Sommerschule statt Sommerferien – eine Option? 

Ausgefallener Unterricht, dürftige Digitalisierung, monatelanger Distanz- und Wechselunterricht und für die älteren Schüler*innen zusätzlich die Unsicherheit, ob und wie die Abschlussprüfungen stattfinden – es gab in den vergangenen Jahrzehnten wohl kein Schuljahr, das für die Schüler*innen mit so viel Stress verbunden war, wie Unterricht in Zeiten der Pandemie.

Wer den verpassten Stoff wieder aufholen muss, könnte die Sommerferien auch im Klassenzimmer oder vor dem Computer sitzen, anstatt die Zeit am Meer oder in den Bergen verbringen. So zumindest stellt sich das Dario Schramm, der Vorsitzende der Bundesschülerkonferenz, vor. „Dieses Corona-Schuljahr ist so ungewöhnlich, dass jeder die Chance haben muss, in einer Sommerschule Lerndefizite aufzuarbeiten“, sagt er. Da hat er nicht unrecht, aber ob dieser Vorstoß bei allen Schüler*innen gut ankommt, darf bezweifelt werden. Rückenwind verschaffen ihm die Ergebnisse mehrerer Studien, die wenig überraschend belegen: Je ärmer eine Familie und je schlechter die Ausstattung der Schule, desto größer die Defizite bei den Schüler*innen.

Einige Bundesländer bieten bereits Sommerschulen an, darunter Berlin, Bayern und Baden-Württemberg. Vor allem schwächere Schüler*innen sollen so Versäumtes nachholen können. Diese freiwilligen Kurse gehen in der Regel über zwei Wochen, unterrichtet werden vor allem die Kernfächer Deutsch und Mathematik, zum Teil auch Englisch.

Und der Blick über den Teich oder zu unseren Nachbarn auf der Insel bestätigt den positiven Effekt. Dort gibt es das Angebot an Sommerschulen schon lange, insbesondere bei Privatschulen. In Deutschland sollen diese nun Corona-bedingte Ausfälle kompensieren. „Es ist sehr wichtig, dass etwas unternommen wird, um die Lernlücken zu schließen“, sagt Mareike Kunter vom DIPF Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation in Frankfurt. „Alles ist besser als nichts.“

Aber funktioniert das so pauschal? Können ein paar Wochen Sommerunterricht die Defizite der vergangenen Monate ausgleichen? Wohl kaum – zumindest nicht im Gießkannenprinzip ohne Berücksichtigung von individuellen Stärken und Schwächen bei den Schüler*innen. Denn im Unterschied zu herkömmlichen Schulen unterrichten in den Sommerschulen Honorarkräfte wie Lehramtsstudenten oder pensionierte Lehrer, zum Teil auch Quereinsteiger*innen mit Uniabschluss. Denn die regulären Lehrer*innen, die ihre Schüler*innen genau kennen, haben in den Sommerferien auch frei. „Es ist nachgewiesen, dass Nachhilfe nur dann funktioniert, wenn der externe Lehrer qualifiziert ist und sich mit dem regulären Lehrer über die Bedürfnisse des [einzelnen] Schülers austauscht“, bestätigt der Bildungsforscher Olaf Köller von der Universität Kiel. Und das sei so sicherlich nicht immer gegeben.

Was Sommerschulen gut leisten können, ist die Vermittlung grundlegender Kenntnisse, wie man sie braucht, um in den Kernfächern weiter dem Unterricht folgen zu können. Dazu gehört z. B. wie das Addieren von Brüchen funktioniert oder worin sich die Vergangenheitsformen im Englischen unterscheiden. In der Schule geht es aber selten nur um reinen Wissenserwerb. Grundschüler*innen beispielsweise müssen erst lernen, wie man sich Wissen überhaupt aneignet, wie man Inhalte erfasst oder wie man sich helfen kann, wenn man nicht weiterkommt. Dieses so genannte selbstregulierte Lernen lernen die Kinder nicht nebenbei in zwei Wochen Sommerkurs, dafür braucht es Zeit und Fachleute, die es gezielt fördern. Und wie heißt es so schön: Gut Ding will Weile haben! Gerade Grundschüler*innen brauchen anfangs mehr Zeit, um Vertrauen aufzubauen und sich auf eine Lehrkraft einzulassen.

Größtes Hemmnis ist und bleibt aber die Motivation. Wie motiviert man Kinder und Jugendliche, weiter in die Schule zu gehen, während ihre Freunde am See oder im Urlaub sind? Ein Lösungsansatz sind erlebnispädagogische Maßnahmen aus den Bereichen Kunst, Musik und Sport, die manche Schule zusätzlich anbieten. Das kann aber nicht jede Schule leisten. Manchem Schüler und mancher Schülerin wäre vielleicht mit einer gezielten Nachhilfe, die individuell auf seine oder ihre Bedürfnisse und Defizite eingeht, mehr gedient. Positiv lässt sich das Angebot an Sommerschulen aber auch als erster Hinweis der Politik deuten, dass sich die Verantwortlichen wirklich um die Folgen der Pandemie an den Schulen kümmern wollen.

Lösungsorientiertes Arbeiten im Team – Schritt für Schritt

Nach über einem Jahr mit Änderungen im Alltag – was eine hohe Flexibilität und Weitsicht benötigte und weiterhin benötigt – ist die aktuelle Situation fast „normal“. An der einen oder anderen Stelle resignieren wir und lassen Dinge laufen, weil die Energie fehlt. Ideen gehen aus, wie ein problembehaftetes Thema bearbeitet werden kann. Stille Konflikte werden nicht ausgesprochen und wirken sich trotzdem vielfältig aus – auf die Kommunikation, auf die Stimmung im Team. Auch körperliche Reaktionen sind nicht auszuschließen. Wie geht es Ihnen im Moment in Ihrem Team? Was vermissen Sie? Was hat sich verbessert? Zu welcher Kolleg*in haben sie den Kontakt verloren? …

Jedes Handeln ist in gewisser Weise eine Reise ins Ungewisse: Denn kein Mensch kann voraussehen, wie sein Gegenüber auf eine Frage oder Bitte reagiert. Dieselbe Frage, an verschiedene Personen gerichtet, wird sehr wahrscheinlich unterschiedliche Antworten hervorbringen. Sonja Radatz erklärt das sehr treffend: „Alles, was wir tun oder nicht tun, hat Auswirkungen – wir wissen nur nicht welche: Beispielsweise können wir davon ausgehen, dass die Ankündigung: „Ab nächstem Jahr muss der Umsatz verdoppelt werden“, in jedem Fall eine aktive Veränderung hervorruft. Das Teuflische ist nur: Wir wissen nie im Voraus welche. Denn wir haben es mit nichttrivialen Lebewesen (…) zu tun, viel mehr noch: mit denkenden und fühlenden Menschen, die Antworten welcher Art auch immer geben können und sich in jedem Augenblick ihres Lebens (…) neu für bestimmte Antworten oder Reaktionen entscheiden“ (Radatz 2015, S. 43). Ein Vorgesetzter oder eine Vorgesetzte nimmt Einfluss auf ein Team, durch Fragen, Vorgaben oder Informationen. Jedoch kann er/sie nicht annehmen, dass die Reaktionen der Menschen so ausfallen, wie sie/er sich das wünscht.

Teams berichten, dass der lückenlose Austausch mit allen Kolleg*innen im Alltag derzeit fehlt, Unstimmigkeiten nicht besprochen werden und wichtige, pädagogische Themen nur noch in den Teamsitzungen online diskutiert werden. Hier ist jede/r gefordert; es benötigt mehr Energie und Einfallsreichtum, um den Kontakt aufrecht zu erhalten. Hier und da wird der Wunsch nach einem Teamcoaching geäußert. Aber wie kann das funktionieren, wenn das Team nicht in Präsenz zusammenarbeiten darf?

Eine Variante, im Team lösungsorientiert an Themen zu arbeiten, ist der so genannte SolutionCircle von Daniel Meier (2005, S. 61 ff), welcher in acht Schritten durchgeführt wird.

  1. Rahmen klären: Wie lange sitzen wir heute zusammen? Welches Thema bearbeiten wir heute? Wer hat welche Rolle? Welche Kommunikationsregeln sollen eingehalten werden, damit alle gut mitarbeiten können? Es geht weniger darum Probleme zu analysieren, sondern Lösungen zu entwickeln.
  2. Ziele: Hier definieren alle, wann für sie die gemeinsame Arbeit heute erfolgreich ist. Fragen wie: Was soll heute passieren, damit es sich für alle gelohnt hat, dabei zu sein? Was soll am Schluss anders sein als vorher?
  3. Brennpunkte: Alle Teilnehmenden schreiben Stichworte von unbefriedigenden Erlebnissen oder Situationen auf. Verständnisfragen zu den einzelnen Themen können gestellt werden. Anschließend werden die Stichworte nach Themen angeordnet und sortiert. Nachdem Oberthemen formuliert sind, kann jedes Teammitglied entscheiden, welches der Themen oberste Priorität für ihn hat. Dadurch ergeben sich verschiedene Interessengruppen, die an diversen Themen arbeiten. Somit kann jede/r an dem Thema arbeiten, an dem die Bereitschaft, Energie zu investieren und Veränderungen herbeizuführen, groß ist.
  4. Sternstunden: In diesem Schritt machen sich die Interessengruppen auf die Suche nach Situationen, in denen das Problem weniger oder gar nicht aufgetreten ist. Hilfreiche Fragen können sein: Welche Begebenheiten gab es in den letzten Wochen, die bezüglich der Fragestellung wie eine kleine Sternstunde erschienen? Was war dabei genau anders? Was könnten wir aus den Sternstunden für die Lösung des Problems lernen?
  5. Future Perfect: Nun entwirft die Interessengruppe eine möglichst präzise Vorstellung einer Zukunft, in der das jeweilige Problem gelöst ist. Sie können hierfür diese Fragen nutzen: Wenn wir zusammen wirklich sehr erfolgreich wären und sich unser Team dabei genau nach unseren Wünschen entwickeln würde, wo würden wir dann in zwei Jahren stehen? Was wird dann genau anders sein? Was werde ich anderes machen?
    In der anschließenden Präsentation ist es wichtig, dass jede Idee oder Vorstellung anerkannt wird. Beiträge wie „das geht aber nicht, weil…“ haben hier keinen Platz. Es geht darum, Vorstellungen und Ideen auszutauschen.
  6. Scaling Dance: In diesem Schritt schätzen die einzelnen Teammitglieder mit Hilfe einer Skala von 1 bis 10 (wobei 10 besonders fortgeschritten bedeutet) die heutige Situation ein: Wo stehe ich heute bezüglich des Themas X? Wie habe ich es geschafft, auf diese Position zu kommen? Was macht den Unterschied zwischen der 1 und meiner Position aus? Bei der Anwendung der Skala geht es darum zu erfahren, wie es zu der jeweiligen Einschätzung gekommen ist. Verbunden damit ist die Fragestellung: Was ist bereits gelungen? Welche Ressourcen wurden eingesetzt?
  7. Maßnahmen: Nun werden konkrete Maßnahmen formuliert, die das Team in nächster Zukunft umsetzen kann – am besten schon morgen! 😉
    Dies geschieht auf Basis des vorangegangenen Schrittes; es wird festgehalten, was getan werden muss, um einen kleinen Schritt in Richtung 10 zu gehen. Welche Abmachungen werden getroffen, um im Alltag an den besprochenen Lösungen zu arbeiten und die Fortschritte zu reflektieren? Was kann ich dazu beitragen, dass etwas vorwärts geht? In welcher Art werden wir die ersten kleinen Erfolge feiern?
  8. Persönlicher Auftrag: Jedes Teammitglied überlegt und notiert sich, was er/sie in der Folge zu einem gelingenden Teamprozess, bei dem alle gut zusammenarbeiten und sich entfalten können, beitragen könnte. Dies muss nicht zwingend im Plenum veröffentlicht werden. Einen Fortschritt können Sie auch spielerisch sichtbar machen: Stellen Sie ein Bonbonglas und eine Schüssel mit Bonbons auf. In das Glas wird immer dann ein Bonbon gelegt, wenn zieldienliches Verhalten im Team beobachtet wird. In den Teamsitzungen sollte zum Thema gemacht werden, wie die Bonbons ins Glas gekommen sind. Danach können sie vernascht werden.

Online-Tools

Um den SolutionCircle oder auch andere Aufgaben online und Gewinn bringend durchzuführen, können verschiedene Tools benutzt werden.

Ein Whiteboard wie z. B. conceptboard finden Sie hier. Hier können Sie Ihre Ideen festhalten und gemeinsam Ideen entwickeln – von überall.

Eine weitere Variante ist das so genannte Padlet. Der Schwerpunkt der App liegt auf der Zusammenarbeit untereinander. Es können Inhalte erstellt, geteilt, in Echtzeit aktualisiert und diskutiert werden. Diese digitale Pinnwand bietet die Möglichkeit, Bilder, Texte, Zeichnungen, Links und vieles mehr zu erstellen. Durch Live-Chats und das Kommentieren von Einträgen können die Benutzer miteinander kommunizieren.

Skalierungen können mit dem Mentimeter sichtbar gemacht werden. Dies ist ein Abstimmungs- sowie Brainstorming-Tool, welches eine Vielzahl an interaktiven Möglichkeiten bietet.

Steve de Shazer, ein amerikanischer Psychotherapeut, hat einmal gesagt: „Problem talk creates problems. Solution talk creates solutions.” Dieses Zitat fasst den Nutzen des SolutionCircle hervorragend zusammen. In schwierigen Situationen – das kennen wir alle – wird oft nach dem „Warum?“ und „Weshalb?“ gefragt. In der Regel wird viel Zeit für die Problemanalyse aufgewendet, Personen bleiben mitunter bei der Analyse stecken. Der Blick auf eine Lösung und die Zukunft wird nicht gesucht. Im SolutionCircle hingegen geht es um das „Wohin?“. Bei diesem Ansatz konzentrieren wir uns auf Erfolgserlebnisse aus der Vergangenheit, die für neue Lösungen nützlich sein können. Die Ressourcen, vergangene Erfolge heranzuziehen, besitzen Sie alle. Oft liefern bekannte Lösungen bereits erste Hinweise, wie eine neue Herausforderung gemeistert werden kann. Nutzen Sie Ihre Zeit, um Visionen zu entwickeln und gemeinsam mit viel Energie, Engagement und Spaß in die Zukunft zu gehen. Bei Fragen zu der Methode kommen Sie gerne auf mich zu.

Literatur

Radatz, Sonja (2015): Beratung ohne Ratschlag – Systemisches Coaching für Führungskräfte und BeraterInnen. 9. Auflage. literatur-vsm, Wolkersdorf

Meier, Daniel (2005): Wege zur erfolgreichen Teamentwicklung – Mit dem SolutionCircle Turbulenzen im Team als Chance nutzen. Überarbeitete Neuauflage. solutionsurfers, Basel

Mehr von Barbara Schmieder

Klasse 8 der Freien element-i Gemeinschaftsschule Karlsruhe als Reporter*innen unterwegs

Nach einem Interview von Clemens M. Weegmann, dem Schulleiter der Freien element-i Schulen, beim Regionalsender Baden TV entstand gemeinsam mit dem dortigen Senderchef die Idee einer Kooperation zwischen dem Sender und unserer Schule: Die Regio Kids waren geboren. Die ersten Beiträge sind bereits gedreht und online gestellt: Regio Kids | Baden TV (baden-tv.com).

Federführend sind derzeit die Schüler*innen der achten Klasse, gemeinsam mit ihrer Deutschlehrerin Maren Göppert. Sobald das Projekt weiter an Fahrt gewinnt, werden auch die Schüler*innen anderer Klassenstufen miteinbezogen. Jede und jeder, die/der will kann mitmachen. Benotet wird das Projekt nicht.

Startschuss war der 25. Februar. Beim ersten Treffen im Sender waren drei Schüler*innen mit ihrer Lehrerin vor Ort, die anderen waren online zugeschaltet, außerdem waren der Redaktionsleiter von Baden TV, Max Stockburger, und Lilly Repplinger, die Redaktionsassistentin und Sprechtrainerin, mit dabei. Passend zur Situation und ganz aktuell war das Thema „Homeschooling“ bereits im Vorfeld für den Einstieg ausgesucht worden. Die Schüler*innen hatten sich dazu Interviewfragen überlegt und befragten sich gegenseitig.

Ein paar spielerische Auflockerungsübungen vor der Kamera bereiteten die Schüler*innen dann für die erste Aufzeichnung am 4. März vor. Alle waren mit großem Engagement dabei und freuten sich darauf, das erste Mal live vor der Kamera zu agieren.  Auch die Schüler*innen, die anfänglich unsicher waren, wurden im Verlauf der Übungen immer mutiger und selbstsicherer. „Das war eine ganz neue Erfahrung für sie. Ich bin sicher, dass das Projekt über die Schulung von journalistischen Fähigkeiten hinaus, auch das persönliche Auftreten und Selbstbewusstsein unserer Schüler*innen stärken wird“, freut sich Maren Göppert.

Die Schüler*innen lernen, wie sie aus einer Idee eine Nachricht machen. Dazu gehört, dass sie einen Blick dafür entwickeln, was wichtig ist. Die Recherche zu einem Thema, das Eingrenzen des recherchierten Materials auf die Kernaussage, die Überlegung, wie man Dinge, die einem wichtig sind, für andere so deutlich macht, dass diese auf der „anderen Seite der Kamera“ ankommen – sind dabei wichtige Lernerfahrungen. Darüber hinaus lernen sie wie man sich vor einer Kamera bewegt und selbst mit Maske deutlich spricht. Auch der Blick auf alltägliche Themen und wie sich diese in eine Nachricht umarbeiten lassen, ist sicher etwas, was den Schüler*innen während der Arbeit erst richtig bewusst wird.

Für zukünftige Beiträge gibt es bereits eine Liste an Themen, die die Schüler*innen weiterverfolgen wollen. Darüber hinaus kommen auch Themen vom Sender selbst, die aus dem Blickwinkel von Jugendlichen betrachtet, noch einmal ganz neue und spannende Perspektiven haben. Der ursprünglich angedachte Zwei-Wochen-Rhythmus für die Produktion hat sich allerdings nicht als realistisch erwiesen. Zum einen, weil beim Sender häufig tagesaktuelle Themen, wie z. B. die Landtagswahl im März oder Aktuelles im Zusammenhang mit Corona, in die Quere kommen, zum anderen, weil die Schüler*innen ihre Themen selbst einbringen und recherchieren, was natürlich auch Zeit in Anspruch nimmt. Mindestens eine Folge pro Monat soll es aber werden.

Bis jetzt liegt die Eigenleistung der Schüler*innen in der Entwicklung der Themen, der Ausarbeitung des Inhalts und natürlich der Arbeit vor der Kamera. Wenn sie durch Corona irgendwann nicht mehr so eingeschränkt sind, hofft Maren Göppert, dass die Jugendlichen beim Sender auch „hinter den Kulissen“ arbeiten dürfen und gezeigt bekommen, welche Arbeiten noch passieren, damit ihre Beiträge gezeigt werden können, so z. B. der Schnitt, die Vertonung usw.

„Ich finde das Projekt unglaublich wertvoll und denke, dass sich, wenn wir mal wieder mehr Bewegungsfreiheit haben, hier eine Möglichkeit bietet, mit den Schüler*innen wichtige Themen aus ihrer Lebenswirklichkeit abbilden zu können, um ihnen so eine Stimme zu geben, die häufig zu wenig gehört und ernst genommen wird“, resümiert Maren Göppert. „Das ist sinnvoll einerseits im Sinne der Meinungsbildung, andererseits sicher auch im Hinblick auf die Global Goals, die vielen unserer Schüler*innen sehr am Herzen liegen und die sie gerne näher beleuchten wollen.“

Bericht vom Sommerfest der element-i Rheinpiloten

Nachdem das Sommerfest 2020 Corona-bedingt leider ausgefallen war, haben es die Rheinpiloten in diesem Jahr umso schöner nachgeholt – allerdings ohne Eltern.

Los ging’s nach der Mittagsruhe. Der Duft von leckeren Waffeln und Popcorn lag bereits in der Luft und lockte die Kinder ins Freie, wo auch die große Hüpfburg auf der Terrasse aufgebaut war. Ein Riesenspaß!

Bei all dem Trubel wurden die Eltern dann auch nicht mehr allzu sehr vermisst. „Ich fand das Sommerfest sehr schön. Mir hat das Essen am besten gefallen und ohne Eltern war es okay“, erzählt die sechsjährige Helena.

Beim Kinderschminken schlüpften die Kinder in verschiedene Rollen und wurden als Spiderman, Blumenkinder oder gefährlicher Tiger geschminkt. Es wurde Stopptanz gespielt und zur großen Freude aller Naschkatzen hingen mit leckeren Süßigkeiten gefüllte Piñatas von der Decke.

Die Kinder hatten großen Spaß an diesem Tag und es war sehr schön, die Rheinpiloten alle zusammen toben, lachen, tanzen und naschen zu sehen.

Bleibt zu hoffen, dass das nächste Sommerfest wieder mit den Eltern geplant und gestaltet werden darf. Denn ein bisschen haben Mama und Papa beim Feiern dann doch gefehlt. „Das Sommerfest war toll. Ich fand die Hüpfburg am besten, aber es war schade, dass die Eltern nicht dabei waren“, resümiert der sechsjährige Lennard.

element-i Rheinpiloten SommerfestPinata element-i Rheinpiloten Sommerfest Hüpfburg 1

„Wadde hadde du de da?“: Babysprache und ihre Wirkung

Wer erinnert sich nicht mehr an den kuriosen Auftritt Stefan Raabs beim Grandprix (oder hieß der damals schon Eurovision Song Contest?) im Jahr 2000? Zum Songtitel in Babysprache inspiriert wurde der Entertainer nach eigener Aussage, als er im Park einer älteren Dame mit Hund begegnete. Weil das Tier etwas Undefinierbares im Maul hatte, fragte die Halterin: „Wadde hadde du de da?“  

Hundebesitzer reden mit ihren Tieren oft wie mit Babys. Und ja: Studien zeigen wohl, dass vor allem Welpen aufmerksamer und anhänglicher sind, wenn man in einer übertrieben hohen Stimmlage und in einfachen Silben mit ihnen spricht. Aber gilt das auch für die ursprünglichen Adressaten der Babysprache? Und schaden wir mit „dudu“ und „dada“ womöglich sogar dem Spracherwerb unseres Nachwuchses? 

Kindgerichtete Sprache fördert den Spracherwerb

Nein, sagt die Wissenschaft. Wer sich einem Säugling gegenüber sieht, verfällt fast automatisch in diese Sprechweise. Und das sei auch gut so. „Eltern, die [die so genannte] kindgerichtete Sprache anwenden, fördern den Spracherwerb ihrer Kinder“, schreibt ein Team um Roberta Michnick Golinkoff von der University of Delaware in den Current Directions in Psychological Science 

Denn die Unterschiede zwischen kind- und erwachsenengerichteter Sprache finden sich in verschiedener Ausprägung quer durch alle Kulturen. Diese interkulturelle Ähnlichkeit weist darauf hin, dass diese Form der Ansprache gegenüber Säuglingen biologisch wohl tief verwurzelt ist. Womöglich reichen ihre Ursprünge sogar weiter zurück als die der menschlichen Sprache.  

Babys lernen Worte leichter

Was die Wissenschaftler allerdings nicht genau sagen können, ist, warum Babysprache den Spracherwerb unterstützt. Daher drücken sie es lieber so aus: „Die Frage ist nicht, ob kindgerichtete Sprache eine Rolle für die Sprachentwicklung spielt, sondern wie und wann.“ 

In einer Studie im Fachmagazin Royal Society Open Science argumentiert ein Team um Marina Kalashnikova von der Western Sydney University, die speziellen Lautäußerungen gegenüber Säuglingen hätten sich bereits in vorsprachlicher Zeit in dem Bestreben entwickelt, weniger bedrohlich auf einen Säugling zu wirken. Im Zuge der Evolution der menschlichen Sprache sei dann ein weiterer Effekt dazugekommen: Babys verstehen und erlernen Worte leichter, wenn sie sie in kindgerichteter Sprache hören. 

Diese Lernerleichterung halten viele Wissenschaftler dagegen nicht bloß für einen Nebeneffekt, sondern für den ursprünglichen Sinn der Babysprache. So ergab eine Untersuchung von Kindern, die im Alter von einem Jahr viel Babysprache gehört hatten, dass sie mit zwei Jahren einen größeren Wortschatz hatten als Gleichaltrige, mit denen zuvor ganz normal gesprochen wurde.  

Abwechslung und positive Emotionen

Kommen wir nochmal zurück zu der Frage, ob Babys Babysprache überhaupt mögen. Und hier können wohl die meisten Eltern aus Erfahrung sagen: Ja, das tun sie. „Einige Studien zeigen, dass Babys die kindgerichtete Sprache bevorzugen“, bestätigt auch Bettina Braun, Leiterin des Babysprachlabors der Uni Konstanz. Sie spielt Kleinkindern aus Lautsprechern verschiedene Sätze vor – mal in Baby- mal in Erwachsenensprache. Das Abspielen endet, sobald sich das Kind vom jeweiligen Lautsprecher abwendet – ein Zeichen für nachlassende Aufmerksamkeit. Dazu kommt es im Fall der Erwachsenensprache häufiger und schneller. 

Grundsätzlich kann man also sagen: Babysprache erleichtert Babys den Erwerb der Sprache, weil die Struktur einfacher und die Laute übertrieben artikuliert sind. Dazu kommen die positiven Emotionen, die mit der Babysprache transportiert werden. Aber es kommt wohl auch auf die gesunde Mischung in der Kommunikation mit dem Kleinkind an – der geschieht im Alltag zum Glück weitgehend automatisch. Denn Mama und Papa reden anders mit dem Kind als Oma und Opa, und Geschwister, Erzieher oder Freunde haben noch einmal ihre eigene Art der Kommunikation. Das Baby freut’s und das wiederum fördert ihre Aufmerksamkeit. So können sie Sprache viel besser aufnehmen. 

Mehr von Christian Klar

Exekutive Funktionen: Wichtige Lenker für die Entwicklung von Kindern

Jeder beobachtet und erlebt die Entwicklung von Kindern in unterschiedlichsten alltäglichen Situationen. Oft fragt man sich: Was steckt dahinter? Vielleicht haben Sie schon mal eine ähnliche Situation erlebt: 

Emil spielt mit einem roten Auto. Lucie schaut ihm dabei sehr interessiert zu und würde gerne mitspielen. Sie traut sich nicht richtig und weiß nicht, was sie machen soll. Plötzlich geht sie zu Emil und reißt ihm das Auto aus der Hand. Folgende Situation ergibt sich nun: Lucie hat zwar jetzt das rote Auto, aber Emil fängt an zu weinen und rennt weg. Allein spielen will Lucie nicht. 

In diesem Fall kann sich Lucie noch nicht in Emil hineinversetzen und ihre Handlungen daran ausrichten. Die Fähigkeit zur Selbstregulation und zur Impulskontrolle, welche im Beispiel noch nicht ausreichend entwickelt sind, zählen zu den so genannten Exekutiven Funktionen und entwickeln sich über eine lange Zeit hinweg. Die folgenden Erkenntnisse können Ihnen helfen, Situationen im Alltag besser zu verstehen und dadurch ihr pädagogisches Handeln entsprechend anzupassen.   

Was versteht man eigentlich unter Exekutiven Funktionen?

Exekutive Funktionen stellen geistige Fähigkeiten dar, die bereits mit ihrer Entwicklung im Säuglingsalter beginnen und erst im frühen Erwachsenalter (ca. mit 25 Jahren) voll ausgebildet sind (vgl. Walk & Evers, 2013, S. 18). Diese Funktionen benötigen wir, um uns an unterschiedliche Situationen anzupassen, unser Verhalten dementsprechend auszurichten und uns selbst zu regulieren. Da sich diese Exekutiven Funktionen in unserem Frontalhirn befinden, werden sie auch „Frontalhirnfunktionen“ genannt (vgl. Walk & Evers, 2013, S. 9). Sie steuern unser Denken und Handeln und stellen eine wichtige Basis für die sozial-emotionale Entwicklung von Kindern dar (vgl. Walk & Evers, 2013, S. 10). Unser Exekutives System teilt sich in drei große Teilaspekte auf, welche eng miteinander zusammenarbeiten: Inhibition (=Impulskontrolle), Kognitive Flexibilität und Arbeitsgedächtnis. 

Die Inhibition kann man sich als inneres Stopp-Schild vorstellen, welches hilft, unbewusste Impulse zu hemmen. Mit ihr lassen sich unsere inneren Impulse kontrollieren und unangemessenes Verhalten kann unterdrückt oder einer Situation angepasst werden. Sie ist außerdem dafür zuständig, Störreize auszublenden und unsere Aufmerksamkeit zu steuern. Die Inhibition ermöglicht es uns, zuerst zu denken und dann zu handeln (vgl. Walk & Evers, 2013, S. 13). 

Stellen Sie sich vor, Kinder spielen auf dem Gehweg Fußball. Wenn nun der Ball auf die Straße rollt, lässt die entwickelte Inhibition Sie Ihren ersten Impuls, dem Ball hinterherzurennen, unterdrücken und veranlasst Sie, zuerst zu schauen, ob ein Auto kommt.  

Die Kognitive Flexibilität ist die Fähigkeit, sich an neue, sich verändernde Situationen und Bedingungen anzupassen und ist notwendig, um einen Perspektivenwechsel vornehmen zu können. Sie unterstützt außerdem die Problemlösefähigkeit und verhilft zu kreativem Denken. Sie befähigt dazu, Prioritäten setzen zu können, Alternativen zu überlegen, diese abzuwägen und Entscheidungen zu treffen (vgl. Walk & Evers, 2013, S. 15). 

Stellen Sie sich vor, Tim und Max streiten sich im Garten um ein Fahrzeug. Sophie beobachtet dies und versucht, zwischen den beiden zu vermitteln. Dabei weist Sophie Tim darauf hin, dass Max gerade erst das Auto genommen hat und Tim noch ein paar Minuten warten muss, bis er an der Reihe ist. Max rät sie, Tim dies zu sagen, damit er es auch verstehen kann. Dies zeigt, dass Sophie mit ihrer Kognitiven Flexibilität dazu in der Lage ist, die Perspektive zu wechseln und daraufhin flexibel zu reagieren. 

Das Arbeitsgedächtnis stellt einen Speicher- und Verarbeitungsort für Informationen dar. Dies ist wichtig für unser Denken und Handeln und bildet eine wichtige Voraussetzung für Sprache und mathematisches Denken. Mithilfe der gespeicherten Informationen des Arbeitsgedächtnisses, welches sich mit dem Langzeitgedächtnis austauscht, können Probleme gelöst, Pläne entwickelt und umgesetzt werden. Außerdem werden hier Regeln gespeichert, die bei Bedarf abrufbar sind (vgl. Walk & Evers, 2013, S. 11). 

Stellen Sie sich vor, Sie spielen mit den Kindern Feuer-Wasser-Sturm. Dabei müssen sich die Kinder stets an die Regeln und die Handlungen erinnern, die bei den einzelnen Elementen ausgeführt werden müssen. Diese Informationen befinden sich im Arbeitsgedächtnis und lassen sich über dieses abrufen. 

Schaut man sich die Faktoren an, welche die Entwicklung von Exekutiven Funktionen beeinflussen, unterscheidet man zwischen biologischen Faktoren und Umweltfaktoren. Zu den biologischen Faktoren zählen das Alter, welches sich auf die Hirnreifung auswirkt, das Geschlecht, wobei geschlechtsspezifische Unterschiede auf kulturelle Rollenbilder zurückzuführen sind, sowie die genetische Veranlagung. Die exekutiven Funktionen sind geprägt von Erfahrungen und entwickeln sich gebrauchsabhängig am besten in einer förderlichen Umgebung. Umweltfaktoren stellen die Kultur, das soziale Umfeld und soziale Bindungen dar. Nur wer ein Gefühl von Sicherheit verspürt, traut sich etwas Neues auszuprobieren und sich Herausforderungen zu stellen (vgl. Walk & Evers, 2013, S. 23ff). 

Auswirkungen auf soziales Verhalten 

Die exekutiven Funktionen spielen auch eine große Rolle für das soziale Verhalten, denn um Herausforderungen zu meistern benötigt man sozial-emotionale Kompetenzen. Zu diesen Kompetenzen zählen das Wahrnehmen der eigenen Gefühle, diese mitteilen zu können, sich selbst zu regulieren und unterschiedliche Perspektiven einnehmen zu können (vgl. Walk & Evers, 2013, S. 26). All dies sind Aspekte des Bildungsbereichs Soziales Miteinander. 

Förderungsmöglichkeiten exekutiver Funktionen im Alltag

Kognitive Förderung 

Je öfter die Exekutiven Funktionen gefördert werden, desto effektiver werden sie gefördert. Daher sollten für Kinder entsprechende Lerngelegenheiten geschaffen werden, welche die Exekutiven Funktionen fördern, wie z.B. die Bewältigung von herausfordernden Situationen. Dies leisten wir z.B. mit unseren element-i Bögen, wenn wir nach der Zone der nächsten Entwicklung der Kinder schauen. Wichtig dabei ist jedoch, dass die Herausforderungen bewältigt werden kann. Denn nur so erleben die Kinder ein Erfolgserlebnis, welches zu einer Verbesserung der exekutiven Funktionen führen kann. Die Kinder sollten angeregt und ermutigt werden, selbst zu denken, Lösungen zu finden und ihr Verhalten zu kontrollieren. Dabei kann die Fachkraft je nach Entwicklungsstand unterstützen. Möglichkeiten, um alle Teilaspekte der Exekutiven Funktionen zu fördern, sind z.B. Merkaufgaben und Erinnerungen abrufen (Arbeitsgedächtnis), in Stresssituationen zuerst nachdenken dann handeln (Inhibition) und sich in andere hineinversetzen (Flexibilität). Die Bearbeitung unterschiedlicher Situationen kann durch Hilfsmittel wie Symbolkarten unterstützt werden, z.B. kann in der Kinderkonferenz beim Thema Regeln ein Bild von einem Ohr gezeigt werden – als Symbol für „Wir hören einander zu“. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Kinder anzuregen, einen Plan zu erstellen und einzelne Teilschritte zu überlegen, um ein Ziel zu erreichen, z.B. bei einem Impuls: Was haben wir vor? Was benötigen wir an Material? Wie wollen wir vorgehen (vgl. Walk & Evers, 2013, S. 35)? Bei diesen kognitiven Fördermaßnahmen sollte man folgende 4 Punkte beachten (vgl. Walk & Evers, 2013, S. 38-40): 

  • Gelegenheiten schaffen: Die Kinder sollen selbst ins Tun kommen, autonom sein, Entscheidungen eigenständig treffen dürfen und eigene Lösungen suchen. Hierzu bietet die Leitlinie Autonomie einen guten Rahmen. 
  • Positive Emotionen wecken: Freude am Lernen ist enorm wichtig, denn Informationen können viel besser behalten werden, wenn sie mit Freude aufgenommen werden. Außerdem wirken sich Erfolgserlebnisse bei Herausforderungen positiv auf die Förderung der Exekutiven Funktionen aus. 
  • Herausforderungen bieten: Die Kinder sollten entsprechend ihres Entwicklungsstandes herausgefordert werden, dabei aber weder unter- noch überfordert werden. 
  • Soziale Situationen schaffen: In Interaktion mit anderen werden Emotionen und Verhaltensregulation angesprochen. Wir lernen, uns selbst zu regulieren und andere Sichtweisen einzunehmen. Gemeinsames Aushandeln sowie das Ausprobieren unterschiedlicher Handlungsstrategien und Lösungsalternativen in sozialen Situationen bieten Kindern vielfältige Möglichkeiten, sich auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln. Als Vorbild dienen stets die pädagogischen Fachkräfte, welche soziale Situationen als Chance des Ausprobierens und Aushandelns nutzen und eröffnen sollten. 

Spielerische Förderung

Das Spiel als Bildungsgelegenheit der Kinder bietet vielfältige Möglichkeiten, alle drei genannten Teilaspekte der Exekutiven Funktionen zu erproben. Das Arbeitsgedächtnis hilft uns beim Spielen, sich an Regeln zu erinnern. Die Inhibition unterstützt uns dabei, im Spiel Impulse zu unterdrücken und mit Niederlagen umzugehen. Müssen wir Kompromisse schließen, nachgeben oder auch die Perspektive wechseln, kommt die kognitive Flexibilität zum Einsatz (vgl. Walk & Evers, 2013, S. 44). Bewegungs- und Spielsituationen bieten somit kognitive und soziale Lerngelegenheiten für die Kinder. Sie lernen ihre Grenzen kennen und können sich selbst einschätzen (vgl. Walk & Evers, 2013, S. 40). 

Förderung durch Sport und Bewegung

Unsere Exekutiven Funktionen können durch die Ausübung von körperlichen Tätigkeiten in ihrer Entwicklung unterstützt werden. Kompliziertere Bewegungsabläufe wie z.B. ein Hindernisparcours oder Gruppenbewegungsspiele regen die Kinder an, wertvolle Erfahrungen zu sammeln, welche die Entwicklung der Exekutiven Funktionen unterstützen. Die Kinder müssen sich dabei an Spielregeln halten, Impulse regulieren und auf die Mitspielenden eingehen, um ein erfolgreiches Spiel zu ermöglichen (vgl. Walk & Evers, 2013, S. 43) 

Autorin: Selina Jörg, DH-Studentin

Literatur 

Walk, L. M., & Evers, W. (2013). fex-Förderung exekutiver Funktionen. Wehrfritz GmbH 

Einschlaf-Tipps: Wenn La-le-lu alleine nicht reicht 

Sieben gute Einschlaf-Tipps für Ihr Kind

Es soll Kinder geben, die abends problemlos schlafen gehen, ohne zu meckern oder Ausreden zu erfinden. Meistens sieht es aber eher so aus: Die Eltern sind hundemüde, der Nachwuchs ist fit – und das betrifft keineswegs nur die Eltern von Säuglingen. Auch Klein-, Kindergarten- oder Schulkinder können sich mit dem Schlafen noch schwertun. Sie schlafen nicht gut ein, wachen nachts häufiger auf, wollen nicht im eigenen Bett schlafen oder nur dann, wenn Mama oder Papa neben ihnen sitzen. 

Auf die Frage „Wie bringe ich mein Kind zum Schlafen“, gibt es leider keine Standard-Antwort, dafür aber jede Menge Tipps und Methoden. Welche bei Ihrem Kind funktionieren, müssen Sie allerdings selbst herausfinden. 

Je früher, desto besser

Säuglinge schlafen zu Beginn fast rund um die Uhr, dann, ab einem Alter von ca. drei Monaten ändert sich das. Plötzlich kann das gewohnte Spätnachmittagsschläfchen verhindern, dass nachts gut geschlafen wird. Je eher Sie das unterbinden, desto besser wird die Nacht. Tatsächlich lernen Babys, die man abends müde ins Bettchen legt, schneller, allein einzuschlafen.  

Routinen einhalten

Kinder brauchen Routinen und feste Zeiten für ihren Biorhythmus. Wenn sie immer zur gleichen Zeit ins Bett gehen, stellt sich ihre innere Uhr automatisch auf die Zeiten ein, in denen sie wach sind oder müde werden (sollen). Wichtig für Eltern: konsequent bleiben – auch an den Wochenenden. Ausnahmen wie z. B. Silvester oder eine große Geburtstagsfeier sollten Ausnahmen bleiben, dann klappt’s auch mit dem Einschlafen. 

Kein blaues Licht am Abend

Grundsätzlich sollte die Zeit, die Kinder vor dem Tablet oder Fernsehbildschirm verbringen altersgerecht kurzgehalten werden. Auf einschlägigen Ratgeberportalen (z.B. bei der Initiative „SCHAU HIN!“ des BMFSFJ oder dem Informationsangebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) werden Bildschirmzeiten für Kinder bis zwölf Jahren empfohlen: 

  • 0 bis 2 Jahre: Möglichst keine Bildschirmmedien, eher Bilderbücher und Hörspiele/Lieder. 
  • 2 bis 3 Jahre: 5 bis 10 Minuten begleitete Bildschirmzeit. 
  • 4 bis 6 Jahre: Max. 30 Minuten am Tag. 
  • 7 bis 10 Jahre: Max. 60 Minuten am Tag freie Bildschirmzeit. Wichtig: Jugendschutz-Tools und -Einstellungen einsetzen, wenn das Kind ohne Begleitung online ist. 
  • 11 bis 12 Jahre: Max. 90 Minuten am Tag oder Wochenbudget von ca. 10 Stunden frei zur Verfügung stehende Bildschirmzeit. Denken Sie auch hier an geeignete Schutzmaßnahmen! 

Spätestens eine Stunde vor dem Einschlafen sollte allerdings Schluss sein. Denn das blaue Licht, das abgestrahlt wird, führt erwiesenermaßen zu Einschlafproblemen. Verbannen Sie daher den Fernseher oder Computerspiele aus dem Gute-Nacht-Programm. Lesen Sie Ihrem Kind bei gedimmtem Licht eine Geschichte vor oder reden Sie mit ihm noch ein bisschen über die Erlebnisse des Tages. Das bringt Kindergarten- und auch Schulkinder viel besser zur Ruhe. 

Was die Oma noch wusste

Vielleicht erinnern Sie sich noch an das wohlige Gefühl als Sie als Kind das Wochenende bei den Großeltern verbracht haben und dann am Samstagabend nach einem erlebnisreichen Tag bettschwer aus der Wanne ins kuschelige Daunenbett gesteckt worden sind. Der Klassiker wirkt auch heute noch wahre Wunder. Beim Abtrocknen allerdings nicht zu kräftig rubbeln, das bringt den Kreislauf wieder in Schwung – und das wollen Sie ja nicht. 

Stubenhocker an die Luft setzen

Egal, wie das Wetter ist, ein bis zwei Stunden sollten Kinder draußen rennen und toben – auf dem Spielplatz, im Park oder beim Sport. Das ist die beste Vorbereitung für eine ruhige Nacht. Das gilt im Übrigen auch für ältere Kinder, die in der Schule dauernd stillsitzen müssen: Je mehr Bewegung tagsüber stattgefunden hat, desto besser wird nachts geschlafen. 

Schlecht geträumt?

Wie bei uns Erwachsenen auch, können sich „Sorgen“ oder aufregende Ereignisse, die bevorstehen, auf das Schlafverhalten auswirken, z. B. die Eingewöhnung im Kindergarten oder bei etwas älteren Kindern die Einschulung. Vieles was tagsüber passiert, wird nachts verarbeitet. Kinder haben auch erwiesenermaßen mehr Alpträume als Erwachsene Kein Wunder also, wenn der Schlaf unruhig ist oder mitten in der Nacht der Sprössling neben Mamas Bett steht. Manchmal hilft es, kurz am Bett sitzen zu bleiben und ein bisschen zu trösten. Manchmal finden die Kleinen erst im Bett von Mama und Papa wieder zurück in den Schlaf. Hier muss jeder für sich selbst entscheiden, wie oft eine Nacht im Elternbett „erlaubt“ ist. 

Ohne meine Mama schlaf ich nicht

Manche Kinder schlafen nur ein, wenn Mama oder Papa neben dem Bett sitzen bleiben. Hier müssen Sie aufpassen! Die Ursachen für dieses Verhalten sind vielfältig. Manche Kinder haben Angst vor der Dunkelheit oder Trennungsängste. Oft hilft es schon, eine Nachtlampe anzuschalten oder Sachen von den Wänden zu entfernen, die gruselige Schatten werfen. Sind alle Probleme beseitigt, hilft dann sicher der ein oder andere oben beschriebene Tipp. Nehmen Sie sich in jedem Fall immer viel Zeit und bleiben Sie konsequent, dann klappt’s sicher bald mit dem Einschlafen.  

Mehr von Christian Klar

Der Gleichgewichtssinn – das vestibuläre System

Woran denken Sie, wenn Sie das Wort Gleichgewicht hören? Ich habe unmittelbar Bilder aus meiner Kindheit im Kopf, von Mauern in unserer Straße und von Hügeln und Baumstämmen im Wald, die ich immer wieder mit Begeisterung emporgeklettert und abgelaufen bin. Bei näherem Nachdenken verlaufen meine Gedanken zum inneren Gleichgewicht und es stellt sich die Frage: Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem seelischen und körperlichen Gleichgewicht? Ich knüpfe mit diesem Artikel an meinen Beitrag zum Thema Körperbewusstsein an, welcher die Bedeutung von Körperwahrnehmungen für ein positives subjektives Körperbewusstsein erläutert. Im vorliegenden Artikel wird ein Blick darauf geworfen, welchen Beitrag der Gleichgewichtssinn für das Körperbewusstsein leistet.

Das vestibuläre System  

Der Begriff vestibulär kommt von „vestibulum“ und bezieht sich auf den Vorhof des Gehör-Organs. Denn neben den beiden Innenohren liegen die Gleichgewichtsorgane: die Bogengänge und Vorhofsäckchen (auch Labyrinth genannt).  

Das vestibuläre System verarbeitet Informationen über die Lage des Körpers im Raum, die Auswirkungen der Schwerkraft auf die Lage des Körpers im Raum sowie die Schnelligkeit der Bewegungen (Wahrnehmung von linearer Beschleunigung). Das vestibuläre System unterstützt bei der Bewegungskoordination dahingehend, dass wir bei Bewegungen eine statische Außenwelt und einen bewegenden Körper erleben und nicht umgekehrt (vgl. Zimmer 2019, S. 133f) 

Durch die drei Bogengänge auf jeder Kopfseite ist es möglich, Veränderungen auf drei räumlichen Hauptachsen wahrzunehmen. Die Zellen mit den feinen Sinneshaaren nehmen jede Veränderung und jede Beschleunigung wahr. Über mehrere Nervenfasern werden Informationen aus den Bogengängen über den Gleichgewichtsnerv weitergeleitet und mit den visuellen Signalen und der Körperhaltung abgestimmt (vgl. Groschwald, Rosenkötter 2016, S. 95). Das vestibuläre System ist sehr sensibel. Bereits kleinste motorische Veränderungen von Bewegungsgeschwindigkeit oder Bewegungsrichtung veranlassen eine Wirkung, einen sensorischen Input, im Gehirn (vgl. Ayres 2016, S. 55) 

Unterscheiden kann man das statische Gleichgewicht (Gleichgewicht-Halten im Stand) vom dynamischen Gleichgewicht (Gleichgewicht in der Fortbewegung aufrechterhalten). Beim Objektgleichgewicht geht es um das Balancieren von Materialien in Verbindung mit statischem und dynamischem Gleichgewicht. Differenzieren kann man zudem nach der Art des Untergrundes: Gleichgewichtserhaltung auf verringerten Unterstützungsflächen (z. B. Bordsteinkante, Balken), auf labilen Untergründen (z. B. Kissen, Matten, weiche Böden) oder auf erhöhten Untergründen (Kasten/Bänke) (vgl. Zimmer 2019, S. 135) 

Das vestibuläre System entwickelt sich bereits früh in der Schwangerschaft. Die Anlagen werden bereits in der neunten Schwangerschaftswoche angelegt, und bis zum fünften Schwangerschaftsmonat ist das vestibuläre System entwickelt und liefert bereits Sinnesinformationen an das Gehirn des Fötus (vgl. Ayres 2016, S. 55). Das sinnliche Urerlebnis, also die schaukelnden Lageveränderungen im Fruchtwasser sowie die wiegenden Bewegungen im Arm der Mutter fördern die Weiterentwicklung des Sinnes. Die ersten größeren Herausforderungen im Zusammenspiel mit der Erdanziehungskraft stellen sich dem Säugling im ersten Lebensjahr insbesondere beim Heben und Halten des Kopfes, beim aufrechten Sitzen oder bei den Gehversuchen (vgl. Zimmer 2019, S. 136) 

Körperkoordination und -orientierung  

Der Gleichgewichtssinn ist verantwortlich für die Aufrechterhaltung des Körpers (Körperkoordination) und die Orientierung im Raum. Er ist weiterhin dafür zuständig, dass der Körper Beschleunigungen und Drehbewegungen wahrnimmt und sich mit seinen Bewegungen an die Umwelt anpasst. Dies ist sehr wichtig, denn ohne diesen Sinn könnte der Mensch sich nicht im Raum orientieren und aufrecht gehen (vgl. Zimmer 2019, S. 130). 

Ayres betont sogar die besondere Bedeutung des vestibulären Systems. „Von allen Sinnesorganen sind die vestibulären Rezeptoren am empfindlichsten. Die Natur macht ein Sinnessystem nur dann so hochempfindlich, wenn dessen Informationen äußerst wichtig sind für die Anpassung“ (Ayres 2016, S. 89). Ayres verdeutlicht zudem die enorm schnell ablaufenden Prozesse der sensorischen Integration: „Lange bevor das Gehirn visuelle und auditive Reize verarbeitet, nimmt es Gleichgewichtsreize wahr und reagiert darauf“ (Ayres 2016, S. 89). Unterschätzt wird der Gleichgewichtssinn allzu oft, da die unzähligen Prozesse außerhalb des Bewusstseins ablaufen.   

Der Gleichgewichtssinn schützt den Körper vor andauerndem Hinfallen. Er nimmt Wahrnehmungen und Eindrücke aus der Umwelt wahr und reagiert bei Bedarf mit Anpassungsleistungen in Form von Lage und Haltungsveränderungen. Bei unsicherem Stand werden beispielsweise Ausgleichsbewegungen mit den Armen gemacht, um nicht hinzufallen (vgl. Zimmer 2019, S. 130).

Zu den ungünstigen Folgen von beeinträchtigten vestibulären Sinnen zählen unter anderem reduzierte Bewegungsfreude, Vermeidung von Aktivitäten wie Roller-/Fahrradfahren, Schwierigkeiten in der Haltungskontrolle, Fallneigung (vgl. Groschwald, Rosenkötter 2019, S. 97). 

Zusammenspiel mit anderen Sinnen  

Das vestibuläre System spielt eine vereinende zentrale Rolle, da alle Sinnesempfindungen in Bezug zu den vestibulären Informationen verarbeitet werden. Der vestibuläre Input fördert die Funktion des ganzen Nervensystems. Innerhalb des Prozesses der sensorischen Integration werden die Sinneseindrücke aller Sinnessysteme verknüpft und zu präzisen Wahrnehmungen verknüpft. Wenn das Gleichgewichtssystem nicht ausreichend gut funktioniert, besteht die Gefahr, dass Sinnesempfindungen unzuverlässig und ungenau aufgefasst und kombiniert werden (vgl. Ayres 2016, S. 56f) 

Ayres nennt die vestibulären Organe „Kommunikationszentren“, da diese die Gleichgewichtsinformationen mit Informationen der Muskeln, Gelenke, Haut, Augen, Ohren verknüpfen (vgl. Ayres 2016, S. 89) 

Eine Verknüpfung von vestibulären Reizen mit taktilen, propriozeptiven, visuellen und auditiven Impulsen trägt zur Wahrnehmung des Körpers im Raum, der Position im Raum sowie der Orientierung im Raum bei. Bei einer Reizüberflutung des vestibulären Systems merken wir die Effekte im Körper, nicht im Innenohr (zum Beispiel Schwindel nach dem Karussell-Fahren oder Übelkeit bei Seekrankheit) (vgl. Ayres 2016, S. 55) 

Zur Entwicklung der visuellen und auch auditiven Wahrnehmung braucht es vestibuläre Impulse und umgekehrt sind fein abgestimmte motorische (Anpassungs-)Bewegungen erst durch ein Zusammenspiel mit visuellem und taktilem System möglich (vgl. Groschwald, Rosenkötter 2016, S. 96) 

Die Sinnesempfindungen des vestibulären Systems werden mit den Wahrnehmungen anderer Sinne, insbesondere mit Informationen der propriozeptiven und taktilen Sinnessysteme, verknüpft und beeinflussen das Körperschema (vgl. Ayres 2016, S. 136) 

Durch die Leistungen der Bogengänge ist es möglich, den Kopf zu drehen und zu neigen, ohne die Orientierung zu verlieren und zu wissen, wo oben und unten ist. Für die Kopf- und Körperhaltung ist das Zusammenspiel mit der visuellen Orientierung wichtig, aber nicht zwangsläufig notwendig. So ist zum Beispiel auch in einem dunklen Raum, in dem man nichts sehen kann, eine aufrechte Körperhaltung möglich (vgl. Groschwald, Rosenkötter 2019, S. 96) 

Die Bogengänge lassen sich mit einem Navigationsgerät im Flugzeug vergleichen: Das Flugzeug kann auf drei Achsen gesteuert werden. Wenn das Navigationsgerät defekt ist, ist unklar, in welche Richtung sich weiterbewegt werden muss. Visuelle Informationen allein sind ohne vestibuläre Informationen nutzlos, es braucht ein Bezugssystem (vgl. Ayres 2016, S. 56). 

Bezug innere Balance – „Ich bin stabil“

Viele Redensarten weisen auf einen Zusammenhang zwischen seelischem und körperlichem Gleichgewicht hin: „aus dem Lot geraten“, „mit beiden Beinen fest im Leben stehen“, „die Welt steht auf dem Kopf“, „den Boden unter den Füßen verlieren“, „Fuß fassen“, „auf eigenen Füßen stehen“, „auf dem falschen Fuß erwischen“ … (vgl. Zimmer 2019, S. 129). Viele Redewendungen zum Gleichgewicht haben zudem einen emotionalen Bezug wie zum Beispiel die Aussage „Kopf hoch“ soll ermuntern, Orientierung erleichtern oder Zuversicht herstellen.  

Die Wahrnehmung unserer individuellen Innen- und Außenwelt ist abhängig von der Entwicklung und Ausprägung der Sinne. Über die sinnlichen Wahrnehmungen des vestibulären Sinns erleben Kinder Selbstwahrnehmung, Selbstverständnis und sich seiner selbst bewusst zu sein. Eine große Aufgabe besteht in der Entwicklung einer seelischen, körperlichen und mentalen Stabilität. Der Gleichgewichtssinn, als Sinn für Balance und Ausgeglichenheit, trägt zu einer Organisation der äußeren und inneren Bewegungen bei, und Kinder erhalten eine Orientierung über sich (Selbstempfinden) und ihre Umwelt. Neue Reize werden als neue Erfahrungen analysiert und mit Gefühlen belegt. Je nach Vorerfahrung können die Gefühle zu unterschiedlichen Verhaltensweisen führen und Bewegungsmuster prägen (vgl. Malaizier, Strotkötter 2018, S. 10ff.) 

Menschen mit einer vestibulären Empfindsamkeit neigen dazu, sich Situationen mit beispielsweise Balancieren oder Klettern auf höhere Gegenstände zu entziehen und unter Umständen schalten sich das vegetative Nervensystem (Atmung, Blutdruck etc.) sowie dazugehörige Emotionen unmittelbar ein (vgl. Groschwald, Rosenkötter 2016, S. 97f) 

Bei einer guten Integration des vestibulären Systems erfährt man die Schwerkraftsicherheit. Damit ist das Vertrauen gemeint, mit beiden Füßen fest und sicher auf der Erde zu stehen (vgl. Ayres 2016, S. 99). Und Sicherheit gibt uns das Gefühl von Stabilität, äußerlich und innerlich.  

Beitrag zur kindlichen Entwicklung

Kinder brauchen täglich vielfältige sensorische Wahrnehmungen, unter anderem um ihr Sinnessystem und die Koordination von Reizen und Bewegungen zu differenzieren. Eine gute Verarbeitung von vestibulären Informationen ist bei Kindern so bedeutsam, weil sich durch die anpassenden Reaktionen eine gute, fein abgestimmte sensorische Integration und somit Körperkoordination entwickelt.  

Schauen Sie bei Ihren Beobachtungen hin, wie umfangreich und ausgeprägt die Ausgleichsbewegungen der Kinder bei ihren Aktivitäten sind, um das Gleichgewicht zu stabilisieren. Fällt Ihnen auf, ob Kinder immer wieder Aktivitäten ablehnen, wo es um Balance und Körperhaltung geht? Und wenn ja, warum lehnen sie die Aktivitäten ab? Wie gut gelingt es den Kindern, sich beim Hinfallen abzustützen?  

Kinder mit vestibulären Unsicherheiten brauchen unbedingt eine gute Dosierung von vestibulären Impulsen sowie Wiederholungen und geduldige Entwicklungsbegleiter*innen, die die kleinen Erfolge positiv bestärken (vgl. Groschwald, Rosenkötter 2019, S. 99). Zu vestibulären Impulse zählen Schaukel-, Wipp-, Kletter- und Hüpfmöglichkeiten sowie Bewegungen auf unterschiedlichen und schiefen Ebenen.  

Klebestreifen auf dem Boden laden zu unterschiedlichen motorischen Spielen ein. Wer sagt, dass Balancieren auf einer Linie/einem Balken langweilig ist, der kann ausprobieren, wie beispielsweise Menschen in Afrika Gegenstände auf den Kopf transportieren. Balancieren kann auch heißen, dass ein sitzendes Kind (evtl. ohne sich festzuhalten) von anderen Kindern auf einem kleinen Teppich oder einer Decke gezogen werden. Hier werden gleich alle Beteiligten zum Balance-Halten angeregt. Eine weitere kleine Herausforderung kann es sein, Gegenstände auf einem Balancierbalken zu überwinden.   

Ein Ausflug in die Natur bietet vielfältige Möglichkeiten und bedarf keiner Vorbereitung. Er trägt zur Entwicklung des Gleichgewichtssinns bei. So fördert beispielsweise das Erklimmen eines Hügels mit unebenem Untergrund nicht nur die Sensibilität des Gleichgewichtssinns, sondern zaubert ein stolzes Strahlen bei Kindern hervor, wenn sie oben angekommen sind. Viel Freude kann es auch machen, über Dreh- und Rollbewegungen der Körperlängs- und -querachse den Hügel hinunterzurollen.  

Aber es sind auch die kleinen Dinge draußen, die spannende Anregungen für Spiele mit dem Gleichgewicht bieten können – wie z. B. eine Bordsteinkante (natürlich in einem verkehrsberuhigten Bereich). Und wie bei allen alltäglichen Dingen lernen Kindern in einem hohen Maß durch Nachahmen von Bezugspersonen: d.h. aktive, sich bewegende Erwachsene sind die besten Vorbilder, die Freude an Bewegung vermitteln und begeistern. 

Nun hüpfe ich in meinen Gedanken den Baumstamm hinunter und wünsche Ihnen, dass Sie den Kopf nicht hängen lassen, Sie nichts aus dem Takt bringt und all Ihre Vorhaben Hand und Fuß haben.  

Literatur  

Ayres, A. Jean (2016): Bausteine der kindlichen Entwicklung. Berlin, Heidelberg  

Behres, Katja (2021): Das bin ich und das kann ich! Fach-Newsletter des pädagogischen Leitungskreises. Ausgabe 19, Stuttgart, S. 6-8  

Groschwald, Anne; Rosenkötter, Henning (2016): Vom Wahrnehmen zum Lernen. Freiburg  

Malaizier, Karin; Strotkötter, Ilse-Marie (2018): Fünfter, Sechster, siebter Sinn. Dem Spüren auf der Spur. In: TPS Theorie und Praxis der Sozialpädagogik: Ästhetische Bildung. Sinnliche Wahrnehmung. 2/2018, S. 10-13 

Zimmer, Renate (2019): Handbuch Sinneswahrnehmung. Freiburg

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Ernährung von Kleinstkindern in der Kita

In altersgemischten Gruppen sind immer wieder sehr junge Kinder, die sich im Übergang von Säuglingsnahrung hin zu allgemeiner Kost befinden. Diesem Übergang im Aufwachsen eines Kindes kommt eine hohe Bedeutung zu, eine intensive und passende Begleitung durch die pädagogischen Fachkräfte ist nötig. Dieser Artikel wird daher verschiedene Aspekte rund um die Ernährung von Kleinstkindern beleuchten, auch den Umgang mit Muttermilch.

Vor der praktischen Umsetzung der Essensituation für Kleinstkinder steht der Austausch mit den Eltern des Kindes. Absprachen mit Eltern zum Thema Ernährung eines Kleinstkindes sind wesentlicher Bestandsteil der Elternkommunikation. Über die Eltern erhält die Einrichtung Informationen über den aktuellen Entwicklungsstand des Kindes, dessen Vorlieben und Gewohnheiten und kann so einschätzen, wie die Mahlzeiten im Alltag gestalten werden können. Folgende Fragen sollten besprochen werden:  

  • Wie wurde das Kind bisher zu Hause ernährt? 
  • Wie oft finden Mahlzeiten im häuslichen Rahmen statt? So erhalten die pädagogischen Fachkräfte Auskunft darüber, wann das Kind in der Einrichtung eine Mahlzeit benötigt. 
  • Hat der Übergang hin zu fester Nahrung bereits begonnen?  
  • Kann das Kind uneingeschränkt an den Mahlzeiten im Kinderhaus teilnehmen, oder wird spezielle Nahrung benötigt?  
  • Gibt es Besonderheiten, die zu beachten sind, z.B. zeigt das Kind eine Neophobie? 

Die Antworten der Eltern bestimmen den Rahmen für das weitere Vorgehen in der Kita. In den ersten Kita-Wochen, die ein Kleinstkind in der Einrichtung verbringt, ist es sinnvoll, auf die gewohnte Nahrung des Kindes zurückzugreifen. Gerade für Kinder, die sich im Übergang zwischen flüssiger und fester Nahrung befinden, ist die gelingende Gestaltung der Essensituation unerlässlich.  

So gilt es, sich stets zu vergegenwärtigen, dass es sich hier um eine hoch sensible Phase handelt, die für Kinder mit einer Vielzahl an neuen sinnlichen Erfahrungen verbunden ist. Die Entwicklung der Mundmotorik von Lippen und Zunge und des gesamten Kiefers führen schließlich hin zur selbständigen Fähigkeit des Kauens und Schluckens. In diesen Momenten brauchen die Jüngsten intensive Begleitung, eine geschützte Atmosphäre und gegebenenfalls Utensilien, um gleichzeitig das selbstständige Essen mit allen Sinnen und/oder mit ersten Hilfsmitteln zu üben. Lebensmittel für Kleinstkinder sollten unter Umständen entsprechend zerkleinert werden, jedoch nicht mehr zu Brei verarbeitet werden. Brot kann zum Beispiel in kleinen Stücken – auch mit Kruste – gegessen werden. Es sollte zusätzlich darauf geachtet werden, dass Kinder eine sichere und stabile Sitzposition einnehmen können. Insgesamt sollte bei Mahlzeiten eine angenehme Atmosphäre geschaffen werden. 

Welche Besonderheiten gibt es nun bei der Auswahl der Speisen im Kinderhaus für die Köche und das pädagogische Team zu beachten? Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung stellt Themenkomplexe heraus, die im Alltag des Kinderhauses Beachtung finden sollten.  

  • „Kohl, Hülsenfrüchte etc.: Auf die Verköstigung mit derartigen Bestandteilen muss nicht gänzlich verzichtet werden. Da sie jedoch blähend wirken können, ist ein schonende Einführung das Mittel der Wahl.  
  • Scharfkantige, runde oder harte Lebensmittel: Da Nüsse, Weintrauben, Heidelbeeren oder ähnliche Lebensmittel für Kinder nur schwer zu kauen sind, besteht eine verstärkte Möglichkeit des Verschluckens. Daher sollte diese Lebensmittel ausschließlich zerkleinert zur Verfügung gestellt werden, bis die Kaumuskulatur der Kinder entsprechend ausgebildet ist“ (Deutsche Gesellschaft für Ernährung 2020, S. 57). 
  • Auf den Einsatz gezuckerter Speisen sollte im Umgang mit Kleinstkindern verzichtet werden. Hier kommt es vor allen Dingen auf den Dialog mit den Köch*innen an, damit stets eine adäquate Alternative für die Kinder zur Verfügung gestellt werden kann.  
  • Obst und Gemüse sind fester Bestandteil aller Mahlzeiten im Kinderhaus. Hier empfiehlt es sich, ein Verhältnis von 1/3 Obst und 2/3 Gemüse anzustreben (vgl. element-i Ernährungskonzept für Kinderhäuser 2013, S. 14f) 

Mahlzeiten in altersgemischten Gruppen bieten für die Kinder aller Altersklassen vielfältige und spannende Möglichkeiten, um eine eigene Ernährungsidentität zu entwickeln. Jedoch sollten die Besonderheiten im Umgang mit Kleinstkindern sensibel behandelt werden. Das kann dazu führen, dass (zeitlich begrenzt) ein eigener und sicherer Rahmen für die Jüngsten geschaffen wird oder das Essen in Kleingruppen organisiert wird. Es empfiehlt sich darüber hinaus, stets im Gespräch mit den Mitarbeiter*innen in der Küche zu sein. So stellen die pädagogischen Mitarbeiter*innen sicher, dass die Mahlzeiten der Kleinstkinder altersangemessen stattfinden können und das Nahrungsangebot zum Entwicklungsstand des jeweiligen Kindes passt.  

Umgang mit Muttermilch

Wie bereits oben angedeutet, kann auch der Umgang mit Muttermilch für Teams und Mitarbeiter*innen ein Thema sein. Die Stillkommission des Bundesinstituts für Risikobewertung hat dazu Empfehlungen formuliert und ein Merkblatt entwickelt. Zur Annahme von Muttermilch ist Folgendes zu berücksichtigen:  

  • Die zur Abgabe in der Kita bestimmte Muttermilch kann frisch und gekühlt oder gefroren sein. Aufgetaute Muttermilch ist für die Abgabe in der Kita nicht geeignet, weil sie besonders schnell verbraucht werden muss.
  • Bei der Annahme der Muttermilch achtet die Betreuungsperson darauf, dass die Babymilchflaschen in einer sauberen Kühltasche mit mehreren dazwischen gelegten Kühlelementen angeliefert wurden. 
  • Frische Muttermilch sollte am Anlieferungstag oder am Vortag gewonnen worden sein, damit sie noch eine ausreichende Lagerreserve aufweist (Bundesinstitut für Risikobewertung 2017, S. 1) 
  • Die Flaschen sollen fest verschlossen, äußerlich sauber und mit dem Namen des Kindes sowie dem Abpumpdatum beschriftet sein. Bei Abweichungen kann die Betreuungsperson die Annahme der Muttermilch verweigern. 

Und wie soll Muttermilch aufbewahrt werden? Dazu empfiehlt die Stillkommission: 

  • Die angenommene Muttermilch wird sofort in einem sauberen Kühlschrank (< +5 °C) gelagert (um die Vermehrung von Bakterien zu vermeiden, nicht bei höheren Temperaturen und nicht in der Kühlschranktür, sondern in der kältesten Zone nahe der Rückwand). 
  • Die im Kühlschrank gelagerte Muttermilch sollte nur am Anliefertag verfüttert werden, danach ist sie zu entsorgen. 
  • Gefroren angelieferte Muttermilch kann bis zum Auftauen auch bei –18 bis –22 °C gelagert werden, sofern in der Kita ein geeignetes Tiefkühlgerät vorhanden ist. 
  • Ein separates Kühl- bzw. Tiefkühlgerät ist für die Lagerung der Muttermilch nicht nötig, sofern sichergestellt ist, dass keine Verschmutzung durch andere Lebensmittel erfolgt. 
  • Bei einem Anstieg der Lagertemperatur auf +15 °C oder darüber ist die Muttermilch jedoch sofort zu entsorgen.   
  • Um eine Verwechslung der Muttermilch und eine Verschmutzung der Babymilchflaschen zu vermeiden, ist für die Lagerung im Kühl- bzw. Tiefkühlgerät eine individuell gekennzeichnete Box empfehlenswert. 
  • Ein Umschütten der Muttermilch sollte wegen der Gefahr der Verunreinigung vermieden werden“ (Bundesinstitut für Risikobewertung 2017, S. 2). 

Was ist vor dem Trinken und beim Erwärmen der Muttermilch zu bedenken? Dazu empfiehlt die Stillkommission: 

  • Das Kind kann die Milch bei Zimmertemperatur oder erwärmt trinken (meist wird Körpertemperatur bevorzugt).  
  • Sofern die Muttermilch erwärmt werden soll, erfolgt dies erst unmittelbar vor dem Verfüttern. 
  • Das Erwärmen erfolgt schonend, entweder schnell unter fließendem warmem Wasser (max. 37 °C) oder in einem Flaschenwärmer mit Warmluft, jedoch nicht im Wasserbad (Keimvermehrung im Wasser). Von einer Erwärmung in der Mikrowelle ist abzusehen. 
  • Erwärmte Muttermilch wird sofort verfüttert. Sie darf nicht aufbewahrt werden, weil sich sonst Bakterien vermehren könnten. Reste einer erwärmten Muttermilchmahlzeit müssen entsorgt werden (Bundesinstitut für Risikobewertung 2017, S. 2). 

Mahlzeiten beinhalten so viel mehr als die Aufnahme von Nahrung. Und besonders für die Jüngsten brauchen Pädagog*innen ein umfassendes Wissen, damit für Kleinstkinder ein angemessener Rahmen – geschützt und gleichzeitig offen für Exploration und Lernen – geschaffen wird. 

Literatur: 

element-i (2013): Ernährungskonzept für Kinderhäuser. Stuttgart  

Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (2020) (Hrsg.): DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Kitas. 6. Auflage. Bonn 

Bundesinstitut für Risikobewertung (2017): Hinweise zum Umgang mit Muttermilch in der Kita oder Tagespflege. Merkblatt für die Kita und Tagespflege. Abrufbar unter: https://www.bfr.bund.de/cm/350/hinweise-zum-umgang-mit-muttermilch.pdf (letzter Aufruf 19.2.2021)

Mehr von Jacob Hesselschwerdt

Übergänge in der Kita: Die Stammgruppe

In der Literatur- und Forschungslandschaft der Elementarpädagogik wird Übergängen, so genannten Transitionen, eine besondere Bedeutung beigemessen. Transitionen können wesentliche Entwicklungsimpulse geben, die Lernprozesse anstoßen und deren Bewältigung für den weiteren Entwicklungsverlauf großen Einfluss hat. Wichtig ist hierbei, dass die Passung zwischen den aktuell anstehenden Entwicklungsaufgaben und dem Transitionsprozess möglichst groß ist, damit es nicht zu Überforderung kommt. 

Beziehen wir dies nun auf den Kleinkindbereich: Klassischerweise wird hier besonders der Übergang von der Familie in die Einrichtung betrachtet. Für die Eingewöhnung wurden Modelle entwickelt, die auf den Ansätzen der Bindungstheorie gründen. Doch ist es mit der Eingewöhnung in die Einrichtung nicht getan. Gerade für sehr junge Kinder schließen sich weitere Übergänge in der Kita-Karriere an. Meist werden die Kinder in einem Nest oder vergleichbar geschützten Rahmen eingewöhnt und verbringen dort eine gewisse Zeit. In vielen Kinderhäusern folgt dann der Übergang in eine – konzeptionell durchaus unterschiedlich ausgestaltete – Altersmischung.  

Das Konzept der Stammgruppe in element-i Kinderhäusern 

Für die element-i Kinderhäuser hat sich in den letzten zwei Jahren das Konzept der Stammgruppe etabliert und bewährt. Man folgt der Annahme, dass gerade Kleinkinder sich immer wieder in Entwicklungsphasen befinden, in denen sie Bezug zu erwachsenen Personen benötigen und dieser Kontakt letztlich für die Denk- und Sprachentwicklung bedeutend ist (vgl. Dollase 2015, S. 106). Gleichzeitig besteht die Herausforderung an die pädagogische Kraft, sich spätestens ab dem zweiten Lebensjahr an den gestiegenen kognitiven und sprachlichen Kompetenzen zu orientieren (vgl. Ahnert & Schnurrer 2006, S. 311) und den erweiterten sozialen Interessen an Gleichaltrigen Rechnung zu tragen (vgl. Kasüschke 2010, S. 210). Gerade an den Peers zeigen die Kinder großes Interesse, sie wollen zur Gruppe gehören und an Geschehnissen teilhaben, sie entwickeln eine zunehmende Vorstellung von Ich und Du. Kinder im U3-Bereich erwerben in sehr kurzer Zeitspanne sehr viele neue Kompetenzen – sehr wahrscheinlich in einer Dichte und Intensität, die später nicht mehr erreicht wird. Dies hat zur Folge, dass sich die Interessen des Kindes sehr bald über die Möglichkeiten des Nests heraus bewegen, wenn dieses sich vor allem den emotionalen Bedeutungen und Sinneseindrücken widmet (vgl. Kammerlander et al. 2018, S. 12). Die zunehmenden Fähigkeiten stellen das Kleinkind durch seine Besonderheiten in der Denk- und Sprachentwicklung vor neue Konflikte und mentale Widersprüche, bei denen es in der Verarbeitung Hilfe benötigt. Dies erfordert ein Gruppenmanagement, dass möglichst konfliktreduzierend wirkt (vgl. Ahnert & Schnurrer 2006, S. 311) 

Die pädagogische Arbeit in der Stammgruppe ist sorgfältig zu gestalten: sie orientiert sich an der Zone der nächsten Entwicklung, nimmt Material und Räumlichkeiten in den Blick, bedarf inhaltlicher Gestaltung und klarer Abläufe. Mit verlässlichen erwachsenen Bezugspersonen kann eine Auseinandersetzung mit den neuen Fähigkeiten und den damit verbundenen inneren Konflikten gelingen, die zu Kompetenzerweiterungen beim Kind führen. Die Stammgruppe bereitet den Übergang und das Ankommen der Kinder in den dynamischen Kleingruppen im Kinderhausalltag vor. Sie erfordert einen verlässlichen Bezugsrahmen mit möglichst konstanten Personen, einem überschaubaren Umfeld und anderen Kindern mit ähnlichen Entwicklungsniveau. Die konstante und möglichst bekannte Bezugsperson ist in diesem Alter bedeutend. Sie gibt dem Kleinkind den nötigen Halt, um sicher explorieren zu können und sich auf die Welt einzulassen. In diesem Rahmen wird in ritualisierten Abläufen, von einer festen Räumlichkeit ausgehend, nach und nach das Kinderhaus erobert – dies geschieht individuell und im Entwicklungstempo des jeweiligen Kindes. Die Kinder entdecken in intensiven Phasen neue Funktionsräume, verschiedenartige Materialien, lernen neue Pädagog*innen kennen und gehen zaghafte Bindungen zu ihnen ein. Die Abläufe und Schritte sollten langsam an den üblichen Kinderhausalltag angepasst werden. Bedeutend ist die Beobachtung der Reaktionen der Kinder auf neue Elemente. Zusammen mit der schon bestehenden Kindergruppe ergeben sich schlussendlich interessensgeleitete Kleingruppen, die sich in dynamischer Sozialform über den Tag hinweg ändern können (vgl. Kammerlander et al. 2018, S. 12) 

Es versteht sich von selbst, dass der Übergang in die Stammgruppe und dann weiter in die Altersmischung im besonderen Maße von den Entwicklungsschritten und -ständen der Kinder abhängig sind und nicht vom Alter der Kinder. Bereits im Nest ist genau zu beobachten und einzuschätzen, ob das Kind mit seinen wachsenden Fähigkeiten das steigende und sich verändernde Anforderungsniveau einer Stammgruppe bewältigen kann. Gleiches gilt für den Übergang in die Altersmischung. Wichtig ist sich immer wieder zu fragen, was die Kinder brauchen, um sich diesen Herausforderungen stellen zu können, und was daher in der noch bestehenden Kleingruppe angepasst werden kann.  

Weiter oben wurde erwähnt, dass das Interesse und besonders das Interaktionsniveau der Kinder zum Ende des zweiten Lebensjahres deutlich steigt. Dem Kind gelingt es, Form und Zeitpunkt seiner Kontaktaufnahme zu anderen in Einklang mit deren aktuellen Bedürfnissen zu bringen und an diesen auszurichten (vgl. Kasüschke 2010, S. 211). Entsprechend ist es ratsam, die Kinder zu mehreren in den Übergang mitzunehmen. Gleichzeitig gilt es, eine gute und am einzelnen Kind orientierte Balance zu finden und Kinder in ihrem Entwicklungstempo nicht auszubremsen (oder zu überfordern), weil die Bezugsperson die gesamte Gruppe mitnehmen möchte. 

Stammgruppen unter Corona-Bedingungen

Wie gelingt dieser Übergang aber nun in den aktuellen Kohorten? In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Kohorten in unseren Kinderhäusern oft nach Nest und Stammgruppe eingeteilt sind – sicher der Idee folgend, entwicklungsähnliche Kinder gemeinsam zu betreuen. Da anzunehmen ist, dass sich die Regelungen nicht zeitnah ändern, steht man vor der Herausforderung, diese Übergänge zum Wohl des Kindes dennoch zu gewährleisten. Die Grundüberlegungen, ob und wann das Kind soweit ist, den nächsten Schritt zu gehen, sollten weiterhin an erster Stelle stehen. Der Fokus muss weiterhin auf dem Kind liegen! Daher müssen strukturelle Gegebenheiten immer wieder überprüft werden und passend zum pädagogischen Ziel verändert werden. Die Durchlässigkeit soll weiterhin möglich sein, ein nötiger Kohorten-Wechsel kann beispielsweise nach einem Wochenende erfolgen.  

Weiter muss bedacht werden, wie dieser Übergang im Normalbetrieb gelingt: Durch konstante und feste Bezugspersonen, die Halt geben, durch ein schrittweises Bekanntmachen von Abläufen und Räumlichkeiten sowie Materialien und durch die Peer-Gruppe. Die Gedanken zur Peer-Gruppe bleiben ebenfalls, wie oben beschrieben, gültig: Idealerweise ist es eine kleine Kindergruppe, die den Übergang zusammen bewältigt und in der Altersmischung Halt und Beziehung gibt. Auch das schrittweise Bekanntmachen von Materialien gelingt schon in der Stammgruppe: in Impulsen und Freispielsituationen können Materialien der anderen Funktionsräume eingebracht werden. Diese Materialien sollten bei der Eroberung des jeweiligen Raumes prominent platziert sein, damit die Kinder bekanntes Material freudig wahrnehmen können. So kann es auch Übergangsobjekte (beliebte Kuscheltiere o.ä.) geben, die gezielt von der Stammgruppe in die neue Kohorte bzw. Altersmischung mitgenommen werden. Die Nutzung anderer Funktionsräume ist auch unter den gegebenen Umständen innerhalb eines Tages möglich, sofern Hygienebedingungen eingehalten werden. Das Team spricht sich ab, wann welcher Raum zugänglich sein kann. Derzeit kann die konstante Bezugsperson, die zunächst begleitet, wegfallen. Hier ist es sicher ein Weg, die bisher unbekannten Pädagog*innen auf Abstand bekannt zu machen.  

An dieser Stelle rückt die Bedeutung der bisherigen Kindergruppe noch stärker in den Fokus. Es gibt den Kindern Sicherheit, wenn sie mit Freundinnen und Freunden den Übergang meistern dürfen, natürlich nur, sofern es für alle Kinder ein anstehender Entwicklungsschritt ist.  

Besonders in den Stufen 3 und 4 des Corona-Stufenmodells ist der Einblick der Eltern in den Alltag der Kohorten begrenzt. Umso mehr ist eine frühzeitige und transparente Kommunikation zum anstehenden Übergang wichtig und sollte auch während des Prozesses aufrecht erhalten werden. Mit dem Übergang in eine andere Kohorte übernehmen die für die Kinder und Eltern neuen Pädagog*innen die wichtige Aufgabe, die Eltern über den neuen Alltag ihres Kindes, seine Reaktionen und Verhaltensweisen zu informieren. Umgekehrt brauchen die Pädagog*innen einen Einblick in die Reaktionen im familiären Rahmen. 

Die aktuellen Hygienevorgaben und Regelungen zur Pandemie setzen dem Übergang in die Stammgruppe und von dort hinaus in die dynamischen Kleingruppen einen anderen Rahmen. Als Pädagogen sind wir dafür verantwortlich, diese Rahmenbedingungen am Kind orientiert auszugestalten. Um den Prozess weiter verfolgen und ggf. anpassen zu können, freue ich mich über Ihre Rückmeldungen und Erfahrungen und stehe Ihnen bei häuserspezifischen Fragen zur Verfügung! 

Literatur 

Ahnert, L. & Schnurrer, H. (2006): Krippen. In: Fried. L. & Roux, S. (Hrsg.): Pädagogik der frühen Kindheit. Weinheim: Beltz. 

Dollase, R. (2015): Gruppen im Elementarbereich. Stuttgart: Kohlhammer (besonders Kap. 4.: Wie viel Gruppe braucht das Kind?, S. 83 ff.). 

Kammerlander, C.; Rehn, M. & Pädagogischer Leitungskreis der element-i Kinderhäuser (2018): Pädagogische Konzeption für die element-i Kinderhäuser. Stuttgart. 

Kasüschke, D. (2010): Krippenkinder in Interaktionen mit anderen Kindern – Lernen und Spielen in altersgemischten Gruppen. In: Weegmann, W. & Kammerlander, C. (Hrsg.): Die Jüngsten in der Kita. Stuttgart: Kohlhammer.

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