Freiheiten bekommen, und wir müssen das, was wir über gutes Lernen wissen, auch in die Breite der öffentlichen Schulen hineintragen. Derzeit haben wir immer noch staatliche Schulen, wie zu Zeiten, als ich zur Schule gegangen bin: mit großen Klassenverbänden, nicht altersgemischt und Frontalunterricht. In der element-i Gemeinschaftsschule ermutigen wir unsere Schülerinnen und Schüler, ihren persönlichen Interessen nachzugehen und diese in den Unterricht einzubringen. Wir schaffen einen verbindlichen Rahmen, in dem wir ihnen möglichst große Freiheiten geben können, und setzen ebenso die notwendigen Grenzen, die sie für eine optimale Entwicklung brauchen. Außerdem sind wir der festen Überzeugung, dass Bildung und Bildungserfolge nicht von der sozialen Herkunft abhängen dürfen, daher gibt es bei uns unter anderem auch Stipendien.

„Wo“ Kinder für die Zukunft lernen, wird dann gar nicht mehr entscheidend sein?

Richtig. Selbstverständlich ist Lernen ein sozialer Prozess, der im Austausch, im Diskurs, im persönlichen Miteinander stattfindet. Gleichzeitig haben wir Schülerinnen und Schüler erlebt, die sehr davon profitiert haben, dass sie während der Schulschließung zuhause ohne Ablenkung und in ihrem vertrauten Umfeld lernen konnten. Wir haben da ähnliche Erfahrungen wie bei den Erwachsenen im Homeoffice gemacht. Ein neuer Ansatz von uns soll den Kindern auch weiterhin ermöglichen, einen Teil ihrer schulischen Lernzeit zuhause zu verbringen. Das passt zu unserem zentralen Anliegen, lernen für die Kinder zu gestalten – die klassische Schule gestaltet Lehren für die Lehrer. Wenn wir den Fokus konsequent auf die Lernenden und die besten Voraussetzungen und Bedingungen für deren Lernen verschieben würden, würde sich im Schulsystem viel verändern.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft unseres Bildungssystems? Was können wir aus der Krise mitnehmen?

Ich wünsche mir mehr Mut und Experimentierfreude an den Schulen – an allen Schulen. Dieser Gedanke bewegt mich schon lange. Wie muss Schule aufgestellt sein, wenn man Kinder und Jugendliche für eine digital transformierte Gesellschaft vorbereiten will? Wenn wir Schülerinnen und Schüler in eine Gesellschaft entlassen wollen, die sich in rasender Geschwindigkeit digital transformiert? Diesen Blick auf das gesellschaftliche Handeln müssen wir wieder öffnen.

Das Interview führte Christian Klar.

Das Glas ist halb voll: Dispositionaler Optimismus

Für den einen Menschen ist ein Glas halbvoll, für den anderen ist es halbleer. Die Metapher ist uns allen wohl bekannt. Es handelt sich im Kern um eine Einstellung, mit der auf Situationen geschaut oder das eigene Leben beschritten wird, oder um eine Perspektive auf die Dinge. Etwas vereinfacht gesagt, bedient sich die Perspektive des halbvollen Glases einer positiven Grundhaltung, aus der heraus neue Optionen gesehen werden oder sich scheinbar leicht Türen finden, die zuvor nicht existiert haben. Neue, sich öffnende Türen bedeuten gleichzeitig Möglichkeiten, und Möglichkeiten bedeuten Chancen, und Chancen bedeuten wiederum Weiterentwicklung. Um aufzuzeigen, welches Potential mit einer solchen optimistischen Haltung verbunden sein kann, möchte ich Ihnen Informationen zur Ressource des sog. dispositionalem Optimismus zur Verfügung stellen.

Im Jahre 1985 haben Wissenschaftler den Life-Orientation-Test, kurz den LOT-R Fragebogen (Carver & Scheier, 1985), entworfen, mit welchem dispositionaler Optimismus – das heißt, eine zeitlich stabile positive Lebensgrundeinstellung – gemessen werden kann (Renner & Weber, 2005). Dieser international anerkannte Fragebogen wird insbesondere im medizinischen Bereich angewendet, und es werden nach wie vor Studien angelegt, die die Auswirkungen von dispositionalem Optimismus auf das Leben von Menschen aufzuzeigen versuchen. Es konnte beispielweise belegt werden, dass Student*innen mit hohen Werten in der Persönlichkeitseigenschaft dispositionaler Optimismus bessere Ergebnisse während ihres Studiums erzielten als ihre Kommiliton*innen, bei denen diese Eigenschaft geringer ausgeprägt war (Diener, Emmons, Griffin, & Larsen, 1985). In anderen Studien konnte gezeigt werden, dass kranke Menschen mit hohen Werten in dieser Persönlichkeitseigenschaft sich schneller erholten (Scheier & Carver, 1992) als tendenziell pessimistisch eingestellte Menschen.

Was haben diese Ergebnisse mit den Ideen der element-i Pädagogik zu tun? Die Elementarpädagogik, aber auch die Schulpädagogik und unsere Ausbildungsstätten sind darauf ausgelegt, möglichst viele positive Eigenschaften und Potentiale der Mitarbeiter*innen offenzulegen und gezielt zu fördern. In unserem Netzwerk gibt es Fachberatungen, Praxiscoaches, Teamleitungen, Mentor*innen, Quereinsteiger*innen, Erzieher*innen, Native Speaker*innen, Student*innen, Themenexpert*innen, Fachschüler*innen. Sie alle bringen ihre Expertise an den entsprechenden Stellen wie in Qualitäts-Werkstätten, Seminaren, Basisbausteinen, Fachzirkeln etc. ein, stellen Fragen und entwickeln in diesen Formaten und anderswo neue Ideen. Einerseits teilen die Menschen dort ihr Wissen, können jedoch ebenso neues Wissen auf- und bestehendes Wissen ausbauen. Mit einer grundlegend optimistischen Haltung, nach der wir aus diesen Settings schöpfen können, gehen wir alle täglich unserer Arbeit nach.

Im besten Falle zeigen sich die Ergebnisse in den element-i Häusern, in denen die Kompetenzen und Potentiale der Kinder beachtet, ihre Gedanken aufgenommen und sie mit aufrichtigem Interesse wertgeschätzt werden oder die Zone der nächsten Entwicklung in den Blick genommen wird – begleitet von kompetenten und optimistischen Mitarbeiter*innen.

In Teamsitzungen wird darüber nachgedacht, wie Familien unterstützt werden können, die es schwer haben. Es gibt unzählige Beispiele, die Sie aus den Häusern bestens kennen. Der Blick ist – unserer Vision entsprechend – fortwährend prospektiv, also auf eine gestaltbare Zukunft und Weiterentwicklung unseres gesellschaftlichen Kontextes gerichtet.

Wenn die Kinder mit dieser lebensbejahenden Perspektive erzogen werden, in der sie die Erfahrung machen, selbstwirksam entscheiden zu dürfen, gehört und beschützt werden, ihre Potentiale erkannt werden, ihr Tun Anerkennung findet etc., so öffnet es möglicherweise für sie eine Perspektive: eine, die es ihnen ermöglicht darüber nachzudenken, ob das Glas für sie halbvoll oder halbleer ist.

Literatur

Carver, C., & Scheier, M. (Februar 1985). Optimism, Coping, and Health: Assessment and Implications of Gerealized Outcome Expecancies. Health Psychology, S. 219-247.

Diener, E., Emmons, R., Griffin, S., & Larsen, R. (1985). The Satisfaction With Life Scale. Journal of Personality Assessment, S. 233.

Renner, B., & Weber, H. (2005). Optimismus. In Handbuch Persönlichkeitspsychologie und Differenziellen Psychologie (S. 446). Göttingen: Hofgrefe Verlag.

Scheier, M., & Carver, C. (1992). Effects of optimism on psychological and physcal well beeing: Theoretical overview and empirical update. Cognitive Therapy and Research, 207.

Mehr von Benjamin Decker

Kita und Schule 2.0: Welche Skills brauchen unsere Kids für die Zukunft? 

Weltweit verändern sich Institutionen und das Verständnis von Bildung rapide – das war auch vor Corona schon so. Allerdings hat die Pandemie gnadenlos aufgedeckt, was in unserem Bildungssystem funktioniert und was nicht. In der Krise hat sich gezeigt, dass vor allem die autarken Schulen freier Träger gut funktionieren, weil sie in der Bildung andere Wege des Lernens beschreiten. 

In freien Schulen, so wie auch in den element-i Grund- und Gemeinschaftsschulen, wird Bildung individualisiert. Sie hat nicht mehr die Anpassung an gesellschaftliche Gegebenheiten zum Ziel, sondern fördert die individuellen Talente der Schüler*innen, sodass sie sich zu selbstbewussten, mündigen und starken Menschen entwickeln können, die sich und die Welt reflektieren sowie Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Sicher auch ein Grund, warum private Schulen seit Jahren wachsende Schüler*innenzahlen verzeichnen.  

Naturwissenschaften im Fokus

In Europa und Nordamerika erwerben zudem immer mehr Menschen eine akademische Ausbildung, werden immer mehr zu Arbeitnehmern in den Bereichen Forschung, Technik und Entwicklung. In einer solchen Wissensgesellschaft wird es für eine alternde Bevölkerung wie in Deutschland immer schwerer, mit der Konkurrenz aufstrebender Länder wie China oder Indien mitzuhalten.  

Freie Kindertagesstätten und Schulen setzen in ihren Lehrplänen oft einen MINT-Schwerpunkt, konzentrieren sich früh auf die Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Viele element-i Kinderhäuser wurden bereits als „Haus der kleinen Forscher“ zertifiziert. Darüber hinaus erfolgt die Betreuung häufig bi- oder trilingual durch den Einsatz von Muttersprachlern. In den Kitas sicherlich noch, um die Kinder durch Sprachimmersion an andere Sprachen heranzuführen, später in den Schulen dann für den sicheren Spracherwerb. 

Im Umkehrschluss bedeutet das allerdings für die Erzieher*innen: Je stärker sich die Wissensgesellschaft ausprägt, je größer die Konkurrenz durch Schwellenländer wird und je höher die Leistungserwartungen an erwerbstätige Eltern werden, umso mehr wachsen die Ansprüche an Betreuung. Erzieher*innen müssen nicht nur die Bildung von Kleinkindern intensivieren, sondern auch den abnehmenden Einfluss der Familienerziehung kompensieren. Das wird nur mit einer qualitativ guten Ausbildung, einer intensiveren Fortbildung sowie besseren Rahmenbedingungen möglich sein.  

Vorbereitet sein auf die Welt von morgen

Bildung wird immer digitaler und eröffnet damit ganz neue Chancen. „Warum sollten Schüler beim Durchführen eines Experiments nur zuschauen, wenn sie das im virtuellen Laboratorium selber durchführen können?“, fragt OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher, Chef der Pisa-Studie. Gleichzeitig sei die Technologie in der Lage, das Lernen der Schüler*innen feinkörnig zu erfassen. Sie könne sehr genau erkennen, wo eine Schülerin oder ein Schüler Probleme habe – und die Aufgaben passgenau adaptieren. „Als Lehrkraft von heute und morgen müssen Sie ein guter Coach sein, ein guter Mentor“, sagt Schleicher. „Sie müssen Ihre Schüler als Personen kennen, nicht nur Ihr Unterrichtsfach.“  

Es geht längst nicht mehr darum, alles zu wissen. Durch den täglichen Informationszuwachs wird Wissen ständig mehr, veraltet aber auch schneller. Der Vorteil von heute: Es ist leichter zu finden als früher – dank des Internets als flexibler, schier unerschöpflicher Wissensquelle. In Zukunft werden deshalb Menschen gefragt sein, die mit Wissen und Nichtwissen souverän umgehen können. Anstatt eines „Universalwissens“ benötigen sie vielmehr Kreativität und die Fähigkeit, Kontexte herzustellen. Fähigkeiten, die auf der Erfahrungsebene entstehen – etwas, das Maschinen (noch) nicht nachvollziehen können.  

Schüler*innen zu ganzheitlichen Persönlichkeiten bilden

In freien Einrichtungen bedeutet „Lernen“ nicht „Auswendiglernen“ von Wissen, sondern Kompetenzerwerb. Und die beste Voraussetzung, die ein Bildungssystem seinen Schüler*innen dafür geben kann, ist eine ganzheitlich gebildete Persönlichkeit. Die Schule der Zukunft vermittelt ihren Schüler*innen Selbstwirksamkeitserfahrungen, die ihnen helfen, auch unter schwierigen Umständen optimistisch zu bleiben und eigene Lösungen und Wege zu suchen. So wie aktuell in Zeiten einer gesamtgesellschaftlichen Krise. Selbstständiges Lernen gehört element-i Einrichtungen zum Alltag. Die meisten Schüler*innen hatten keine Schwierigkeiten, sich auf das digitale und selbstständige Fernlernen umzustellen.  

Fazit

Kreativität und eine ganzheitliche Persönlichkeit sind die Ziele des Humboldt’schen Bildungsideals, das insbesondere in freien Einrichtungen ein Revival erfährt. Schulen und Kindertagesstätten, die sich zudem die Vermittlung von Neugierde, Freude, Forschergeist auf die Fahnen geschrieben haben, geben dem Nachwuchs alles an die Hand, was der für die Herausforderungen des Lebens benötigt. 

„Die Schule der Zukunft muss digitaler, sozialer, individueller und stärker kompetenzorientiert sein“, bestätigt auch Lehrergewerkschafter Udo Beckmann, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung. In einer Welt, in der es nicht mehr nur um Wissen geht, das in Zeiten des Internets schneller verfügbar ist als zuvor, sondern darum, mit dem verfügbaren Wissen kreativ Probleme zu lösen.

Mehr von Christian Klar

Mit Kindern über Trauer sprechen

Kinder mit Themen wie Tod oder auch Trauer zu konfrontieren, wird von vielen Erwachsenen vermieden. Dahinter mag die Sorge stecken, die Kinder würden übermäßig belastet – und davor möchte man sie bewahren. Die Erwachsenen verkennen, dass sie die Kinder damit aus Trauerprozessen wie auch dem Umgang mit dem Tod ausschließen. Und dabei ist der Tod – auch im Kinderhaus-Alltag – allgegenwärtig: Eine Amsel fliegt gegen die Scheibe der Kita und stirbt. Auf dem Waldtag finden die Kinder eine tote Maus. Ein Kind kommt in die Einrichtung und berichtet, dass die Familien-Katze verstorben ist oder sogar ein geliebter Mensch.

Die Pädagog*innen kommen bisweilen in Erklärungsnöte oder versuchen, der Trauer der Kinder mit Beschwichtigungen wie „Die Katze sitzt jetzt auf einer Wolke und schaut dir zu“ zu begegnen. Dabei ist es wichtig, Kindern das Trauern zuzugestehen und den Verlust, den sie erlebt haben, zu verarbeiten oder die Fragen, die sie sich und anderen stellen, zu beantworten. Wie können Sie im Kinderhaus-Alltag in angemessener Form mit Trauer und Tod umgehen?

Kinder haben Fragen über Sterben und Tod

Wird ein Tier, wie etwa eine Amsel am Fenster oder eine Maus beim Spaziergang, tot aufgefunden, stellen die Kinder mitunter Fragen wie: „Schläft die Maus nur?“ oder „Wenn die Maus dann lange genug tot gespielt hat, dann wacht sie schon auf, oder?“. In Situationen wie diesen braucht es kein besonderes Setting für ein Gespräch über den Tod. Vielmehr ist es wichtig, den Kindern wahrheitsgemäß zu antworten. Geben Sie auf die Fragen, die die Kinder stellen, direkte und knappe Antworten. Das befriedigt oftmals das erste Interesse der Kinder. Es sollte Sie als erwachsene Begleiter*innen nicht irritieren, wenn Kinder „nur“ nüchtern die eine Frage stellen, die sie in dem Kontext gerade interessiert, und dann wieder zu ihrem vorherigen Thema oder Spiel zurückkehren.

Es kann ebenso vorkommen, dass ein Kind die Idee äußert, die Amsel zu beerdigen, weil es schon einmal gehört hat, dass man so etwas mit Toten macht. In den element-i Kinderhäusern oder besser in den element-i Gärten wurden und werden Beerdigungen zeremoniell begangen. Davon berichten Pädagog*innen von Zeit zu Zeit. Auf das Grab des verstorbenen Tieres wird zum Beispiel ein Kreuz wie auf dem Friedhof angebracht. Die Kinder versammeln sich um das Grab und zelebrieren eine Beerdigung nach ihren Vorstellungen. Auch bei solchen Beerdigungen kann es Kinder geben, die kurz vorbeischauen und feststellen, dass das gerade nicht ihr Thema ist und wieder verschwinden.

Die Antennen der Kinder sind sehr fein, und so bemerken sie genau, ob Ihnen ein Gespräch zum Thema Trauer und Tod unangenehm ist oder nicht. Und das kann den weiteren Gesprächsverlauf maßgeblich beeinflussen.

Trauer um eine nahestehende Person

Wie bereits angedeutet, unterscheidet sich die kindliche Trauer zu der von Erwachsenen an einigen Punkten. So trauern Kinder mit ihrem ganzen Körper. Wir können es viel deutlicher in ihrem Verhalten erleben als bei Erwachsenen, sie weinen häufiger und besonders in dem Moment, in dem sie die Trauer empfinden. Denn Kinder leben, wie wir wissen, in der Gegenwart, und so ist es nicht ungewöhnlich, dass auf Momente tiefer Trauer ausgelassenes Spiel folgt. Erwachsene versuchen häufiger, ihre Gefühle zu beherrschen, wenn sie der Meinung sind, Zeitpunkt und Ort wären für die Trauer unangebracht. Kinder sind in im Gegensatz dazu spontan und aufrichtig. Reaktionen wie Wut, Protest oder große Trauer können dabei immer wieder an- und abschwellen. Bei Kindern vermischt sich noch häufig die Fantasiewelt mit der Realität. Kinder entwickeln eigene Ideen, wo der Verstorbene nun sein könnte oder was dieser nun so macht. Hierdurch, wie auch durch die Ambivalenz im Trauerverhalten, versuchen die Kinder sich den schwierigen Situationen zu entziehen, die sie als anstrengend empfinden oder die sie überwältigen.

Dennoch muss den erwachsenen Begleiter*innen bewusst sein, dass ein Kind auch dann trauert, wenn es nicht durchgehend weint. Der Verarbeitungsprozess macht sich z. B. durch Verhaltensweisen wie plötzliches Toben oder Schreien sowie Nachahmungen im Rollenspiel bemerkbar.

Auch gibt es Kinder, die einen nahen Angehörigen verloren haben und für ihre Eltern keine Belastung darstellen wollen und sich zusammennehmen. Im Allgemeinen ist es ratsam, mit den Eltern eines trauernden Kindes ins Gespräch zu gehen, um über den innerfamiliären wie auch kulturellen Umgang mit dem Thema Trauer und Tod Informationen zu erhalten und in einen Austausch zu gehen. Hierbei können Empfehlungen von Margit Franz hilfreich sein:

Abschied ermöglichen: Auch Kinder möchten sich von der gestorbenen Person verabschieden. Zum Beispiel könnten Kinder die Möglichkeit bekommen, den Verstorbenen zu sehen oder gar zu berühren, um „erfassen“ zu können, dass der geliebte Mensch tot ist.

Alltag gibt Sicherheit: Rituale und ein gut gelebter Alltag geben Kindern Sicherheit, Orientierung und Halt. So sollten Aufsteh- oder Zu-Bettgeh-Rituale beibehalten werden, genauso wie das Wahrnehmen von der Tagesbetreuung oder sportlichen Aktivitäten. Das hilft Kindern zu verstehen, dass sich durch die veränderte Familiensituation nicht das gesamte Leben verändern muss.

Achtsamkeit und Aufmerksamkeit: Nicht nur Erwachsene werden in Krisensituationen verunsichert, auch Kinder spüren, dass etwas in der Familie vor sich geht. Gerade in dieser Zeit ist es wichtig, sich dem Kind zuzuwenden und aufmerksam zu sein für die Bedürfnisse des Kindes.

Authentisch bleiben und Vorbild sein: Kinder können damit umgehen, wenn sie die Gefühle von Erwachsenen sehen und einordnen können. Das kann für sie einfacher sein, als zu erleben, dass Erwachsene versuchen, „normal“ zu sein und ihre Gefühle zu verstecken. Wir sollten Kindern auch die Möglichkeit geben, Trost zu spenden, wenn sie das möchten.

Ganz wichtig ist, dass wir Kindern vertrauen sollten. Sie sind in der Lage, eigene Wege aus der Trauer zu finden – so wie sie auch in der Lage sind, andere Entwicklungsschritte zu meistern. Dies kann ihnen jedoch nur gelingen, wenn sie auch zu diesem traurigen Thema einen Zugang bekommen und auf Erwachsene treffen, die empathisch auf sie eingehen und sich nach den kindlichen Bedürfnissen und im Tempo des jeweiligen Kindes oder der Kindergruppe der schmerzhaften Thematik nähern.

Tod und Trauer in anderen Kulturen

Für einen anderen Blick auf die Themen Tod, Sterblichkeit und Trauer möchte ich Ihnen Umgangsformen und Rituale aus anderen Kulturkreisen zur Verfügung stellen:

Auf der indonesischen Insel Sulawesi lebt ein Volk, die Toraja, welche den Tod als den Höhepunkt des Lebens feiern. So wird der Tote zunächst zu Hause aufbewahrt, was sich über mehrere Monate hinziehen kann, da die Toraja hauptsächlich zwischen Juni und August ihre Begräbnisse abhalten. Das stimmt die Familie wie auch die Geister, an die dieses sehr naturverbundene Volk glaubt, glücklich und erfüllt sie mit Freude. Mehrere Tagelang feiern die Menschen den Tod und verwandeln diesen in ein Fest. Je mehr Menschen mitfeiern, umso angesehener war der Tote. Ebenso werden die Mumien am Ma’Nene exhumiert und frisch angezogen, um dann durch das Dorf geführt zu werden (Asien Special Tours 2015).

Dia de los Muertos: In Mexiko feiert man bereits seit dem 16. Jahrhundert den Tag der Toten und ursprünglich geht dieser Brauch auf die Azteken zurück. Nach mexikanischem Glauben kehren an diesem Tag die Toten zu ihren Angehörigen zurück, um sie zu besuchen. Und so wird an diesem Tag nicht nur der Tod, sondern auch das Leben gefeiert. Die Feierlichkeiten erstrecken sich insgesamt über drei Tage. Dabei werden die Lieblingsspeisen und -getränke der Verstorbenen angeboten, und es wird ausgelassen gefeiert. Es gehört auch dazu, sogenannte Ofrendas (Willkommensgeschenke) für die Verstorbenen in der Wohnung und an Lieblingsplätzen der Verstorbenen zu platzieren. Das soll ihnen signalisieren, dass sie auf der Welt willkommen sind. Übrigens ist dieser Ritus seit 2003 auch Teil des UNESCO-Weltkulturerbes (Ward 2017).

Bei unseren Nachbarn in Holland wird eine Urne nach der Einäscherung für vier Wochen im Krematorium aufbewahrt, um „auszukühlen“. In dieser Zeit soll die Familie zur Ruhe kommen, sich sammeln und dann entscheiden, wo der Verstorbene seine „letzte Ruhe“ finden soll.

Auch in Deutschland gibt es mittlerweile einige neue Möglichkeiten der Bestattung. Nicht jeder oder jede Tote muss auf einem Friedhof die letzte Ruhe finden. Je nach dem Willen des Verstorbenen kann es Wald-, See- oder Ballonbestattungen geben.

Jede Person begegnet diesem Thema auf ihre Weise. Die Kinder sollten einen für sie passenden Weg finden und nicht unbedingt den von Ihnen individuell gewählten Weg mitgehen. Geben Sie den Kindern Raum für verschiedene Wege. Sollten Sie spüren, dass Sie Schwierigkeiten in der Auseinandersetzung mit dem Themen Tod und Trauer haben, zögern Sie nicht, sich bei einem nahestehenden Menschen oder einer professionellen Stelle zu holen.

Literatur:

Asien Special Tours (2015): Leben mit dem Tod: die Begräbnisriten der Toraja auf Sulawesi. Abrufbar unter:
https://www.indonesien-rundreisen.de/indonesien-blog/tana-toraja-indonesien/ (zuletzt aufgerufen am 25.5.2021)

Franz, Margit (o.J.): Handout zum Seminar „Trauern mit Kindern“. Unveröffentlichtes Manuskript. Darmstadt

Ward, Logan (2017): 10 Dinge, die man über den Día de Muertos wissen sollte. Abrufbar unter:
https://www.nationalgeographic.de/geschichte-und-kultur/2017/10/10-dinge-die-man-ueber-den-dia-de-muertos-wissen-sollte (zuletzt aufgerufen am 25.5.2021)

Mehr von Franziska Pranghofer

Einladung zu den Elterninfoabenden der Freien element-​​i Schulen 

Wir laden alle interessierten Eltern aus Stuttgart herzlich zu den Infoabenden der Freien element-i Grund- und Gemeinschaftsschulen ein. Es wird für beide Schulen jeweils einen Präsenz- und einen Online-Termin geben: 

Freie Grundschule im STEP Stuttgart 
Dienstag, 12. Oktober 2021, 19 Uhr
digitale Veranstaltung

Freie Grund- und Gemeinschaftsschule Stuttgart
Dienstag, 23. November 2021, 19 Uhr
Wankelstr. 5, 70563 Stuttgart-Vaihingen, Akademieraum der FDFP

Montag, 29. November 2021, 19 Uhr
digitale Veranstaltung

Freie Grund- und Gemeinschaftsschule Karlsruhe
Dienstag, 16. November 2021, 19 Uhr
Bildungshaus Karlsruhe, Konrad-Zuse-Str. 11-13
76131 Karlsruhe

Montag, 22. November 2021, 19 Uhr
digitale Veranstaltung

Zur Anmeldung

Bitte beachten Sie: Bei den Präsenzveranstaltungen gilt die 3G-Regel. Zutritt in unsere Einrichtungen erhalten nur Geimpfte, Genesene mit Auffrischimpfung nach sechs Monaten oder Getestete mit negativem Antigen-Schnelltest (nicht älter als 24 Stunden) oder PCR-Test (nicht älter als 48 Stunden). Sollte die aktuelle Lage eine Präsenzveranstaltung nicht zulassen, werden wir die Veranstaltung ggf. online durchführen. 

Beim Eltern-Infoabend erfahren Sie alles über unsere element-i Pädagogik für freie und starke Kinder. Wir informieren Sie über die Tagesstruktur in der Grundschule, das altersübergreifende, interessenorientierte Lernen in den Lernhäusern sowie die individuelle Lernbegleitung der Kinder. Im Anschluss stehen Pädagog*innen vor Ort für eine offene Fragerunde zur Verfügung. 

Mehr Informationen über unsere Elterninfoabende finden Sie unter: https://www.element-i.de/infoveranstaltungen-der-element-i-schulen/ 

Die element-i Pädagogik steht für freie und starke Kinder. Schule soll Spaß machen können und Kinder bringen die perfekten Voraussetzungen mit: Sie sind von Natur aus neugierig und wollen ihre Umgebung erforschen. Sie wollen lernen, wenn man sie ermuntert und nicht entmutigt. Unsere element-i Schule bietet jedem Kind die Freiheiten und die Grenzen, die es braucht, um sich entfalten zu können. Unsere pädagogischen Fachkräfte geben ihm die notwendige Unterstützung, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, die Gesellschaft mitzugestalten und sich kreativ mit Fragen der Umwelt und Technik, Kultur und Kunst auseinanderzusetzen. Hier erfahren Sie mehr zur Pädagogik für Ihr Kind: https://www.element-i.de/die-paedagogik/element-i-in-der-schule/ 

Der kindliche Schlaf: Von magischen Momenten und Einschlafstrategien

Schlafen ist ein grundlegendes Bedürfnis des Menschen. Ruhe, Entspannung und Erholung sind für den Organismus genauso wichtig wie Nahrung. Dazu kommt, dass jeder Mensch eigene Vorlieben zur Erfüllung seines Ruhe- und Schlafbedürfnisses hat: Der eine schläft bei Licht, der andere beim TV-Geräusch, der nächste muss lange schlafen, um erholt zu sein, und manche schlafen wie ein Stein.

Diese Vorlieben sowie das Schlafbedürfnis an sich entwickeln sich erst im Laufe des Lebens. Auch für Säuglinge und Kleinkinder ist Schlaf ein wichtiges Grundbedürfnis, verläuft jedoch anders als beim Erwachsenen. Gerade mit Blick auf den Ausbau der Kita-Plätze für Kinder unter 3 Jahren gerät der kindliche Schlaf und dessen Begleitung in den Fokus und die Praxis der Elementarpädagogik. Schlaf ist ein sensibles Thema in der Zusammenarbeit mit den Eltern, da Schlaf als geteiltes Betreuungsfeld direkte Auswirkungen auf die familiären Abläufe haben kann.

Beim Schlafen kommen Muskeln und Sinne zur Ruhe und sind nicht einsetzbar. Evolutionär betrachtet, ist der Schlaf die Zeit, in der der Mensch am anfälligsten ist: Denn er ist nicht in der Lage zu fliehen oder sich zu verteidigen. Entsprechend gelingt uns diese Entspannung und das Abschalten aller Sinne nur, wenn wir uns sicher und geborgen fühlen. Babys und Kleinkinder können für diese Sicherheit noch nicht selbstständig sorgen und aktivieren daher insbesondere das Bindungssystem zur vertrauten Bezugsperson, indem es deren Nähe, Schutz und Körperkontakt sucht (vgl. Renz-Polster 2017). Gleichzeitig braucht es möglichst vertraute und sicher Abläufe. Das bedeutet konkret: eine liebevolle, rituelle und achtsame Begleitung (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 22).

Entwicklung des Schlafbedürfnisses und die Funktionen von Schlaf

Wir alle wissen mittlerweile, dass sich der Schlaf in unterschiedliche Phasen unterteilt. Hier gibt es die Tiefschlafphase, in der der Großteil des Erholungsprozesses stattfindet und Weltwissen verarbeitet und abgespeichert wird. Daneben steht die Traumphase (auch REM-Phase genannt), in der emotionale Erlebnisse gespeichert werden und die die Basis für die Verarbeitung neuer motorischer Fähigkeiten ist. Oft schließt sie sich dem Tiefschlaf an, bevor der Zyklus von Neuem beginnt (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 37). Die Dauer diese Schlafzyklen ist je nach Lebensalter unterschiedlich lang:

1. Lebensjahr: 50-60 Minuten je Zyklus 
2. Lebensjahr: 70-80 Minuten je Zyklus 
bis 6. Lebensjahr: ~ 90 Minuten je Zyklus 

Ein Baby erwacht sogar oft nach jedem Wechsel der Schlafphase und muss erst lernen, von allein wieder einzuschlafen (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 28). In ähnlicher Weise ändert sich der Schlafbedarf der Kinder über die ersten Lebensmonate und -jahre hinweg. Der Bedarf ist hierbei auf den gesamten Tag zu rechnen, sodass deutlich ist, dass Tages- und Nachtschlaf in enger Beziehung und Abhängigkeit zueinander stehen.

Alter  durchschnittlicher Gesamtschlaf  Episodenzahl 
bis zum 2. Lebensmonat  ~ 15 Stunden  verteilt über den gesamten Tag, keine Unterscheidung zwischen Tag und Nacht 
3.-6. Lebensmonat  ~ 13 Stunden  in 2-4 Schlaf-Episoden 
1.-2. Lebensjahr  ~ 12 Stunden  in 1-2 Schlaf-Episoden 
2.-3. Lebensjahr  12 Stunden  in 0-1 Schlaf-Episoden 
3.-5. Lebensjahr  11,5 Stunden  in 0-1 Schlaf-Episoden 

(vgl. Kramer & Gutknecht, 2018, S. 35f)

Oben wurde schon beschrieben, dass der Körper im Schlaf Sinne und Körperbewegungen eingeschränkt. Die Körpertemperatur wird außerdem reduziert, Atmung und Puls wie auch die Stresshormone sinken ab. In den Tiefschlafphasen konnten hohe Werte der Wachstumshormone nachgewiesen werden, was besonders für das Wachstums des Gehirns und des zentralen Nervensystems wichtig ist. Grundlegende hormonelle Veränderungen im Schlaf führen zu wichtigen Aufbauvorgängen im Stoffwechselsystem (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 25f).

Ausreichend Schlaf und Ruhe führen entsprechend zu einer besseren kognitiven Entwicklung und Gedächtnisleistungen. Das bedeutet umgekehrt, dass Schlafmangel und schlechte Schlafqualität zügig Stimmungsschwankungen, Wahrnehmungsprobleme, Unkonzentriertheit und eine Neigung zu Infektionskrankheiten sowie Unfällen nach sich ziehen (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 26).

Müdigkeitsanzeichen und Einschlafstrategien

So wie die Entwicklung eines jeden Kindes unterschiedlich ist, so sind auch die Anzeichen von Müdigkeit und die Strategien zum Einschlafen unterschiedlich. Es gilt daher gerade im Krippen-Bereich, jedes Kind genau zu beobachten und seine Anzeichen und Strategien kennenzulernen. Unabdingbar ist hierzu ein ausführliches Gespräch zu Beginn der Eingewöhnung, das die Rituale und Abläufe zu Hause thematisiert. Auch im Verlaufe der Zeit ist ein regelmäßiger Austausch mit den Eltern bedeutend, um gute Schlafsituationen für jedes Kind zu schaffen.

Die Kinder müssen eine Strategie zum Einschlafen erst entwickeln. Neben neurobiologischen Prozessen sind auch Temperament und schon gelernte Verhaltensmuster Einflussfaktoren. Die Regulation von Wach- und Ruhezustand ist daher eine elementare Entwicklungsaufgabe der ersten Jahre. Die meisten Kinder in der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres haben noch keine Strategie zum selbstständigen Wiedereinschlafen und benötigen entsprechend Hilfe von vertrauten Personen. Erst im 2. und 3. Lebensjahr konstituieren sich zunehmend das Repertoire an selbstgesteuerten Mechanismen zur Regulation von Emotionen und Erregung (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 30).

Die Einschlafstrategien unterschieden sich in selbstgesteuerte und personenbezogene Strategien. Selbstgesteuerte Strategien sind Embryohaltung einnehmen, am Daumen oder Schnuller nuckeln, mit Kuscheltier oder Händen spielen, brabbeln, zu den personenbezogenen zählen Stillen oder Fläschchen geben, Wiegen im Arm, Streicheln, Körperkontakt, Singen, Musik/Geräusche. Besonders in schwierigen Phasen (Fremdel- und Trotz-Phase, schwierige Lebensereignisse) finden beide Strategien Anwendung. Diese sollten genau an den Bedürfnissen des Kindes ausgerichtet sein. Gleichzeitig sollte man im Blick behalten, dass das Kind es wieder schafft, sich stärker zu den selbstgesteuerten Einschlafstrategien hin zu entwickeln, alles unter dem Fokus der Ermutigung und Hilfe (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 31f).

Kleinkinder verfügen meist noch nicht ausreichend über die sprachlichen Voraussetzungen, ihre Müdigkeit zu verbalisieren. Sie wählen naturgegeben andere Möglichkeiten wie Gestik, Mimik u. ä. Für Personen außerhalb des Eltern-Kreises sind Einschätzung und Interpretation der Anzeichen zunächst schwierig. Neben den leicht erkennbaren Anzeichen wie Augenreiben oder -zufallen, stierender, glasiger Blick suchen viele Kinder gezielt und vermehrt Körperkontakt zu vertrauten Personen. Oft spielen sie mit eigenen Körperteilen, wie Haaren, Ohren, Kleidungsstücken (oder auch denen der Bezugsperson) oder lehnen den Kopf an. Manche Kinder sind im Zustand der Müdigkeit besonders weinerlich und jammern. Besonders wenn die Müdigkeit schon weit fortgeschritten ist, fangen viele Kinder an, motorisch aufzuspulen, und sind übermäßig aktiv, wobei die Koordination ihrer Bewegungen oft nachlässt. Das Kind ist deutlich weniger konzentriert, reagiert auf Ansprache oder Aufgaben teilweise gar nicht mehr und das Unfallrisiko steigt. Einige Kinder zeigen in Müdigkeitssituationen herausforderndes Verhalten und beißen, schlagen, kratzen oder streunen mehr oder weniger orientierungslos im Raum umher (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 23).

Den Übergang zum Schlaf und zurück begleiten

Gleich vorweg sei gesagt: Babys und Kinder werden nicht verwöhnt, wenn sie in den Schlaf begleitet werden – auch wenn dies in älteren Erziehungsratgebern und Fachbüchern so postuliert wurde. Das Kind ist ein ‚Gemeinschaftsschläfer‘, das jemanden braucht, um für seine Sicherheit zu sorgen. Die Begleitung in den Schlaf ist eine natürliche Erwartung, die gestillt werden will (vgl. Renz-Polster 2017).

Wie bereits dargestellt, ist der Schlaf der Moment des Schutzlosen. Entsprechend braucht das Kind in dieser Situation umso mehr das Gefühl von Schutz und Geborgenheit. Mit Blick auf die eben vorgestellten individuellen Strategien zum Schlafen und Anzeichen für Müdigkeit bedarf es einer individuellen Begleitung. Konkret nennt sich dies eine responsive Schlafbegleitung. Responsiv bedeutet hierbei, dass die Interaktionen und das Verhalten des Erwachsenen gut abgestimmt ist auf die Signale, die das Kind aussendet. Damit verbunden ist eine entsprechend feinfühlige Beobachtung und Deutung dieser Signale. Besonders in der Übergangssituation ist dies bedeutend.

Betrachten wir den Übergang zum Schlafen in der Praxis, kann man außerdem feststellen, dass dieser Übergang meist sehr lang ist. Letztlich wird er schon mit dem Übergang zum Mittagessen (sofern es sich um einen Schlaf zum Mittag handelt) eingeleitet. Schlaf steht auch in enger Verbindung mit dem Sättigungsgefühl. Die Herausforderung besteht darin, Kinder mit unterschiedlichen Stimmungslagen und körperlichen Spannungsvoraussetzungen sowie individuellen Bedürfnissen feinfühlig und responsiv zur Ruhe und Entspannung zu begleiten (vgl. Kramer & Gutnecht 2018, S. 40).

Wichtig ist es, sich zum einen den Ablauf des Übergangsprozesses an sich anzuschauen, zum anderen die Rolle der Fachkraft. Dass die Fachkraft die Signale des Kindes sehen, deuten und darauf abgestimmt reagieren soll, wurde dargelegt. Doch auch die Empfindungen und Stimmungen der Fachkraft spielen beim Übergang eine Rolle. Ist man als Fachkraft selbst gestresst, genervt, gehetzt, wirkt sich dies durch die Vitalfunktionen der Fachkraft direkt auf die Kinder aus: Sie suchen mehr Nähe, brechen aus den Ritualen aus oder finden lange nicht zur Ruhe. Es gilt also, sich selbst wiederholt zu reflektieren und für die eigene passende Stimmungs- und Erregungslage zu sorgen.

Der Übergangsprozess selbst kann an verschiedenen Punkten angeschaut werden: Wie viele Stationen müssen die Kinder bewältigen (je weniger, desto besser)? Wie verläuft der Tagesablaufpunkt zuvor? Welche Rituale gibt es, und passen sie zu den Bedürfnissen der aktuellen Kindergruppe? Gerade mit Blick auf ritualisierte Handlungsabläufe und erkennbare Signale für die Kinder lassen sich folgende Überlegungen anstellen:

Skripte: Dies ist eine methodische Unterstützung zur Bewältigung von Alltagssituationen. Es werden stets die gleichen Gegenstände und Materialien verwendet, die Handlungsabfolgen sind gleich und der Ablauf transparent. Unter dem Fokus Schlafen bieten sich zum Beispiel feste Orte, situationsbezogene Lieder und Sprüche oder akustische Signale (z. B. Klangschale) an. Auch sinnliche Erfahrungen über Licht und Gerüche können mit einbezogen werden (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 42f).

Ankerplätze: Dieser gibt eine bestimmt Wohlfühltätigkeit vor und unterstützt so die Selbstregulation des Kindes beim Warten. Fürs Schlafen-Gehen bieten sich Kuschelsofas, Leseplätze oder ähnliches an, die charakteristisch eingegrenzt und für alle einsehbar sind. Die Situation am Ankerplatz sollte nach Möglichkeit von einer Fachkraft konstant begleitet werden (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 46).

Magische Momente: Ein solcher wird bewusst erzeugt, indem die Fachkraft gezielt etwas an der Situation oder Atmosphäre verändert. Die Veränderung sollte für die Kinder möglichst sinnlich wahrnehmbar sein und führt so zu einem Innehalten und Umstellen zum Ruhemodus. Konkret kann dies ein abgedunkelter Raum, ein besonderer Duft, das Flüstern der Fachkräfte oder das Innehalten vor dem Raum-Wechsel sein (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 49).

Gruppierung: Die Gruppe der Kinder in Verbindung mit dem Ablauf sollte so strukturiert sein, dass möglichst nicht alle zu einer Zeit das Gleiche machen. So reduziert sich das buchstäbliche Chaos, und den Kindern wird deutlich mehr Lernerfahrung und Partizipation ermöglicht (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 44f).

Neben den Prozessen spielt der Schlafraum eine bedeutende Rolle. Dieser sollte durch seine Gestaltung ein Ort der Ruhe, Entspannung, Geborgenheit sein und Sicherheit und Wohlbefinden vermitteln. Einen so gestalteten Raum verbinden die Kinder dann mit beziehungsvoller Fürsorge. Jedes Kind findet dort seinen eigenen, individuell auf seine Bedürfnisse abgestimmten Schlafplatz vor. Abgrenzungen zwischen den Matratzen oder Schlafplätzen können sinnvoll sein. Auch die Farb- und Lichtgestaltung sollte bewusst gewählt werden. Die Lage des Schlafraums selbst ist bei einem Bau meist vorgegeben. Es sollte darauf geachtet werden, dass dieser Bereich während des Schlafens möglichst ruhig und ungestört ist.Zwischenstationen wie Zähneputzen oder Wickeln sind möglichst zu vermeiden und lassen sich meist gut auf die Zeit vor dem Essen und nach dem Schlafen legen. Ein Besuch im kalten, oft hellen Waschraum zum Händewaschen treibt die Aktivität der Kinder wieder hoch, besonders wenn mit kaltem Wasser gewaschen wird. Hier bietet es sich an, die Kinder nach dem Essen mit einem Lappen gut zu säubern (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 50).

Hat man den Weg in den Schlafraum bewältigt, schlafen die Kinder noch nicht. Hier sei nochmal an die Einschlafstrategien erinnert und daran, dass einige Kinder die feinfühlige und bewusste Begleitung eines Erwachsenen brauchen. Manchen reicht es, wenn eine vertraute Person daneben liegt, andere brauchen den direkten Körperkontakt, eine Begrenzung oder einen Gesang. Gerade letzteres kann auch dazu dienen, den eigenen Erregungszustand zu reduzieren und dem Kind dadurch zu einem entspannten Einschlafen zu verhelfen. Natürlich spielen besonders beim Schlafen die Übergangsbegleiter (Kuscheltier & Co.) eine bedeutende Rolle. Brauchen Kinder den Kontakt zum Körper des Erwachsenen, ist es wichtig, diesen nicht abrupt zu beenden, wenn das Kind schläft, sondern nach und nach zu lösen. Ähnlich auch, wenn die selbstgesteuerte Strategie ohne Körperkontakt unterstützt werden soll. Dies sollte ein Prozess sein, der dem Kind noch die nötige Sicherheit gibt (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 64).

So wie man die Kinder in den Schlaf begleitet, so ist es auch notwendig, sie aus dem Schlaf heraus zu begleiten. Kinder sind auch hier wieder individuell und folgen ihrem eigenen Ablauf und ihren Bedürfnissen. Die Aufwachphase muss entsprechend ebenso responsiv begleitet werden wie die Einschlafphase. Während einige Kinder mit dem Augenaufschlag wieder in der Welt angekommen sind und direkt ins Geschehen starten, benötigen andere Kinder einige Zeit, zu träumen und nach und nach richtig wach zu werden. Gerade dafür sollte es in der Einrichtung einen ruhigen Ort geben, an den sich die Kinder zurückziehen können.

Licht fördert den Aufwach-Prozess, darf jedoch nicht zu plötzlich eingesetzt werden. Einige Kinder sind trotz Benommenheit in der Lage zu reden und können in einfache Gespräche einbezogen werden, zum Beispiel über die folgenden Aktivitäten. Trinken und Essen treibt den Stoffwechsel wieder an und fördert damit das Erwachen. Der Prozess sollte durch eine Fachkraft mit viel Verständnis und Nähe begleitet werden. Dass Kinder in einem solchen Erregungszustand nicht allein gelassen werden, versteht sich von selbst.

Zusammenarbeit mit den Eltern

Schlafen in der Einrichtung ist für Eltern ein hoch-sensibles Thema. Auf der einen Seite machen sie sich oft große Sorgen um die Einschlafgewohnheiten ihres Kindes und deren Passung mit den Abläufen der Einrichtung. Kinder sind hier doch flexibel und passen sich in der Regel schnell und gut an die Prozesse an, sofern sie gut begleitet sind. Es gelingt ihnen gut, den Schlafort Krippe oder Kita vom Schlafort zu Hause zu unterscheiden, sodass es in den Ritualen nicht zwingend eine Durchmischung gibt (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 97).

Oben wurde erwähnt, dass der Tagesschlaf (also in der Einrichtung) eng mit dem Nachtschlaf in Verbindung steht. Ein schlechter Nachtschlaf des Kindes zu Hause hat in der Regel einen schlechten Schlaf für die Eltern zur Folge. Gerade bei berufstätigen Eltern führt dies zu Erschöpfung, Gereiztheit und Leistungsabfall und kann schwierige Arbeitsumstände nach sich ziehen (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 97).

So kommt es zu Diskussionen rund um die Dauer des Mittagsschlafes bzw. darüber, ob das Kind überhaupt schlafen soll. Das ist besonders dann der Fall, wenn die Schlafhäufigkeit des Kindes sich ändert bzw. sich der Mittagsschlaf ausschleift. Hier gilt es, mit den Eltern in feinfühliger Absprache zu bleiben. Zum einen sollte es darum gehen, die Signale des Kindes in der Einrichtung darzulegen und gemeinsam zu deuten (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 99ff). Ein müdes Kind sollte auf keinen Fall in der Einrichtung wachgehalten werden, zumal Übermüdung auch durchaus zu höherer Aktivität und unruhigem Nachtschlaf führen kann (vgl. Renz-Polster 2017). Gleichzeitig kann der häusliche Ablauf betrachtet und beraten werden. Darüber hinaus ist der Zustand des Kindes nach dem Aufwachen oder Wecken zu beleuchten. Manche Kinder sind nach dem gezielten Wecken noch sehr lange in der oben dargelegten Aufwachphase und finden für den restlichen Tag nicht mehr zurück ins Geschehen. Anderen bekommt das Wecken gut, und sie nehmen aktiver am Nachmittag teil. In diesem Kontext sollte auch beobachtet werden, wann ein guter Zeitpunkt für ein eventuelles Wecken ist. Hier bietet sich ein Schlafprotokoll an, sofern dies möglich ist. Sollte sich das Kind zum Beispiel leicht wecken lassen, dann ist auch eine passende Aufwachphase gegeben und ein guter Zeitpunkt gefunden (vgl. Kramer & Gutknecht 2018, S. 99ff).

Der Schlaf von Kindern ist eine herausfordernde, aber auch wichtige Situation im Alltag der Einrichtungen. Durch die hohe Bedeutung der Bindung in diesem Setting entstehen aber auch wunderschöne Momente der Verbundenheit und Geborgenheit, die eine fundamentale Basis für den weiteren Tages- und Entwicklungsverlauf bieten. Mit Reflexion und Ausrichtung auf die kindlichen Signale kann der Schlaf gut begleitet werden!

Literatur

Kramer, M. & Gutknecht, D. (22018): Schlafen in der Kinderkrippe. Freiburg: Herder

Renz-Polster, H. (2017): Schlafen in Krippe und Kita. Verfügbar unter: Schlafen in Krippe und Kita | kinder-verstehen.de (zuletzt aufgerufen am 14.05.2021)

Mehr von Anja Burger

Entwicklungsspielräume vergrößern: Geschlechtersensible Pädagogik in der Kita

Wir leben in einer freien Gesellschaft, in der jede*r eigene Potenziale entfalten kann. Wirklich? Legen uns traditionelle Rollenzuschreibungen nicht gehörig fest? Ich denke ja. Und das große Problem dabei: Wir merken oft nicht einmal, dass wir Stereotype bedienen. Doch Kitas könnten dazu beitragen, Geschlechterrollenklischees aufzubrechen.

In der Schule war ich gut in Mathe und Physik. Wäre ich ein Mann, wäre ich heute wahrscheinlich Ingenieur. Ich bin aber eine Frau. Ich studierte Germanistik. Trotz mittelmäßiger Ergebnisse im Deutschunterricht traute ich mir das ohne Weiteres zu. Für den naturwissenschaftlich-technischen Bereich, war ich überzeugt, fehle mir hingegen jedes echte Verständnis – guter Noten zum Trotz.

Erzieher: oft spät berufen

Viele Männer können ähnliche Geschichten erzählen – insbesondere Erzieher. Die meisten landen nach der Schulzeit in einem technischen oder handwerklichen Beruf. Dass die Bildung, Erziehung und Betreuung junger Kinder ihre Berufung sein könnte, wäre ihnen nicht in den Sinn gekommen. Dabei merken sie oft schon als Jugendliche, dass ihnen die Aufgabe liegt. Sie sind in Sportvereinen als Trainer aktiv, kümmern sich um jüngere Geschwister oder arbeiten in den Sommerferien als Betreuer in Feriencamps. Erst mit zunehmender Lebenserfahrung, wachsender Selbsterkenntnis und größerem Selbstvertrauen kommt dann die Entscheidung: „Ich sattle um und werde Frühpädagoge.“

Innerliche „No-go-areas“

Wollen wir also wirklich, dass alles so bleibt? Dass es spezielles Spielzeug, eigene Farben, bestimmte Kleidung, Lebensmittel, Hobbys … für Mädchen und Jungen, für Frauen und Männer gibt? Wollen wir, dass sich unsere Kinder bei der Berufswahl auf das beschränken, was traditionell für ihr Geschlecht vorgesehen ist? Ich denke, dass wir uns durch diese Geschlechterstereotype selbst ein Korsett anlegen. Ich befürchte, dass wir unsere Potenziale oft nicht ausschöpfen – weil wir innerlich strikte „No-go-areas“ markiert haben. Schade eigentlich.

An den Interessen und Bedürfnissen der Kinder orientiert?

Die gesetzlich definierte Aufgabe von Kindertagesstätten ist es, die Entwicklung von Kindern zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu fördern und sich dabei an den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes zu orientieren. Doch wer kindliche Willensäußerungen nur innerhalb bestimmter geschlechtstypischer Raster wahrnimmt und fördert, wird diesem Anspruch nur bedingt gerecht. Daher streben Kitas eine geschlechtersensible Pädagogik an, die stereotype Zuschreibungen vermeiden und Kindern so neue Entwicklungschancen und Handlungsspielräume eröffnen soll. Ein herausforderndes Unterfangen, das den Fachkräften viel Selbstbeobachtung, Reflexion und Verhaltensänderungen abfordert.

Studie zeigt, wie Fachkräfte Rollenklischees weitergeben

Wie subtil Erwachsene, die ja oft das Gefühl haben, Mädchen und Jungen gleich zu behandeln, Geschlechterklischees weitergeben und stärken, macht die sogenannte Tandem-Studie von Professor Holger Brandes und seinem Team an der Evangelischen Hochschule in Dresden deutlich. Von 2010 bis 2014 untersuchten sie, inwieweit sich das professionelle Verhalten von Erzieherinnen und Erziehern Kindern gegenüber unterscheidet. Schließlich wird die Forderung, mehr Männer in Kindertagesstätten zu beschäftigen, häufig auch damit begründet, dass sie anders mit Kindern umgingen. Erstaunlicherweise zeigt die Studie jedoch keine signifikanten Unterschiede im Verhalten weiblicher und männlicher Fachkräfte.

Was die Studie jedoch deutlich macht: Sowohl Männer als auch Frauen gehen anders mit einem Kind um, je nachdem, ob es sich um ein Mädchen oder einen Jungen handelt. Zum Beispiel beim Malen, Basteln, Werken: Mit Mädchen entstehen deutlich häufiger Subjekte (Kriterium: mit Augen), mit Jungen Objekte (ohne Augen). Außerdem reagieren die Fachkräfte stärker auf ein traditionell geschlechterrollenkonformes Verhalten von Kindern und verstärken es damit. Die eigenen Prägungen der Fachleute spielen dabei eine zentrale Rolle. Die Studienautor*innen beobachteten zudem, dass in Situationen, in denen sich eine Erzieherin mit einem Mädchen oder ein Erzieher mit einem Jungen ganz auf ein gemeinsames Projekt einlässt, aus dem geteilten Interesse heraus oft Momente besonderer Intensität und Verbundenheit entstehen. Die Projekte sind quasi immer rollentypisch. Kurz: Erzieherinnen greifen zu Perlen, Erzieher zu Unterlegscheiben.

Kinder sollen ihre soziale Geschlechterrolle selbst definieren können

Die element-i Kinderhäuser haben daher ein eigenes Kapitel „Gleichberechtigung der Geschlechter“ in die Konzeption aufgenommen. Dort steht unter anderem: „Gender Mainstreaming heißt für uns, dass jedes Mädchen und jeder Junge seine eigene soziale Geschlechterrolle konstruieren darf und soll und sich damit in unserer Mitte befindet. Diese Rolle ist nicht zwangsläufig mit Rollenstereotypen und biologischem Geschlecht verbunden.“ Was heißt das für die Praxis in den Kitas? Dort tragen gemeinsame Reflexionen im Team, genderbewusstes pädagogisches Alltagshandeln, für alle Geschlechter ansprechend gestaltete Räume und unter Diversitätskriterien gewählte Materialien dazu bei, Kindern Handlungsspielräume jenseits traditioneller Rollenzuschreibungen zu eröffnen.

Was halten die Eltern davon?

Vor einigen Jahren führten die element-i Kinderhäuser einrichtungsübergreifende Elternabende zum Thema „Genderpädagogik: Mädchen und Jungen – zwei Erziehungswelten?!“ durch. In der Diskussion zeigte sich: Die meisten Eltern vertreten eine eher traditionelle Haltung. Sie möchten ihre Kinder nicht dazu ermutigen, Dinge auszuprobieren, die nicht geschlechtsrollenkonform sind. Sie befürchten, dass ihre Kinder ausgegrenzt werden könnten, wenn sie sich unangepasst verhalten, oder dass sie sich dann nicht „normal“ entwickeln. Interessanterweise beziehen sich die Unsicherheiten vornehmlich auf Jungen. Mädchen gestehen die Eltern eher zu, dass sie sich an vermeintlich männlichen Verhaltensmustern orientieren. Wie sehen Sie das?

Übrigens: Vielleicht ist es Ihnen aufgefallen. Auf das Wort „Gender“ (soziales Geschlecht) habe ich in diesem Text weitgehend verzichtet. Mein Eindruck ist: Allein dieser Begriff lässt die Emotionen bereits hochkochen – noch bevor ein einziges Argument ausgetauscht ist. Warum reagieren wir bei diesem Thema so emotional?

Mehr von Eike Ostendorf-Servissoglou

Humor in der frühen Kindheit

„Das Lachen ist nichts anderes als ein wetterleuchtendes Aufblitzen der Seelenfreude, ein Aufzucken des Lichtes nach draußen, so wie es innen strahlt.“ – Dante, Philosoph

Gerade in den schwierigsten Zeiten zeigt sich, wie wichtig das Lachen und der Humor für uns, aber auch die Kinder ist! Deshalb möchte ich mich mit Ihnen für ein paar Minuten auf die Sonnenseite begeben und dem Humor als förderliche Eigenschaft widmen. Wie entwickelt sich Humor in den ersten Lebensjahren? Welcher Zusammenhang besteht zwischen Humor, Motivation, Bindung und dem Spiel? Welche Funktionen hat Humor in der Kindheit? Und was unterstützt die Humorentwicklung? All diesen Fragen werden wir nun ein Stück auf den Grund gehen.

Wir beginnen mit einem Blick in die unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen, die Fredéric Fernandes in seinem Artikel ausführlich dargestellt hat (Fernandes 2016, S. 4ff.): Welche Perspektiven im Zusammenhang mit Humor beleuchten die verschiedenen Disziplinen und welche Theorien haben sich daraus entwickelt?

Die Übersicht zeigt, wie unterschiedlich auf den Humor geschaut werden kann und welche Aspekte einfließen. Im Folgenden gilt es diese unterschiedlichen Perspektiven immer wieder mitzudenken, um die Zusammenhänge zu erkennen.

Die Entwicklung des Humors

Studien haben nachgewiesen: Die Humorentwicklung von Kindern beginnt bereits ab dem ersten Lebensjahr. Forscher:innen sehen eine Grundlage dafür in leicht zu beobachtendem Verhalten. Lächeln und Lachen sind kommunikative Phänomene, die bereits im Säuglingsalter auftreten. Auf diesem Verhalten aufbauend entwickelt sich der Humor stufenartig (vgl. Fernandes 2016, S. 8). Hier finden Sie eine Tabelle dazu.

Humor und Spiel als kindliche Ausdrucksmöglichkeit

Ähnlich wie der Humor, so entwickelt sich auch das kindliche Spiel im Laufe der Zeit. Beides kann als Möglichkeit, sich ausdrücken zu können, gesehen werden (vgl. Fernandes 2016, S. 12). Sie werden im Folgenden miteinander verknüpft, um sich sowohl Unterschiede in der kindlichen Intention bewusst zu machen als auch die Parallelen der einzelnen Entwicklungsstufen von Humor und dem kindlichen Spiel aufzuzeigen.

Kinder haben zunächst Spaß an Wiederholungen. Egal, ob eine Handlung mit einem Gegenstand oder auch mit dem eigenen Körper durchgeführt wird – die Kinder lieben es in der sensomotorischen Phase, etwas immer und immer wieder zu tun. Das sogenannte Übungsspiel dient dazu, sich Verhaltensschemata anzueignen. Gleichzeitig beginnt die erste Phase der Humorentwicklung: vor allem Versteckspiele oder auch die Produktion lustiger Geräusche können Kinder in dieser Zeit begeistern. Beides geschieht innerhalb sozialer Interaktion und stärkt damit auch die Bindung (vgl. Fernandes 2016, S. 12). Ganz wichtig ist dabei: Die Humorgefühle in solchen Situationen können nicht nur die Neugierde wecken, sie können auch Angst erzeugen! Deshalb ist die Basis für das Humorempfinden immer die Verbundenheit und Sicherheit zur Bezugsperson. Verbundenheit und Sicherheit entstehen u.a., wenn die Bezugsperson vermittelt: Es geht um unseren gemeinsamen Spaß (vgl. Fernandes 2016, S. 13).

In dieser Phase sind die Kinder demnach besonders auf Erwachsene als „sicheren Hafen“ angewiesen. Verbundenheit ist die Grundlage, dass Kinder explorieren und sich autonom und frei im Spiel ausdrücken können, lachen. Hier zeigt sich besonders die enge Verbindung zwischen den beiden Leitlinien: verbundene Autonomie und autonome Verbundenheit.

Die anschließende Spielform ist das Symbolspiel. Diese entsteht in etwa der gleichen Zeit wie die zweite Stufe der Humorentwicklung. Charakteristisch ist hierbei, dass die Kinder nun zunehmend in der Lage sind, symbolisch zu denken. Kinder schreiben Gegenständen andere Bedeutungen zu als Erwachsene und grenzen sich dadurch eine Zeit lang von der Realität ab.

Der Unterschied der beiden Tätigkeiten besteht darin, dass das Symbolspiel eine ernsthafte Intention hat. Kinder versuchen, ihren Wünschen, Ängsten und Bedürfnissen einen Raum zu geben, was wiederum kompensatorisch wirkt und dabei hilft, Probleme zu lösen. Beim Erzeugen von Humor hingegen geht es dem Kind darum, die Realität mit Absicht für eine sie beobachtende Person zu manipulieren (vgl. Fernandes 2016, S. 13). Dies wird beispielsweise durch den Blickkontakt des Kindes zur Pädagog:in sichtbar.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, Kindern immer wieder die Möglichkeit für diese Art von Spiel zu ermöglichen – sowohl pädagogisch begleitet als auch unbeobachtet. Denn um sich möglichst ungestört dem Rollenspiel und damit seinem Innersten widmen zu können, brauchen die Kinder zum einen Freiräume. Sie brauchen aber eben auch Sicherheit, die wiederum unter anderem durch die pädagogische Fachkraft vermittelt werden kann. Zudem benötigen Kinder für die Humorentwicklung in dieser Phase, wie gerade beschrieben, die Interaktion. Das pädagogische Handeln ist demnach gerade im Freispiel ein Balanceakt zwischen Sichern und Freigeben, Aktivität und Passivität, Impulse setzen und Zutrauen schenken.

Nachfolgend etabliert sich nach und nach das Regelspiel. Dieses ist in Gänze zwar erst in der späten Kindheit sichtbar. Trotzdem beginnt das Verständnis für den Umgang mit Regeln und sozialen Vereinbarungen bereits vorab. Dadurch eröffnen sich dem Kind andere Möglichkeiten bei der humorvollen Interkation: Sie verletzen oder testen dabei explizit oder auch implizit vereinbarte gesellschaftliche Normen. Dabei geht es ihnen aber nicht darum, die Pädagog:in zu ärgern, sondern ihrem lustvollen und interaktiven Spieltrieb Raum zu geben und Interaktionspartner:innen herauszufordern. Sie bauen dadurch Spannung auf und wieder ab. Gleichzeitig stärken sie mit diesem Verhalten die Beziehung zu Gleichaltrigen (vgl. Fernandes 2016, S. 13f.).

Das bedeutet im pädagogischen Alltag, das eigene Verhalten in Bezug auf das Lachen von Kindern in der Gruppe genau zu beobachten. Dabei helfen die folgenden Reflexionsfragen: „Gelingt es mir, mit einer professionellen Distanz die Situation zu beurteilen und dementsprechend passend, verständnisvoll und ruhig zu reagieren?“, „Unterstelle ich den Kindern zunächst einmal Absicht und reagiere entsprechend harsch?“, „Was könnte ich dafür tun, zukünftig gelassen mit solchen Situationen umgehen zu können?“

Zusammenhang Humor, Motivation und Bindungsaufbau

Warum ist es aber so wichtig die Humorentwicklung zu fördern? Um die Bedeutsamkeit nachvollziehen können, braucht es die Herstellung des Zusammenhangs zur Motivation. Diese ist nämlich stets eng verknüpft mit Emotionen, und beide beeinflussen sich gegenseitig: Das Sich-Wohlfühlen ist die Grundlage für eine proaktive und gestaltende Handlungsbereitschaft. Weiterhin dient das Motivationssystem dazu, dass Menschen sich in eine soziale Gemeinschaft einfügen und Beziehungen aufbauen. Wir wollen schlicht die Zuwendung, Wertschätzung und Anerkennung der anderen mit unserem Verhalten erwirken oder schenken (vgl. Fernandes 2016, S. 10). Genau dieses Phänomen zeigt sich auch beim gemeinsamen Lachen: Anerkennung für den Witz des anderen. Dadurch ist Humor und auch im Spezifischen der Witz eine Möglichkeit Bindung zu fördern (vgl. Fernandes 2016, S. 11).

Funktionen des Humors in der frühen Kindheit

Evolutionsbiologisch betrachtet, diente der Humor dem Überleben des Kindes. Insofern ist dieses Verhalten im Menschen angelegt und unterstützt den Aufbau folgender Kompetenzen (vgl. Fernandes 2016, S. 14-15):

  1. Humor verstärkt die Beziehung zu Gleichaltrigen und Eltern.
  2. Humor ist eine Möglichkeit, effektiv mit der Umwelt in den Austausch zu kommen (Transaktion), und unterstützt damit den Sozialisationsprozess.
  3. Dem Humor kommt eine wichtige Rolle in der Stressverarbeitung und Emotionsregulation zu. Er ist demnach ein Coping-Mechanismus (vgl. Fernandes 2016, S. 14-15).

An dieser Stelle lässt sich die enge Verbindung zwischen Humor, Gesundheit und Resilienz aufzeigen: Humor kann nicht nur selbst eine Möglichkeit sein, schwierige Situationen erfolgreich zu meistern, sondern auch Schutzfaktoren hervorbringen und Risikofaktoren reduzieren. Er ist dadurch weiterhin eine freudvolle Möglichkeit, gesund zu bleiben. Dies gilt natürlich nicht nur für Kinder, sondern auch für Sie! Nutzen Sie Ihren Humor, entwickeln Sie ihn weiter. Denn Lachen hilft. Gerade in schwierigen Zeiten gilt es, sich sonnige Gedanken ins Gedächtnis zu rufen und gemeinsam zu lachen.

Was können Pädagog:innen und Eltern beachten?

Kinder brauchen als Grundlage das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Ansonsten kann sich ihr Humor nicht entwickeln. Wie wir wissen, sind wir Erwachsenen maßgeblich an der Entstehung dieses Gefühls beteiligt und müssen deshalb die Kinder wohlwollend in den Blick nehmen (vgl. Fernandes 2016, S. 10).

Weiterhin wissen wir: Kinder lernen sehr viel durch Beobachten und Nachahmen – sie „Lernen am Modell“. Hierbei kommt den Eltern und eben auch den Pädagog:nnen ein hoher Stellenwert zu. Denn sie müssen sich ihre eigene Einstellung zum Thema Humor bewusst machen, das dazugehörige Wissen haben, sich selbst reflektieren. Das ist notwendig, da wir Erwachsenen aufgrund des Altersgefälles einen ganz anderen Stand in der Humorentwicklung haben und diesen auch anders nutzen. Im Austausch mit Kindern muss der eigene Humor auf den Stand der Kinder angepasst werden, um Ihnen auf Augenhöhe begegnen zu können und sie nicht zu überfordern (vgl. Fernandes 2016, S. 15).

Darüber hinaus hat der Humor eben nicht nur anregende und positive Wirkung. Abstufungen in die negative Wirkungsrichtung sind beispielsweise Ironie, Sarkasmus und Zynismus. Auch darüber muss ich mir als erwachsene Begleiter:in eines Kindes bewusst sein und mich dementsprechend selbst reflektieren (vgl. Fernandes 2016, S. 16). Folgende Fragen regen zur Selbstreflexion an:

  • Was bedeutet Humor für mich?
  • Wie nutze ich Humor (im Umgang mit Kindern)?
  • Inwieweit passe ich meinen Humor an den Entwicklungsstand der Kinder an? Was sind hierbei Stolpersteine? Was hilft mir dabei?
  • Wie kann ich meinen Humor weiterentwickeln und auch pflegen?
  • Welche Haltung haben wir im Team dazu?

Neben dem eigenen Verhalten gilt es, sich auch mit den Räumen bzw. Material auseinander zu setzen, was Kindern zur Verfügung stehen. Denn für die Entwicklung von Humor braucht es eine anregungsreiche Umgebung. Diese sollte sowohl Verkleidungsutensilien beinhalten, aber auch akustische und visuelle Medien (Lieder, Bücher, Bilder, …) sollten zur Verfügung stehen (vgl. Fernandes 2016, S. 10). Wichtig ist, die Kinder zu beobachten und entsprechend ihrer Interessen die Themen der Materialien zu wählen.

In der Praxis haben sich hierzu „Themenkisten“ bewährt, die gestaltbar sind und zur Verfügung gestellt werden können. Den Kindern ist so das Material autonom zugänglich, es kann leicht ausgetauscht werden und wirkt durch die Struktur anregend. So wird der Raum als 3. Erzieher:in im besten Sinne wirksam.

Mehr von Denise Samuel

Quellenangabe:

Fernandes, Frédéric (2016): Humor in der frühen Kindheit. Verfügbar unter: https://www.kita-fachtexte.de/de/fachtexte-finden/humor-in-der-fruehen-kindheit (letzter Zugriff am 15.03.2021)

„Ich hab dich lieb!“ – Neun Sätze, die Kinder fürs Erwachsenwerden brauchen

Viele Elternratgeber behaupten, dass ein Kind mit zwei Jahren rund 250 Wörter verstehen und 20 bis 50 Wörter selbst sprechen können sollte. Laut dem amerikanischen Erziehungsexperten Jim Taylor sind die Sätze, die Eltern aus diesen Worten formen, allerdings viel wichtiger. Neun davon beschreibt er in seinem Buch „Your children are listening“. Sie wirken sich sogar besonders positiv auf die Eltern-Kind-Beziehung aus.

1. Ich hab dich lieb, egal, was du tust

Selbst Kleinstkinder, die noch nicht sprechen können, haben laut einer Studie bereits ein Verständnis für bestimmte Wörter und Wortgruppen. So ist „Ich hab dich lieb“ bei ihnen die unmittelbare Beantwortung ihres Bedürfnisses nach Zuwendung. Hinzu kommen Mimik und Tonlage der Eltern, die tatsächlichen Worte versteht das Kleinkind natürlich noch nicht. Aber es erfährt, dass jemand kommt, wenn es weint und lernt dabei: „Ich bedeute etwas. Ich werde geliebt.“ Dieses Wissen ist der sichere Hafen (s. Punkt 6), von dem aus das Kind vertrauensvoll seine Welt entdecken kann.

2. Du schaffst das! Ich trau dir das zu!

Sobald ein Kind an den regulären Mahlzeiten mit der Familie teilnimmt, zeigt sich meist schnell, wenn es selbstständiger werden möchte. Auch wenn es anfangs gar nicht so einfach ist, macht doch das Gefühl, zum ersten Mal selbst etwas vom Teller mit Besteck in den Mund befördert zu haben, Kinder glücklich. Sprechen Sie Ihrem Kind Mut zu. „Die Aufgabe von Eltern ist es […], Ziele so zu setzen, dass sie erreichbar sind“, so Taylor. Und so ein Familienalltag hält jede Menge „Erfolgsaufgaben“ wie Anziehen, Tisch decken oder beim Aufräumen der Einkäufe bereit.

3. Du darfst Fehler machen

Wer Fehler macht, lernt, Probleme zu lösen. Machen Sie es sich daher zum Ziel, Fehler bei Ihren Kindern als das zu sehen, was sie sind: eine Information, mit der das Kind arbeiten kann. Was Kinder für ihre Entwicklung brauchen, sagt Taylor, sei nicht die Fähigkeit, sofort perfekt ohne Stützräder Fahrrad zu fahren oder exakt ausmalen zu können, sondern der Wille, Neues auszuprobieren, ohne Angst vor einem Misserfolg.

4. Schau, was du gemacht hast

Wer sein Kind oft nur mit einem „Gut gemacht“ abspeist, tut ihm im Grunde keinen Gefallen. Ein so pauschales Lob sagt nichts darüber aus, was dem Kind gut gelungen ist, und kann es sogar demotivieren, wenn sich die Leistung oder das Ergebnis nicht wiederholen lassen. Denn oft weiß das Kind gar nicht, wie es dazu gekommen ist – und daher auch nicht, was es tun kann, damit der zufällig geglückte Purzelbaum beim nächsten Mal wieder funktioniert. Um in den Augen der Eltern nicht zu „versagen“, probieren sie es deshalb oft nicht mehr. Nach Taylor sei es wichtiger, „hervor[zu]heben, was das Kind gerade getan hat“, zum Beispiel: „Wow, du bist ganz allein auf die Schaukel geklettert.“

5. Es ist gut, wie du es machst

Kinder machen Dinge anders als Erwachsene. Ihr Zugang ist noch kein gelernter und damit noch nicht begrenzt. Sie sind offen und freier, auch wenn ihnen vielleicht noch die feinmotorischen Fähigkeiten fehlen. Werden sie aufgrund ihrer, in den Augen von Erwachsenen, „falschen Herangehensweise“ permanent korrigiert, verstehen sie mit der Zeit nur noch: „Egal, wie du dich anstrengst, es reicht nicht.“ Aber wie lernen Kinder, es richtig zu machen? Taylor: „Ganz automatisch. Durch Praxis und Beobachtung.“

6. Ich bin dein sicherer Hafen

Wie schon beschrieben, brauchen Kinder das Gefühl, dass die Welt ein sicherer Platz ist. Anfangs ist das ein „Ich hab dich lieb“ und die Geborgenheit Ihrer Umarmung. Später, wenn Kinder mobiler werden, bedeuten Eltern, die wachsam sind und trotzdem Raum für Selbstständigkeit lassen, den sicheren Hafen. Ein aufgeschürftes Knie ist oftmals gar nicht so schlimm, wenn kein bestürzter Erwachsener sofort zum Kind rennt, um es zu trösten. Meistens rappelt es sich von selbst wieder auf und spielt weiter, als wäre nichts geschehen. Wenn es dann aber doch mal mehr weh tut und das Kind Trost bei Ihnen sucht, bagatellisieren Sie seinen Schmerz nicht. Sätze wie „Das ist doch nicht so schlimm.“ sollten Sie in jedem Fall vermeiden.

7. Der Andere ist uns nicht egal

Kinder sind geborene Egoisten. Um teilen zu können (zu wollen), müssen sie nämlich erst lernen, wie man die Emotionen von anderen richtig deutet und darauf reagiert. Und das schauen sie sich bei uns Erwachsenen ab. Wenn Eltern die Gefühle z. B. von Geschwistern oder Spielpartnern in der Situation benennen, bleiben Kummer, Angst, Hilflosigkeit, Wut, Freude, Glück nicht unbemerkt und werden irgendwann zum Begriff.

8. Hast du Danke gesagt?

Die Grundformen von Höflichkeit können auch Kleinkinder lernen – am besten auch in diesem Fall durch Anschauungsunterricht. Sie finden es übertrieben, Ihrem Mann zu danken, weil er freiwillig den Abwasch übernommen hat? Ihrer Frau fürs Bügeln der Hemden? Warum sollten Ihre Kinder dann Danke sagen, wenn sie etwas geschenkt bekommen? Taylor: „Das einzige Wort, das sich auch bei inflationärem Gebrauch nicht abnützt, ist das Wort Danke.“

9. Nein heißt Nein

Zur gesunden Entwicklung von Kindern gehört, dass sie ausprobieren, wie weit sie gehen können, um herauszufinden, wann und ob ihnen Grenzen gesetzt werden. Im Alter von drei oder vier Jahren lernen sie zudem, wie man jemanden anschwindelt oder täuscht, um die eigenen Bedürfnisse durchzusetzen. Das funktioniert besonders gut, wenn Eltern müde sind, abgelenkt oder jemand zusieht. Bleiben Sie konsequent und seien Sie sich vor allem einig: Wenn es bei Mama kein Stückchen Schokolade mehr gibt, dann gibt es auch bei Papa keines mehr. Da sollte auch kein Schreien, Quengeln oder Bocken an der Supermarktkasse helfen. Besser ist, Ihr Kind macht diese wichtige Erfahrung schon früh in der Familie mit einem sachlichen, standhaften Nein und lernt sie nicht schmerzvoll später in der Zukunft.

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Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust – Unser Dilemma mit dem Klimaschutz

Klimawandel und Klimaschutz sind in aller Munde. Neben der Pandemie ist die Klimakrise das Tagesthema, welches uns in den unterschiedlichsten Medien fortwährend begegnet. 78 % der deutschen Bevölkerung akzeptierte bereits 2015 die Realität des Klimawandels (Ziegler 2015, S. 28). Die meisten Menschen sprechen sich deutlich für Klimaschutz aus und erkennen die Wichtigkeit, unsere Erde zu retten, an. Das Dilemma: Keiner tut es. Warum ist es so schwer, tatsächlich nachhaltig zu handeln?

Die Temperatur auf unserer Erde steigt seit 1980 exorbitant. Trotz gesunkenem Energieverbrauch im Lockdown 2020 und weltweitem Rückgang an CO2-Emissionen, verursacht durch fossile Brennstoffe, um 7% gegenüber dem Vorjahr stieg 2020 die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre auf Rekordhöhe. Wetterextreme, Dürren, Meeresspiegelanstieg und Artensterben sind direkte Konsequenzen. Die komplexen und globalen Folgen aus z.B. Abschwächung des Golfstroms, Schwächung des Jetstream, Eisschmelze in der Arktis sind nicht vorhersagbar (Harms/Franck 2021). Der schwedische Chemiker und Physiker Svante Arrhenius sagte bereits 1896 eine globale Erwärmung aufgrund des steigenden CO2-Gehalts (durch Verbrennung fossiler Brennstoffe) in der Atmosphäre voraus. In den 1970ern gab es intensive Debatten über Klimaverschlechterung, Waldsterben und Forderungen zur Reduzierung der Autonutzung (Kulke 2009). Vergleicht man den Straßenverkehr von damals mit heute, zeigt sich, dass Auto- und Flugzeug-Nutzung um ein Vielfaches gestiegen sind. Was blockiert uns in unserem Handeln? Gehen wir einen Schritt zurück.

Wie entsteht Klimawandel?

Die Erde hat eine Atmosphäre, welche sich erheblich von allen bisher bekannten Planeten unterscheidet. Aus physikalisch-chemischer Sicht ist sie aus dem üblichen Gleichgewicht gefallen. Sie ist eine Membran bzw. eine Hülle, welche sich weit in den Kosmos ausdehnt. Lebendiges und Nicht-Lebendiges bilden hier einen Organismus. Beide Komponenten sind eng gekoppelte und wechselwirkende Kräfte, die einander formen und beeinflussen. Die Atmosphäre gibt dem Menschen einerseits den Raum zum Leben, zugleich sind wir Teil des Ganzen und bilden auch den Lebensraum.

In diesen natürlichen Prozessen entsteht u.a. die Kohlenstoffverbindung CO2. Diese ist ein natürlicher Nährstoff für unsere Pflanzen. Der natürliche CO2-Gehalt der Atmosphäre schwankt zyklisch. Durch unseren Hunger nach Wachstum verbrennen wir immer mehr fossile Energieträger und produzieren Unmengen an zusätzlichem CO2. Kohlendioxid ist der Hauptverursacher des Treibhauseffekts.

Schon 2016 verbrauchten wir jeden Tag ca. 15 Milliarden Liter Öl. Zusätzlich wurden 700 Millionen Tonnen Braunkohle und 3,5 Millionen Tonnen Erdgas gefördert – Tendenz weiter steigend. Dies verursachen wir bei der Produktion von Gütern, durch Mobilität, Beheizung unserer Häuser und durch unsere Ernährung in Form von Fleisch, Wurst und Käse. Wir manipulieren alle Lebensräume. Wir nutzen zwei Drittel der Erdoberfläche für unsere Belange und vernichten die Lebensformen, die dafür sorgen, dass CO2 der Luft entzogen wird: Wälder, Moore, Humusböden.

Die Verstärkung der CO2-Konzentration findet rund 16 km über unseren Köpfen statt und wirkt sich auf den Effekt der Sonneneinstrahlung aus. Die Sonne kann zwar auf die Erde strahlen, aber die Abstrahlung in den Weltraum gelingt durch die Verdichtung der Atmosphäre nicht mehr ausreichend. Die Erde erwärmt sich. Es kommt zu einem Ungleichgewicht. Die Temperatur steigt, die Erde fiebert. Nicht vorstellbar ist, was geschieht, falls es zu einem Kipppunkt kommt und dieser Prozess katastrophale Bahnen einschlägt.

Um diese Veränderungen der Natur möglichst gering zu halten, ist die Weltgemeinschaft stark gefordert, nationale und globale gesellschaftliche Änderungen umzusetzen. Dazu vereinbarten 190 Staaten im Pariser Klimaabkommen 2015 eine erste umfassende Klimaschutzvereinbarung zur Begrenzung der Klimaerwärmung auf unter 2 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts (Podbregar 2021). Als Beitrag zur Zielerreichung legten alle Mitgliedsstaaten nationale Aktionspläne für die Reduzierung ihrer Emissionen vor. Für die Erreichung müsste die weltweiten Emissionen bis 2050 um 90-95 % gesenkt werden. „Im Moment sieht es jedoch eher danach aus, nach einem Plus von drei oder vier Grad“, so DWD Präsident Gerhard Adrian (mdr 2021).

Die Aussage, die Klimakrise sei eine Energiekrise und wir müssten weg von Kohle und Öl, verdeutlicht eine technokratische Sichtweise, die die Erde als reine Ressource oder Produktionsmittel betrachtet. Aus dieser Perspektive wird die Erde ein Objekt der Beobachtung. Zu einem Ding. Zu „unserem“ Ding (Ruf 2019, S.74). Der Mensch grenzt sich damit gegenüber der Natur ab. Dies verführt, die Natur als reine Materie zu betrachten, sie zu nutzen, statt mit ihr in Beziehung zu treten: Hier ende ich, da fängt der andere Mensch, die Pflanze, der Wald, die Biene an. Wir betreten den geteilten Raum, ohne es zu spüren – den Raum unserer Mitwelt, sei es den des Mitmenschen, der Pflanze, des Waldes oder der Biene. Aus diesem Grund sind wir uns unserer vielen destruktiven Handlungen nicht bewusst. Sie scheinen uns erst einmal nicht zu betreffen. Dieses Denken verzerrt unsere Wahrnehmung und blockiert unser Handeln.

Gehen wir noch einmal an den Anfang. Die Erde hat eine Atmosphäre. Wir leben in dieser Atmosphäre, sind ein Teil davon, gleichzeitig eingehüllt und vernetzt. Dies erlaubt uns kein distanziertes Denken, eine Erde hier und wir da draußen. Wir stehen in direkter Wechselwirkung. Klimaschutz ist keine rein technokratische, sondern eine soziale Herausforderung.

Was bedeutet dies konkret für den Einzelnen?

Uns blockieren auf psychologischer Ebene oft Handlungsautomatismen aus der Vergangenheit, das vermeintlich Richtige zu tun. Ein Reaktionsmuster, welches die bestmögliche Reaktion auf eine schwierige Situation in der Kindheit darstellte. Im Erwachsenenalter kann dieses Verhalten destruktiv sein. Wir handeln so, wie wir es gelernt haben, obwohl wir viel mehr Optionen zur Verfügung haben.

Dasselbe passiert auch auf soziologischer Ebene. Wir antworten mit Methoden auf Probleme, welche die Methoden selbst geschaffen haben. Wir verhalten uns schemakonform. Wir gestalten unsere Umwelt durch unser Verhalten, so dass es zum Schema passt. Einige Beispiele dazu: Kinder von Alkoholiker*innen suchen sich oft Partner*innen, welche Alkoholiker*innen sind (Ruf 2019, S. 149). Kaufen wir uns z.B. ein Smartphone, fühlen wir uns erst einmal konform mit unserer Welt. Sehen wir jedoch die Zerstörungen der Natur durch z.B. Lithium- oder Goldförderung, bringt es uns aus dem Konzept. Oder uns fällt die Veränderung gar nicht erst auf: Nehmen wir den Fischfang. Der Großvater hatte als Fischer 1000 Fische im Netz, der Sohn 100 und der Enkel 10. Aber für jeden ist die Anzahl aufgrund der Bezugsgröße normal.

Unser Inneres tut alles, um die Dissonanz schnellstmöglich wieder verschwinden zu lassen. Problem klein reden, verleugnen, Verantwortung wegschieben, anderen zuschieben oder auf die Technik hoffen. Die wird’s schon richten. So tun wir alles, um uns nicht verändern zu müssen (Ruf 2019, S. 154).

Veränderung bedeutet, das Alte trägt uns nicht mehr, und das Neue ist noch nicht da. Wir befinden uns dazwischen und müssen die Ungewissheit und Unsicherheit ertragen. Und doch leiden wir an der Zerstörung der Erde und sehnen uns nach Einklang mit der Natur. Wie in Goethes Faust, erfahren wir: Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust.

Wie können wir diesem Dilemma entkommen?

Wir können die innere Verstrickung durch eine Art inneren Dialog lösen, indem wir einem Konflikt kontextgebunden achtsam und aufmerksam begegnen, ihn wahrnehmen und aushalten, uns ihm annähern und ihn verwandeln. Die Signale des eigenen Körpers und Gefühle wahrnehmen, Gedanken erkennen und in Resonanz zu unseren Mitmenschen, unserer Umwelt und unserem Raum wieder bewusst erfahren (Ruf 2019, S. 168). Je öfter uns dies gelingt, desto sensibler werden wir im Erleben. Mit dieser veränderten Wahrnehmung findet ein inneres Umdenken und Neudenken von Lebens- und Konsummustern statt. Wir reduzieren unseren Müll, verschwenden weniger Lebensmittel, kaufen weniger unnötige Kleidung, Kosmetika, Schuhe – ohne inneren Druck. Es entstehen neue Alltagsroutinen und neue innere Befriedigungen. Neben dem Erleben eigener Einflussmöglichkeiten sind Kooperation, Dialog und Vernetzung essenziell. Teilen und Teilhaben erzeugt Energie und mobilisiert Mitgefühl, Gerechtigkeit und lokale Verantwortung. Wir lösen uns aus der Isolierung hin zur Gemeinschaft. Der Buchtitel von Cordula Lonzig bringt es auf den Punkt: „Du allein schaffst es, aber du schaffst es nicht allein!“

Was bedeutet diese Erkenntnis für unsere Arbeit mit Kindern?

Kinder befinden sich noch in Resonanz mit ihrer Mitwelt, weil innen und außen eine Einheit ist. Sie erleben sich noch nicht gespalten in Innen- und Außenwelt, kennen noch keine Automatismen, keine Schemata, sondern sind offen und wertfrei in ihrer Wahrnehmung. Ab einem Alter von drei Jahren entwickeln sie erste Grundzüge von moralischem Wissen und ein eigenes Bestreben sich durchzusetzen. Erleben sie authentische Erwachsene, die ihnen Orientierungs- und Erfahrungsräume zur Entwicklung eigener moralischer Motivations- und Gewissensbildung eröffnen, verlernen Kinder nicht ihre natürliche Verbundenheit. Für Kinder gibt es noch keine Alternativen, sondern nur wirksame Beteiligung und Teilhabe. Ökologisches Handeln ist kein mühsamer Zusatz, sondern ihre Kultur. Dies kann gelingen, wenn wir den Mut haben, aus unseren Mustern auszubrechen, uns selbst begegnen und uns als Teil der Atmosphäre verstehen und erleben. Partizipatives und wertorientiertes Handeln im Elementarbereich wird das ökologische und soziale Handeln der Kinder in der Zukunft prägen.

Lassen Sie uns gemeinsam die Lebenswirklichkeit erkennen und tradierte bequeme Verhaltensmuster bewusst für die Gestaltung einer lebenswerten Welt ablegen.

#eskommtaufmichan

Mehr von Patricia Sigg

Empfehlungen

  • Klimaschutz mit Kindern entdecken: Das Portal Klima-Kita-Netzwerk. Das Klima-Kita-Netzwerk lädt dazu ein, hinter die Dinge zu schauen und Handlungsalternativen zu entdecken – mit Aktionswochen, Fortbildungen und weiteren Angeboten.
  • David Nelles & Christian Serrer: Kleine Gase – Große Wirkung, der Klimawandel.
    Friedrichshafen: Klimawandel GbR
    https://www.klimawandel-buch.de„Da wir kein Buch finden konnten, das den Klimawandel verständlich auf den Punkt bringt, haben wir kurzerhand beschlossen, es selbst zu schreiben.“Zwei Studenten erklären mit kurzen Texten, anschaulichen Grafiken und der Unterstützung von über 100 Wissenschaftlern die Ursachen und Folgen des Klimawandels.

Literatur:

Harms, Gönke; Franck, Annika (o. J.): Klimawandel. https: //www.planet-wissen.de/natur/klima/klimawandel/index.html (zuletzt aufgerufen am 15.03.2021)

Kulke, Ulli (2009): Als uns vor 30 Jahren eine neue Eiszeit drohte. https://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article5489379/Als-uns-vor-30-Jahren-eine-neue-Eiszeit-drohte.html (zuletzt aufgerufen am 15.03.2021)

mdr.de (2021): DWD warnt vor globalem Temperaturanstieg. https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/panorama/dwd-warnt-vor-drastischem-temperatur-anstieg-100.html (zuletzt aufgerufen am 15.03.2021)

Podbregar, Nadja (2021) Pariser Klimaabkommen: Viele Staaten hinken hinterher – Mehr als die Hälfte der Länder hat keine neuen Selbstverpflichtungen vorgelegt. Abrufbar unter: https://scinexx.de/news/geowissen (zuletzt aufgerufen am 15.3.2021)

Ruf, Stefan (2019): Klimapsychologie. Atmosphärisches Bewusstsein als Weg aus der Klimakrise. Frankfurt am Main, Info 3 Verlagsgesellschaft Brüll & Heisterkamp KG

Ziegler, Andreas (2015): On the Relevance of Ideological Identification and Environmental Values for Beliefs and Attitudes toward Climate Change: An Empirical Cross Country Analysis. https://www.uni-marburg.de/fb02/makro/forschung/magkspapers/paper_2015/16-2015_ziegler.pdf (zuletzt aufgerufen am 16.3.2021)